AW: [rak-list] WG: Statement of International Cataloguing Principles

Bernhard Eversberg ev at biblio.tu-bs.de
Tue May 6 12:47:28 CEST 2008


S. Oehlschläger schrieb:
> 
> Auch den Entwurf des "Statement of International Cataloguing Principles" 
 > haben wir, um möglichst allen den Zugang dazu zu ermöglichen, ins
 > Deutsche übersetzt....


Vorweg: Die Übersetzung ist insgesamt gut, mit dem Inhalt bin ich
insgesamt einverstanden, wie schon mitgeteilt.

Nur Kleinigkeiten gäbe es anzumerken:
Mehrfach ist von "Identifiern" die Rede (nur einmal (in 7.1.3.1) von
"Identnummern") ohne daß dieser Neologismus erklärt wird. Warum nicht
"Identifizierer" und dazu an geeigneter Stelle ein knapper Hinweis?

Ferner gefällt mir nach wie vor nicht das ständige betuliche Gerede von
"Expression" und "Manifestation", wenn meistens "Ausgabe" vollkommen
ausreichen würde. Dazu müßte nur definiert werden, daß "Ausgabe" als
Oberbegriff von beidem verwendet wird, wenn eine Differenzierung nicht
notwendig ist, wie etwa in diesem Satz:
6.3.4
Als Ansetzungsform des Sucheinstiegs für ein Werk, eine Expression, eine
Manifestation oder ein Exemplar dient entweder ein Titel ...

Eine Manifestation ist eine inhaltsgleiche Ausgabe, Expressionen sind
inhaltlich deutlich abweichende Ausgaben. Im englischen war bisher
"edition" nirgends ordentlich definiert, bei uns aber die "Ausgabe" sehr
wohl. Wir können ganz ungezwungen und kompatibel mit herkömmlicher
Sprechweise sagen, daß der Begriff "Ausgabe" manchmal zu differenzieren 
ist in "Expression" und "Manifestation".
Fast immer im Regeltext reicht "Ausgabe" aus, weil ja, wie schon bisher,
für die "Expression" gar kein eigener Datensatz gemacht wird (4.2), die
Theoriebegriffe sich also gar nicht erkennbar niederschlagen. Nur
im Szenario 1, ja, aber das wird eh nicht kommen. Aber OK, liegt erst
ein guter Regelwerkstext vor, braucht keiner mehr das Principles-
Dokument, dann ist es wurscht, wenn darin so umständlich argumentiert
wird wie es eben ein Grundgesetz tun muß. Dann kommt's nur noch auf den
Regelwerkstext an - der noch Chancen hat, es besser zu machen.


Nachbemerkung, nicht zur Sache, nur zum deutschen Text:
Mir persönlich, aber das ist subjektiv, verleidet der überall
auftauchende Bibliografisch die Lektüre - was ist das eigentlich für ein
Fisch?
Die 2006 neuerlich reformierten Reformregeln stellen "bibliographisch"
gleichwertig neben "bibliografisch", es gibt also _keinerlei_ Sachzwang
zu einem Bruch mit herkömmlicher, etablierter, bewährter, unauffälliger
und nie als altmodisch empfundener (oder doch?) Schreibung.
Darüber hinaus sind sowieso nur die Schulen (Ämter und Behörden laut
Verfassungsgericht ausdrücklich _nicht_) gezwungen, das Machwerk der
Reform umzusetzen.
Jetzt, nach 2006, kann außerdem keiner mehr sagen, was denn nun
reformtreu ist und was nicht - soviel Zeit kann keiner investieren und
sollte auch keiner investieren müssen. Nur und einzig das -ss am
Wortende macht noch zuverlässig erkennbar, ob ein Text um Reformtreue
bemüht ist oder nicht. Dies als einziges stets sicher erkennbares
Merkmal einer deutschen Reform - ist das nicht irgendwie peinlich?
Aber das soll jeder halten, wie er will - überzeugen kann man niemand,
hat er sich einmal entschieden, vom einen wie vom andern. Reformschrieb, 
soviel kann man nach allem Hin und Her sagen, sieht billig aus, nicht 
nach Qualität, weil dabei erklärtermaßen nicht die Verständlichkeit für
den Leser im Vordergrund steht, sondern die leichtere Erlernbarkeit für
Grundschüler (s. "bibliografisch"). Erreicht wurde sie nicht.


MfG B.Eversberg


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