AW: [rak-list] Re: RDA, Chapter 6, Religious Works

Hengel-Dittrich, Christina C.Hengel at d-nb.de
Mon Sep 3 14:22:31 CEST 2007


Lieber Herr Stephan,

ich finde es sehr erfreulich, dass Sie zu dem Regelentwurf für religiöse Werke in dem RDA-Entwurf für Chapter 6  Diskussionsbedarf haben. Herr Bee, der Fachreferent für Religionswissenschaften an der Deutschen Nationalbibliothek, Standort Frankfurt, sieht diesen Diskussionsbedarf auch. Er hat vor, mit den Bibliotheken mit Schwerpunkten in den Bereichen Theologie und Religionswissenschaften und natürlich in vorderster Linie mit den kirchlichen  Bibliotheksverbünden eine Diskussionsplattform zu den RDA zu bilden, und wird sicherlich noch einmal gezielt auf Sie zukommen. Wir brauchen die fachliche Beteiligung, um das künftige Regelwerk zu gestalten. 
Wie in der Mail von Frau Albrecht auch bereits angesprochen, werden die entscheidenden Festlegungen im Teil B der RDA zu erwarten sein, der sich mit Ansetzungsregeln und dem ganzen Bereich der Authority Control beschäftigen wird. Die Frage nach dem "Hauptsucheinstieg" gehört auch dazu, ebenso die Behandlung von Normdaten für Werke. 
Die Frage, ob ein solcher Hauptsucheinstieg in der Online-Umgebung noch notwendig ist, hat im Übrigen wie Sie wissen, auch die RAK-Weiterentwicklung beschäftigt und wird uns im Winter ausführlich weiterbeschäftigen. Mein Standpunkt hierzu ist, dass wir zwar eine festgelegte Zitierform brauchen, und dass eine klare Kennzeichnung der "Rollen", insbesondere der Autorenschaft, notwendig ist, dass aber - unter unterschiedlichen Blickwinkeln - durchaus unterschiedlichen Rollen "primär" Bedeutung haben können. 
Der Kennzeichnung von Moses als "Urheber" liegt die allgemeine Regel in Kapitel 6 zugrunde, mutmaßliche und auch fälschlich als solche bezeichnete Urheber als Urheber zu behandeln. Es ist gut, dass Sie noch einmal darauf hingewiesen haben. Wir werden in der Stellungnahme diese Regel gezielt problematisieren. Im perso-Projekt hatten sich die Verbünde mit großer Mehrheit gegen die Berücksichtigung von "Pseudo"-Verfassern als Verfasser ausgesprochen. 


Beste Grüße
Christel Hengel


-- 
Christel Hengel
Deutsche Nationalbibliothek
Arbeitsstelle für Standardisierung
Arbeitsstelle Normdateien
Adickesallee 1
D-60322 Frankfurt am Main
Telefon: +49-69-1525-1401
Telefax: +49-69-1525-1636
mailto: c.hengel at d-nb.de
http://www.d-nb.de

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: rak-list-bounces at lists.d-nb.de [mailto:rak-list-bounces at lists.d-nb.de] Im Auftrag von Armin Stephan
Gesendet: Montag, 3. September 2007 10:03
An: Birgitta Gamerschlag
Cc: rak-list at lists.d-nb.de; Gahn, Philipp
Betreff: [rak-list] Re: RDA, Chapter 6, Religious Works

Liebe Frau Gamerschlag,

leider lese ich Ihre Mail erst heute. In den letzten vier 
Wochen war ich in Urlaub.

So etwas Dummes.

Ich hatte mir schon vor dem Urlaub vorgenommen, mich mit den 
Ausführungen zu religious works zu beschäftigen.

Hier besteht meines Erachtens dringender Klärungsbedarf. Beim ersten 
Lesen haben die "Regeln" nur Verwunderung bei mir ausgelöst.

Z.B. halte ich es für eine kühne Idee, Regeln aufstellen zu wollen für alle(!) 
religiösen Grundtexte. Und wenn ich dann noch sehe, dass schon bei der 
"eigenen" Religion - wie das Beispiel Jesajabuch zeigt - völlig an den 
Benutzergepflogenheiten vorbei gedacht und die wesentlichen Aspekte der 
Frage nach dem "Access" ausgelassen worden sind, dann macht mich das 
auch nicht gerade hoffnungsvoll. Ich frage mich: Wer hat diesen Entwurf 
geschrieben? Wohl kaum KollegInnen aus dem Bereich des theologischen 
Bibliothekswesens (in Amerika).

