[rak-list] "Introducing RDA" von Chris Oliver

Margarete Payer payer at hdm-stuttgart.de
Son Aug 22 11:46:20 CEST 2010


Liebe Frau Wiesenmüller,

sehr herzlichen Dank für die ausführliche Beschreibung dieses Werkes, so
kann man sich das Anschaffen ersparen.
Dass erst durch die RDA der Katalogisierer das Gefühl vermittelt bekommt,
dass seine Arbeit in Zukunft weiterbestehen kann, empfinde ich fast als
zynisch.

Schöne Grüße
Margarete Payer

>   Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
>
> Sie haben vielleicht schon die Werbung für "Introducing RDA : a guide to
> the basics" von Chris Oliver gesehen:
> http://www.alastore.ala.org/detail.aspx?ID=2897
>
> Ich habe mir den Band mittlerweile zu Gemüte geführt. "No cataloger or
> library administrator will want to be without this straightforward guide
> to the changes ahead", heißt es im Klappentext - nun ja, so würde ich es
> nicht sagen. Es handelt sich um ein großformatiges, recht dünnes Heft
> (der eigentliche Text umfasst etwas über 100 Seiten) mit flexiblem
> Umschlag.
>
> Der Band ist keine praktische Einführung in das Katalogisieren mit RDA.
> Bei der Lektüre hat man vielmehr öfter den Eindruck, in eine Art
> Werbebroschüre geraten zu sein. Beispielsweise liest man zur
> Internationalisierung auf S. 4: "RDA purposely sheds the Anglo-American
> perspective of AACR. Instructions have been adjusted so that they can be
> applied by communities that use different languages, scripts, numbering
> systems, calendars, or measurement units. Also, during the development
> process, the Joint Steering Committee (...) invited comments from
> international organizations and the national libraries and national
> cataloging committees of other countries (...). This dialogue at the
> international level has contributed to achieving the goal of making RDA
> usable in an international context". Nicht gesagt wird freilich, dass
> kaum etwas von den internationalen Kommentaren Berücksichtigung gefunden
> hat und dass die problematischen Bereiche (z.B. Recht) unverändert
> angloamerikanisch ausgerichtet sind. Immerhin heißt es an späterer
> Stelle (S. 11f.) etwas verschämt: "The intention to internationalize RDA
> is an ongoing effort and will continue with further changes in future
> releases".
>
> Zum Inhalt des Bandes:
>
> Kap. 1 "What is RDA" führt auf wenigen Seiten einige Ansprüche von RDA
> auf, z.B. die Anpassung an die digitale Umgebung und die Erweiterung des
> Adressatenkreises über Bibliotheken hinaus.
>
> Kap. 2 "RDA and the international context" behandelt zunächst das
> Verhältnis von RDA zu internationalen Standards (insbes. FRBR und ICP)
> und danach die Anwendung von RDA im internationalen Kontext (woraus
> schon zitiert wurde).
>
> Kap. 3 "FRBR and FRAD in RDA" stellt ausführlich die Modelle FRBR und
> FRAD vor und zeigt an vielen Beispielen auf, wie sich diese in RDA
> wiederspiegeln.
>
> Kap. 4 "Continuity with AACR2" zeigt die Kontinuität zum Vorgänger auf
> und stellt u.a. fest, es gäbe "many instructions where the wording is
> totally different but the intent of the instruction remains
> fundamentally the same" (S. 39); dies wird auch an Beispielen
> illustriert. Besonders betont wird die Kompatibilität zu
> AACR2-Datensätzen, weshalb praktisch keine Ansetzungsformen geändert
> wurden. Als Ausnahme wird z.B. angeführt "Bible. Genesis" statt bisher
> "Bible. O.T. Genesis". Erläutert wird hier auch die
> Entstehungsgeschichte von RDA.
>
> Kap. 5 "Where do we see changes?" ist sicher das interessanteste
> Kapitel. Zunächst geht es um den "focus on the user" (wobei m.E. Wunsch
> und Wirklichkeit etwas durcheinandergehen, z.B. S. 48: "The first
> objective for RDA is responsiveness to user needs. This is not an
> abstract consideration. It is realized in each section of RDA with
> specific functional objectives written for each section."). Ausführlich
> wird danach das RDA-Konzept von "content type", "media type" und
