[rak-list] AW: Deskriptionszeichen nach ISBD (war: Was macht OCLC?)

Thomas Berger ThB at Gymel.com
Die Aug 9 11:02:57 CEST 2011


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Lieber Herr Eversberg, liebe Liste,

> Der Vorstoss, auf "redundante" ISBD-Interpunktion in MARC21 zu verzichten,
> zielt genau in die entgegengesetzte Richtung und im Licht des zitierten
> Artikels ist eigentlich nicht mehr klar, was MARC-Unterfelder eigentlich
> sind. Kein Wunder, dass da von einer "can of worms" gesprochen wurde...
> 
>> Unterfelder in MARC sind i.d.R. keine selbständigen Datenelemente,
>> die für sich genommen einen Sinn ergäben und die deshalb auch
>> in einem eigenständigen MARC-Feld stehen könnten, sondern ein
>> MARC-Feld ist ein in sich strukturiertes Feld von zusammengehörigen
>> Elementen. (Genau dies ist in relationalen Tabellen nicht leicht
>> zu machen, weil Tabellenspalten für SQL "atomar" sind.)

Naja, mehr als a-z und 0-9 kommen nicht vor, es gibt tendenziell zwar
auch Wiederholbarkeiten, aber auch das laesst sich regeln: Kein wirkliches
Problem also, ein getaggtes Datenformat zu normalisieren (wir reden
hier ja nicht von Effizienz).

Aber ein Knackpunkt ist: In manchen Feldern steckt Information in
der Reihenfolge der Unterfelder, man kann sie also nicht verwuerfeln
oder alphabetisch sortieren oder in SQL-Tabellen stopfen und hinterher
den Originalzustand rekonstruieren.
    [Kurz vor dem Abschicken: Mir faellt kein Beispiel ein (klar ist
     natuerlich, dass man gleich codierte Felder / Unterfelder nicht
     untereinander vertauschen soll: Da ist MAB sogar viel extremer
     als MARC). Evtl. laesst sich der Originalzustand doch recht gut
     rekonstruieren. Jedenfalls braucht man ihn:]
Vor allem aber (siehe das beruehmte 245$e): die *Bedeutung* wird
manchmal erst aus dem Kontext klar, z.B. durch Betrachtung der dem
Unterfeldzeichen vorangehenden Interpunktion.


>> Manche Unterfelder, wie etwa  260$b (Verlag) könnte man als selbständig
>> betrachten, was MAB auch getan hat, aber wenn 260 wiederholbar
>> sein sollte, ginge das natürlich nicht. Andere Unterfelder, z.B.

An dieser Stelle sehe ich Unterfelder eigentlich noch als natuerliche
(oder zumindest naheliegende) Ausdrucksform, wenn Datenelemente mit
innerem Zusammenhang (Ort : Verlag) im Rahmen eines groesseren
Datensatzes wiederholbar gemacht werden sollen.


>> 700$d für die Lebensdaten einer beteiligten Person, können unmöglich
>> als selbständiges Feld gelten.

"Lebensdaten" als Konzept lassen sich durchaus in "Datenfeldern"
unterbringen, siehe die PND oder meinen Reisepass. Die von Ihnen
benannte Unmoeglichkeit besteht innerhalb der MARC-Logik und muss
von uns erst wieder gelernt werden. Bzw. wir kennen das Problem
natuerlich auch von den Ordnungshilfen: Hier ist es das Regelwerk,
das Namen und individualisierende Information in eine Zeichenkette
verwurstet, die dann als Ansetzung gilt. In der MARC-Welt stammt die
Syntax halt aus Datenformat statt Regelwerk, viel gewonnen ist damit
nicht: Das "<" oder "$d" kann ich noch erkennen, welcher Art die
folgenden Daten sind, erkennt nur noch ein Mensch, nicht mehr die
Maschine...

Jedenfalls haben Sie da ein gutes Beispiel gefunden: Obwohl 700
durchaus eine 1:1: Kopie des tief strukturierten Feld 100 eines
Normsatzes sein kann, transportiert das Feld als ganzes eine
Gute Alte Ansetzung, wo aus Sortiergruenden jedes Komma und jede
Klammer zaehlt. Fuer RAK-Sortierungen war es stets laestig, dasjenige
"," in der Ansetzung zu identifizieren, das die Ordnungsgruppe des
Namens von der der Vornamen trennt, MARC kennt eine explizite
Markierung fuer diese Bruchstelle in der Ansetzung, naemlich die
beiden Zeichen "$b".

Die Frage nach "redundanter Interpunktion", also ob Vorhandensein von
$b zwingend bedeutet, dass unmittelbar vorher ein "," steht, macht
erst Sinn, wenn das zugehoerige Regelwerk benannt ist (sofern nicht
", " eine Vorgabe der Katalogisierungsprinzipien waere, also eine
universelle Konstante fuers Datenformat). Das ist schon einmal
eine ziemliche Kroete fuer diejenigen, die an MARC das Feature
schaetzen, Daten ohne Wissen um Regelwerke allein aus der MARC-
Darstellung zumindest anzeigen zu koennen.

Das Weglassen von "," vor $b bedeutet aber ausserdem eine Verschiebung
des Blickwinkels: Weg vom Text mit eingestreuten MARC-Subfieldtags, hin
zu Information "in Unterfeldern": Text zwischen einem Unterfeldzeichen
und dem folgenden bzw. dem Feldende koennte staerker als zuvor als
Einheit, als etwas datenfeldartiges wahrgenommen werden, als etwas,
das staerkeren inneren Zusammenhang besitzt als mit den vorangehenden
oder folgenden Unterfeldern. So war MARC gewiss nie intendiert, und
diese Blickwinkelverschiebung waere eine ziemlich massive Uminterpretation,
von der an jedem Einzelfall zu pruefen ist, ob der Nexus "redundante
Interpunktion" <-> "Kandidat fuer Datenfeld" funktioniert.

viele Gruesse
Thomas Berger



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