[rak-list] Kritik am RDA-Test in den USA, noch was

Lothar Kalok Lothar.Kalok at bibsys.uni-giessen.de
Fre Dez 3 17:20:06 CET 2010


Liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich habe die Diskussion der letzten Jahre immer nur nebenbei
verfolgen koennen, hatte aber auf dem BSZ-Kolloquium in
Karlsruhe Gelegenheit, einen besseren Eindruck von den RDA
zu bekommen.
http://www2.bsz-bw.de/cms/public/kolloquium/2010/
Auf der Grundlage der Beitraege von Frau Horny und
Frau Wiesemueller sehe ich das Projekt RDA doch etwas
anders als bisher diskutiert.(*)

Begonnen hat das Projekt mit der Ankuendigung, ein neues
internationales Regelwerk zu schaffen, das einheitliche
Metadatenstandards festlegt.

Das Ergebnis ist ein Regelwerk, das viele Freiheiten
laesst, also genau das Gegenteil eines Regelwerks, das
fuer den Datentausch gedacht ist.

Wenn man dann noch hinzunimmt, dass im WorldCat fuer jede
Sprache (mindestens) eine Titelaufnahme gespeichert wird,
dann wundert man sich zunaechst mal noch mehr ueber die
Vereinheitlichungstendenzen.

Was mir bei den RDA auffiel ist die
Moeglichkeit, Titel und Verfasserangaben
entsprechend der Vorlage, dh z.B. auch mit Majuskeln,
zu übernehmen. Außerdem wurde mit der alten Regel
gebrochen, dass Akademische Titel oder Herkunftsuniversitaet
in der Titelaufnahme nichts zu suchen haben. Alles
soll in der Verfasserangabe in Vorlageform stehen können.
Außerdem soll es genuegen, nur eine Person zu erfassen,
es duerfen aber auch mehr sein.

Genau solche Regeln benoetigt die DNB (und vermutlich auch
Bibliotheken in den USA):

Kuenftig soll die Katalogisierung weitgehend nicht mehr haendisch
erfolgen sondern bei gedruckten Titeln durch OCR,
bei Online-Materialien durch den Text. Diese Daten sollen
maschinell analysiert werden und daraus Roh-Titelaufnahmen
erzeugt werden, die nur bei massiven Fehlern korrigiert
werden muessen.

Ich habe noch die DNB auf dem Bibliothekartag in Erfurt
im Ohr, als es hieß, dass durch den Auftrag, auch
Internet-Quellen zu erschließen, eine Katalogisierung
in der bisherigen Form nicht mehr zu leisten sei.

Genau hierzu passen die Regeln: die Informationen der
Titelseite können wesentlich stäerker als bisher 1:1
übernommen werden, allenfalls der erste Autor muss
noch mit Normdaten verknuepft werden. Das wird durch
die Erfassung seiner Herkunftsuniversitaet erleichtert.

Meine Prognose: die DNB wird die RDA einfuehren, selbst
wenn dies in den USA nicht geschieht. Der "Praxistest"
waere nicht eine verbesserte Erschließung, eine
Anlehnung an FRBR oder eine leichtere Erlernbarkeit
des Regelwerks - diese kann ich in den RDA nicht
erkennen - sondern der geringere Aufwand bei der
Katalogisierung durch maschinelle Datenübernahme,
statt durch intellektuelle Katalogisierung.

Der Bruch mit alten Regeln wird in Kauf genommen.
<Polemik> Bisher hat das fast jeder Direktor der
Frankfurter DNB der letzten 50 Jahre geschafft ;-?
</Polemik>

Nebenbei fuer diejenigen, die bis hier her gelesen
haben, wenn auch etwas Off-Topic:

Wir indexieren seit dem vergangenen Jahr auch
die Verfasserangabe in Vorlageform in ALL-Index.
Bei einigen Sprachen soll das sehr hilfreich sein,
aber vermutlich auch im Deutschen, wenn es um
Koerperschaften geht. Ein Stueck weit geht das
ja auch in die Richtung, nicht nur normgerechte
Daten fuer die Indizes auszuwerten. Die
Katalogisierung erfolgt natuerlich entsprechend
RAK.

Viele Gruesse
Lothar Kalok


(*) Leider hat mit die Deutsche Bahn durch eine massive
Verspaetung daran gehindert, den Vortrag von Frau Frodl,
der sehr gelobt wurde, zu hoeren.

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