[rak-list] Mal was anderes: Google ebooks startet in USA

Armin Stephan armin.stephan at augustana.de
Mit Dez 8 12:57:43 CET 2010


Ich denke auch, dass man sich nicht zu früh darüber freuen sollte, dass 
Google bei hierarchischen Werken (derzeit) absoluten Dilletantismus an 
den Tag legt.

Google  ist ein Riesen-Unternehmen mit Kapital, von dem steuerabhängige 
Institutionen wie unsereiner nur träumen können. Da ist schnell mal ein 
Bibliothekar eingestellt, der den Jungs erklärt, wie's geht, und ein 
paar Programmierer auf das Problem angesetzt. Und schon drei Tage später 
fällt diese bibliothekarische Bastion dann auch  noch ...

Bevor es uns gelingen könnte, die Internet-Community davon zu 
überzeugen, dass Kataloge besser sind als das, was Google bietet, 
gelingt es Google, seinen bibliographischen Müll als neuen Standard zu 
etablieren.


Rechts überholt zu werden, freut niemanden so recht. Ihre Gelassenheit 
in dieser Frage, lieber Herr Eversberg, ist vermutlich dem Umstand 
geschuldet, dass Sie das Ende des Bibliothekswesens nicht mehr 
persönlich betreffen wird.

Ich hatte neulich eine Praktikantin hier, die mich am Ende des 
Praktikums gefragt hat, ob ich ihr raten würde, eine bibliothekarische 
Ausbildung zu machen. Es war das erste Mal, dass ich jemandem, den ich 
für geeignet halte, nicht mehr geraten habe, diesen Beruf zu erlernen.


Am 08.12.2010 11:37, schrieb Bernhard Eversberg:
> Am 08.12.2010 10:19, schrieb Rohde Bernd Martin:
>>
>> ... Ich brauche bei
>> der Ansicht des einen Bandes dann nicht so sehr "Ähnliche Bücher",
>> ...  sondern
>> eine Kategorie, die mir die anderen Bände eines mehrbändigen Werkes
>> anzeigt, direkt und in der Band-Reihenfolge. Von Strukturen scheint
>> da niemand eine Ahnung zu haben!
>>
> So eine "Kategorie" gibt es bei MARC ja eben nicht, und Google hat nur
> die MARC-Daten von OCLC integriert, auch diese aber nur sehr selektiv
> und nach eigenem Gutdünken. Und erst, nachdem man gemerkt hatte, daß
> es ohne Metadaten nun wirklich nicht ging und die Ergebnismengen allzu
> chaotisch wurden. Eine Abfrage zB mit "inauthor:..." und "intitle:..."
> wäre ja ohne Metadaten nicht möglich, sondern dann nur Volltextsuche,
> und schon die Angabe des Titels oben drüber würde nicht immer klappen,
> weil nicht selten der Scan des Titels keine korrekte Zeichenfolge
> ergibt.
> Warum aber sollte man das kritisieren und sich mokieren? Was die machen,
> ist nicht unser Bier, und sie verschwenden kein Steuergeld für ihre
> Projekte. Die Chance, mit etwas Neuem Erfolg zu haben, kann man ihnen
> nicht verwehren. Sind doch eigentlich zu beneiden, die Burschen, daß
> sie diese Freiheit haben? Sie machen eben einen ganz eigenen Ansatz und
> scheren sich dabei nicht um all den Wissensqualm und historischen 
> Plunder, der schon existiert - wo es nicht anders geht und man das
> einsieht, ist man pragmatisch und übernimmt denn doch was von den
> Bibliotheken.
>
> Ganz neue Ansätze sind doch eigentlich immer interessant. Kommt nichts
> Gescheites raus, können wir uns bequem zurücklehnen, kommt was ganz
> Tolles raus, haben sie uns eben in den Schatten gestellt. Dann müssen
> wir einsehen, daß unsere langen und wechselvollen Wege an ihr Ende
> gekommen sind, das ist der Lauf der Welt. Wie auch immer, das was
> Google jetzt hat, ist ein Zwischenstadium unter vielen, es wird da
> laufend experimentiert, und zwar auch mit den übernomenen Katalogdaten,
> und ein heute gebildetes Urteil kann morgen obsolet sein. Abwarten.
>
> Übrigens hat ja auch LibraryThing seinen ganz eigenen Weg gesucht und
> zuerst dilettantisch herumprobiert, dabei einiges von unseren bewährten
> Konzepten neu entdeckt, neu benannt, neu definiert und konzipiert. Und
> ebenfalls Katalogdaten übernommen...
>
>>> Oder genauer gesagt, müssen Bibliothekskataloge sich noch Mühe
>>> geben, immer besser zu werden mit neuen Regelwerken und Brimborium
>>> [...]
>>
>> Genau deswegen!.
>>
> Oder auch nicht, weil unsere Kataloge ja eh schon viel besser sind :-)
> Aber nicht darum geht's, sondern es ist doch so (woran wir auf keine
> Weise etwas ändern können), daß Endnutzer heute woanders nach Büchern
> suchen und auf Bücher stoßen und erst dann und nur dann zur Bibliothek
> gehen oder durchklicken (was G. dann ja immerhin ermöglicht), wenn sie
> einen Titel schon gefunden haben und keinen Volltext irgendwo.
> Ob man Nutzer mit dem "FRBRisierten Katalog" (so der Neologismus,
> den man in Frankfurt dafür ausgekocht hat) begeistern kann, bleibt
> abzuwarten. ("Frisiert" spricht man das aus)
>
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> B.Eversberg
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