[rak-list] Aufsatzbände in RDA: Erläuterungen der LC

Bernhard Eversberg ev at biblio.tu-bs.de
Don Sep 2 10:57:11 CEST 2010


Heidrun Wiesenmüller schrieb:
> 
> 2. Die Verfasser der Aufsätze gelten nicht als "creators" der 
> "compilation". In Bezug auf das Gesamtwerk - den Aufsatzband als Ganzes 
> - haben sie keine Funktion. Damit funktioniert die klassische 
> Nebeneintragung unter dem ersten auf einer Titelseite genannten 
> Beiträger tatsächlich nicht mehr.
> 
"... funktioniert die klassische NE ... nicht mehr"?  Das soll doch
wohl nicht heißen, daß die, wollte man sie denn machen, wirkungslos
würde, sondern Sie meinen sicher, man könne sie nun nicht mehr machen?
(Jedenfalls kennt RDA keine "added entries", so wenig wie den "main entry".)

Abgesehen davon, daß 'NE' kein brauchbarer Terminus mehr ist, wird es
wirklich Zeit, daß ein neues Denkmodell verinnerlicht wird. Was sind
denn die Aufsätze in einem Sammelband, wenn nicht Werke? Das Werk steht
im Zentrum des Weltbilds von FRBR/RDA, und wo wäre da die Rede von
Werken zweiter Klasse, die nur nebenher eine eher widerwillige
Berücksichtigung finden? Nein, nimmt man FRBR ernst, ist Werk Werk,
egal ob mit eigenem Buchdeckel oder "unselbständig" veröffentlicht.
Und sind es nicht die Aufsätze, die zumeist zitiert und gesucht werden,
weniger der Sammelband als solcher?

> 3. Bei 17.8 "Work manifested" heißt es ganz am Anfang: "Core element. If 
> more than one work is embodied in the manifestation, only the 
> predominant or first-named work manifested is required." Dies wird so 
> interpretiert, dass bei einem Aufsatzband zwingend eine Nebeneintragung 
> unter dem ersten Aufsatz zu machen ist (unabhängig davon, ob die 
> Beiträger auf einer Titelseite genannt sind oder nicht).
 > ...
 > ...Die Kollegin von der LC (Judy
 > Kuhagen, ihre Zeichens selbst Mitglied der Aggregates-AG) hat mir zwar
 > darin zugestimmt, dass die Festschrift ein eigenes Werk darstellt,
 > blieb aber trotzdem dabei, dass mehrere Werke manifestiert sind (die
 > Aufsätze).

Das ist zwar die einzig richtige Sichtweise, aber setzt man das
konsequent um, wenn dann doch nur das erste Berücksichtigung findet?
Ob nun der erste Verfasser nur namentlich genannt wird oder sogar mit
dem Titel des Aufsatzes, das ist immer noch das Denken aus der
Zettel-Vergangenheit; damit wird ein prahlerisches Label "FRBRized!"
auf dem OPAC zum Etikettenschwindel - wie soll man das vermitteln?

Für die RDA-Praxis bei der LC (und d.h. in der MARC-Welt) freilich habe
ich wenig Hoffnung, daß auch nur eine nicht ganz so unwirsche Behandlung
(MARC 505!) von Bänden mehrteiliger Werke Platz greifen könnte, von
Aufsätzen gar nicht zu reden.

B.Eversberg