[rak-list] Kritik am RDA-Test in den USA, noch was

Heidrun Wiesenmüller wiesenmueller at hdm-stuttgart.de
Son Dez 5 07:49:29 CET 2010


Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

tja, wie ernst ist der RDA-Test in den USA nun tatsächlich gemeint?

Ich hatte am vergangenen Dienstag auf der Semantic-Web-Tagung in Köln 
die Gelegenheit, Karen Coyle live zu erleben. Diesen Namen werden die 
meisten von Ihnen schon mal gehört haben: In den USA ist sie sicher eine 
der wichtigsten Stimmen für eine echte Modernisierung von Erschließung; 
entsprechend kritisch steht sie RDA gegenüber. Als sie in ihrem Vortrag 
zum RDA-Test in den USA kam, setzte sie das Wort "Test" in 
Anführungszeichen und sprach von "a test to make people feel like a test 
was done". Sie wies auf die Absurdität hin, dass man beim Test MARC 
verwende (das "at the end of its life" sei) und alle FRBR- und 
RDF-artigen Aspekte von RDA ignoriere. Es werde eigentlich nur getestet, 
ob man RDA in MARC-Datensätze packen könne. Dazu kommentierte sie: "I 
could put my grocery list into MARC". Was man hingegen wirklich 
bräuchte, wäre ein Test von FRBR und RDA in einem "linked data environment".

Die Folien des Vortrags sollen bald auf die Website kommen:
http://swib.org/swib10/programm_30-november.html
Außerdem wurden alle Vorträge auf Video aufgenommen, und auch diese 
Aufnahmen sollen in absehbarer Zeit über die Website abrufbar sein. Ich 
kann allen nur empfehlen, sich den Vortrag anzuhören.

Karen Coyle äußerte sich darin übrigens auch kritisch über FRBR, und ich 
muss - obwohl ich ja eigentlich ein "Fan" dieses Modells bin - zugeben, 
dass ihre Einwände nicht unberechtigt sind. U.a. kritisiert sie, dass 
eine so wichtige Beziehung wie "zitiert / wird zitiert von" nicht 
vorgesehen ist und dass das Modell insgesamt keineswegs eindeutig ist - 
jeder versteht es ein bisschen anders. In der Tat bin ich in letzter 
Zeit gleich zweimal auf Fälle gestoßen, über deren Einordnung in die 
Gruppe-1-Entitäten man sich hervorragend streiten kann. Dass die 
Gruppe-3-Entitäten in der ursprünglichen Form nicht anwendbar sind, 
wissen wir spätestens seit dem Papier der FRSAD-Gruppe (das ich übrigens 
sehr gut finde). Und die vor Jahren eingesetzte Arbeitsgruppe zu den 
Aggregates kommt einfach nicht zu einem Ergebnis - das ist schon etwas 
ernüchternd...

Viele Grüße
Heidrun Wiesenmüller





Am 03.12.2010 08:59, schrieb Armin Stephan:
>
> Wenn ich mich recht entsinne, war der Gedanke eines Tests mit offenem 
> Ausgang ein sehr später und durchaus überraschender Gedanke, so dass 
> man sich schon zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Vorhabens fragte, wie 
> offen der Test überhaupt  noch sein kann.  Erst nach und nach entstand 
> der Eindruck, dass man es mit dem Test ernst meinen könnte. 
> Irritierend  war auch, dass der Test ausgerechnet von der LoC 
> angekündigt wurde, wo ja gerade die LoC beste  Voraussetzungen 
> hat(te), ganz unmittelbar auf die RDA-Entwicklung Einfluss zu nehmen: 
> Frau Tillett arbeitet ja bei der LoC. Traut man seinen eigenen Leuten 
> nicht bei der LoC? Aus der Ferne betrachtet erweckt das Ganze den 
> Eindruck von Parallel-Welten.

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Prof. Heidrun Wiesenmüller M.A.
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