Wir hatten von Seiten der kirchlichen Bibliotheksverbände schon vor langer 
Zeit im Rahmen der Angleichung von Personenansetzungen in RAK und 
RSWK unsere Vorstellungen zur Ansetzung biblischer Werke geäußert. 
Leider hat man das Thema damals verschoben.

Die (marginalen) RDA-Formulierungen gehen jedenfalls total an diesen 
unseren Vorschlägen vorbei.

Hier werden Access points definiert, die allenfalls den Status von 
"Nebeneintragungen" bzw. sekundären access points haben können. 
Worunter solche Werke primär auffindbar sein sollten, wird gar nicht 
behandelt. Und man sieht leider auch nicht, ob da noch was kommt oder 
nicht. Beunruhigender Weise ist aber in der Überschrift von "General 
guidelines for religious works" die Rede.

In 6.8.1.1 ist zu lesen: "provide an access point(s) for a person(s)
associated with the work"

Zunächst fällt der unbestimmte Artikel auf. Nun ja, natürlich könnte man 
einen solchen access point setzen, der das Jesajabuch unter dem Namen 
des Propheten Jesaja auffindbar macht, aber das kann doch nicht der 
alleinige Access point sein. Das Jesajabuch ist eine komplexe Sammlung 
von einzelnen Textpassagen. Kein theologisch Interessierter würde in 
Jesaja so etwas wie einen Verfasser des Werkes sehen. Dass er aber 
irgendwie(!) "associated" mit dem Werk ist, ist sicher richtig.

Das aufgeführte Beispiel des Jesajabuches ist auch nur ein zweitbestes, 
das viele Fragen offen lässt. Wie gedenkt RDA denn dann z.B. im Falle der 
fünf Bücher Mose zu verfahren? Natürlich haben die fünf Bücher Mose auch 
etwas mit Mose zu tun. Er ist "associated with the work". Aber keinesfalls in 
Form einer verfasserähnlichen Funktion. Kein einziger Satz stammt aus 
seiner Feder, wie jedes Kind heute weiß. Es wird vielmehr (u.a.!) über ihn 
erzählt (im Wesentlichen nur im zweiten Buch).

Auch hier gilt also: Ein access point unter Mose ist nichts Unvorstellbares - 
auch wenn man sich unter dem Blickwinkel der Assoziation der 
Verfasserschaft nahe am Rande der Lächerlichkeit bewegt, aber die 
entscheidende Frage bleibt: Welche access points sollte es noch geben und 
was sollte der primäre(!) access point sein?



Am 23 Aug 2007 um 18:26 hat Birgitta Gamerschlag geschrieben:

> Sehr geehrter Herr Stephan,
> in der letzten Woche fand in Frankfurt eine Sitzung zur
> Stellungnahme
> des neuen Regelwerks RDA, Chapter 6 und 7 statt. Ausgenommen wurden
> die
> Kapitel zu Legal Works, Religious Works und Official Communications,
> da
> hier
> Expertenwissen gefragt ist.
> Daher meine Frage an Sie: Wissen Sie um Praktiker in o.a.
> Arbeitsbereichen, die bereit waeren, sich bis Ende August mit der
> Materie RDA, Religious Works in Chapter 6 zu befassen?
> Frau Henze und Frau Hengel von der D-NB nehmen gern Anregungen,
> Stellungnahmen etc. entgegen, um dies in die "deutsche"
> AfS-Stellungnahme mit einfliessen zu lassen, die bis Anfang
> September
> abgegeben werden muss.
> Um Rueckmeldung waere ich Ihnen dankbar.
> 
> Den Text der RDA-Chapter 6 und 7 finden Sie unter folgendem Link:
> http://www.collectionscanada.ca/jsc/rdadraftch6-7.html 
> 
> Mit freundlichen Gruessen
> 
> Birgit Gamerschlag 
> 
> 
> 
> 
> Birgit Gamerschlag
> Verbundzentrale des GBV (VZG)
> Bibliothekarische Dienste
> Platz der Göttinger Sieben 1
> 37073 Göttingen
> Tel.: 0551/39-3875
> Fax: 0551/39-2408
> e-mail: gamerschlag at gbv.de
> 
> 


Mit freundlichen Gruessen
Armin Stephan
Augustana-Hochschule / Bibliothek
D-91564 Neuendettelsau
 |
 |      ,__o
 |    _-\_<,
 |   (*)/'(*) 


_______________________________________________
rak-list mailing list
rak-list at lists.d-nb.de
http://lists.d-nb.de/mailman/listinfo/rak-list


More information about the rak-list mailing list