[rak-list] Kritik am RDA-Test in den USA, noch was

Bernhard Eversberg ev at biblio.tu-bs.de
Mon Dez 6 08:59:50 CET 2010


Am 05.12.2010 07:49, schrieb Heidrun Wiesenmüller:

> Sie [Karen Coyle] wies auf die Absurdität hin, dass man beim Test MARC
> verwende (das "at the end of its life" sei) und alle FRBR- und
> RDF-artigen Aspekte von RDA ignoriere. Es werde eigentlich nur getestet,
> ob man RDA in MARC-Datensätze packen könne. Dazu kommentierte sie: "I
> could put my grocery list into MARC". Was man hingegen wirklich
> bräuchte, wäre ein Test von FRBR und RDA in einem "linked data
> environment".
>
Da ist was dran, nur: es gibt so ein environment nicht. Und hätte man
es, ein paar Testdaten wären nicht genug, es zu evaluieren.
Änderungen an MARC, und besonders an der MARC-Praxis, sind extrem
schwer zu erreichen. Und wenn es gelingt, ein Parallel-Universum mit
Linked Data zu errichten, dann bleibt die Aufgabe, die ererbten
MARC-Daten da hineinzukriegen: was in ihnen nicht oder nicht
richtig drinsteht, kann Software nicht alles künstlich erzeugen.

Die RDA-Praxis wird also vorerst und vermutlich für lange Zeit einer
MARC-Praxis bedürfen, und die hat sich mit unterschiedlichen Problemen
herumzuschlagen:

Neue Felder: 336,337,338 Deren Einführung dürfte das geringste Problem
sein; aus Altdaten kann man sie aber nur begrenzt erzeugen.

Änderungen an Beschreibungsdaten: datentechnisch und katalogtechnisch
unproblematisch, solange es keine Funktion bei Anzeige oder Retrieval
gibt, die eine bestimmte Form erfordert. Hier und da ist ja die Grenze
zwischen Beschreibungs- und Ansetzungsdaten nicht sehr klar, leider
besonders bei den Titeln.

Änderungen an Ansetzungsdaten: teuer, weil die Systeme fast alle nicht
mit Normdatenverknüpfungen arbeiten. Hier würde es am meisten nützen,
ein "linked data environment" zu haben, aber unmöglich wäre so etwas
mit MARC nun auch wieder nicht.

Änderungen an Entitäten: (wer oder was gilt als Person oder
Körperschaft, was ist eine Namensänderung und wie wird damit
umgegangen; und natürlich: Behandlung mehrteiliger Ressourcen)
Problematisch, weil eine der wichtigsten Katalogfunktionen betroffen
ist, "Zusammenführen, was zusammengehört". Mit MARC machbar sind neue 
Praktiken durchaus.


K.Coyle hat also recht, wenn sie meint, daß wegen MARC als Klotz am Bein
keine überzeugende RDA-Implementierung beim Test herauskommen kann.
Oder: Das theoretische Potential von RDA ist größer als die real
(mit MARC) erreichbare Lösung. Wenngleich MARC mehr könnte als man
gegenwärtig damit macht, aber das liegt weniger an den Bibliotheken
als an den Softwarelieferanten.