> "carrier type" dargestellt, mit dem alle denkbaren Ressourcen
> beschrieben werden können sollen. Ein Hinweis auf die neue Gruppe 0 der
> ISBD (mit einem etwas abweichenden Konzept) fehlt. Danach geht es um
> Datenelemente (allgemein und Kernelemente). Oliver betont hier, dass
> viele Datenelemente bereits in AACR2 vorhanden waren, dort jedoch vieles
> an derselben Stelle erfasst wurde (z.B. alles mögliche unter "other
> physical details"). Durch die höhere Granularität und Spezifität der
> Informationen in RDA könnten vor allem Maschinen diese künftig besser
> auswerten (S. 59). Die Autorin sagt auch deutlich, dass diese Vorteile
> eigentlich erst zur Geltung kommen können, wenn die MARC-Umgebung
> verlassen wird: "At the time of first implementation, RDA data will be
> encoded using MARC 21, and there will be some loss of granularity
> because many data elements will map back to one subfield (...). But,
> with clearly defined data elements, RDA opens the door to new ways to
> use and present this data" (S. 58). Die größere Nähe zur Vorlage, die
> ein wichtiges Prinzip von RDA ist, wird unter der Überschrift "Take what
> you see" behandelt, und danach geht es noch um die erhöhte Bedeutung von
> Beziehungen und um die neuen "relationship designators".
>
> Kap. 6 "Implementing RDA: transition from AACR2 to RDA" stellt zunächst
> das RDA Toolkit im Detail vor. Danach geht es um Erfassung und Anzeige
> von RDA-Daten, primär um die Erfassung in MARC 21. Unter "coordinated
> implementation" wird in sehr allgemeinen Worten die geplante Einführung
> in den angloamerikanischen Ländern thematisiert. Während an anderen
> Stellen die hohe Flexibilität von RDA gerühmt wird, betont Oliver hier
> nun die Vorteile von einer nationalen oder gar internationalen Einigung
> bei den Options- und Alternativregelungen: "coordinated decisions
> improve the conditions for data exchange and present consistent data to
> the user" (S. 88).
>
> Kap. 7 "Advantages, present and future" stellt die vermuteten Vorteile
> für Nutzer, Bibliotheken und Katalogisierer dar. Für die Nutzer wird
> u.a. das Angebot von Bibliotheksdaten außerhalb der Kataloge angeführt
> sowie die verbesserte Navigation, wobei Oliver einschränkt: "RDA alone
> will not improve navigation and display because the data must be used
> appropriately by well-designed search engines and search interfaces" (S.
> 93). Bei den Vorteilen für die Bibliotheken werden u.a. die verbesserte
> Sichtbarkeit im Netz genannt sowie die Nutzung des Toolkit, mit dem
> effektiver katalogisiert und geschult werden könne (die Kosten für die
> Software werden aber nicht aufgeführt). Bibliothekare profitieren -
> abgesehen von allen Vorteilen für Nutzer und Bibliotheken, die auch
> ihnen zu Gute kommen sollen - u.a. von der Möglichkeit, künftig mehr
> "cataloger's judgement" anzuwenden und davon, dass die von ihnen
> erstellten Daten eine Zukunft haben: "Positioning library data so that
> it has a role in the future (...) has great importance for catalogers
> who devote their time and energy to producing quality bibliographic and
> authority data. The data we create has a future. It will not disappear
> if the MARC environment comes to an end." (S. 101).
>
> Soweit der Überblick über das erste RDA-Büchlein. Mittlerweile ist
> übrigens der Preis für die gedruckte Loseblattausgabe der RDA bekannt,
> die im Frühjahr 2011 erscheinen soll: 150 USD. Zum Vergleich: AACR2
> kostet in Europa 54.95 GBP.
>
> Und noch etwas Werbung in eigener Sache: Ich habe gerade einen
> RDA-Aufsatz fertig bekommen, der in B.I.T. online erscheinen wird. Wer
> ihn schon vorab lesen möchte, möge mir das per Mail mitteilen; ich
> verschicke dann einen PDF-"Preprint".
>
> Viele Grüße
> Heidrun Wiesenmüller
>
> --
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> Prof. Heidrun Wiesenmüller M.A.
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> Fakultät Information und Kommunikation
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