AW: [rak-list] Übersetzung des FRBR-Terminus "expression"

Hengel-Dittrich, Christina C.Hengel at d-nb.de
Tue Jul 25 14:19:09 CEST 2006


Das Problem bei allen Übersetzungsversuchen ist doch, dass schon im Englischen ein Publikations-spezifischer Sachverhalt mit einem Allerwelts-Wort bezeichnet worden ist. Jedes Allgemeinwort, das im Deutschen den Sachverhalt in etwa trifft - Ausprägung, Ausformung, Ausdrucksform, Expression (ist ja durchaus auch als Fremdwort möglich) - bezieht sich auf vielerlei Sachverhalte und kann auch in Publikationen ganz andere Dinge oder Ebenen meinen (Ausprägung einer Stilform, Ausformung eines Texts oder Inhalts etc.). Deshalb hat Herr Eversberg sicher recht, wenn er für eine Differenzierung zwischen Fachsprache und benutzer-orientierter Sprache plädiert. Für die Fachsprache ist das meines Erachtens relativ beliebig, man muss sich nur darauf einigen. Ich persönlich würde im Deutschen hier so eng wie möglich an den Englisch-sprachigen Termini bleiben, also von Werk, Expression, Manifestation und Exemplar reden. Für OPACs sollte es ein Wort oder Symbol sein, mit dem ein Benutzer voraussichtlich etwas anfangen kann. Eine eher bildliche Ausdrucksweise wäre hier vielleicht gar nicht schlecht.
Christel Hengel


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Christel Hengel
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-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: rak-list-bounces at lists.d-nb.de [mailto:rak-list-bounces at lists.d-nb.de] Im Auftrag von Bernhard Eversberg
Gesendet: Dienstag, 25. Juli 2006 12:51
An: Diskussionsliste zum Regelwerk RAK
Betreff: Re: [rak-list] Übersetzung des FRBR-Terminus "expression"

Charles Croissant schrieb:
>>  
>>
> Vor einigen Jahren wirkte ich an einem ersten Versuch mit, FRBR ins 
> Deutsche zu übersetzen; die anderen Beteiligten waren Frau Helga 
> Schwarz, Frau Monika Münnich, Dr. Hans-Jürgen Schubert, und Herr Hans 
> Popst. Ich machte damals den Vorschlag, "expression" durch "Ausprägung" 
> zu übersetzen. Meine Gründe: "Ausprägung" sei dem Wort "expression" 
> semantisch sehr nahe verwandt -- "ex" = "aus" und "press" = "prägen." 
> Als Ausländer und Sprachinteressierter würde mich interessieren, ob 
> "Ausprägung" auf genau so wenig Akzeptanz stösst wie jetzt "Fassung" 
> oder "Realisation." :-)
> 
Schon richtig. Den Vorschlag hatte ich ab 2001 auch schon gemacht, aber
er wurde nicht aufgegriffen.
Man muß wohl auch daran erinnern, daß wir in RAK mit "Ausgabe" schon
einen Begriff hatten, der in seiner von RAK definierten Bedeutung
ganz nah an dem ist, was die FRBR-Eltern mit "expression" meinten.
Darauf kamen sie m.E. nur, weil es in AACR zu unserer "Ausgabe" gar
keine definierte Entsprechung gab!
In RAK wurde "Ausgabe" dann auch ausgedehnt auf "Sekundärausgaben",
die man sich als wortidentisch inhaltsgleich vorstellen muß.
In FRBR hat man natürlich keine RAK-Einsichten übernommen, so etwas
wäre grundsätzlich unamerikanisch ;-), sondern man hatte die Idee, daß
ein abstrakt verstandenes Werk nochmals abstrakt eine oder mehrere
Ausprägungen erfahren könne, wobei jede davon sich konkret erst
manifestiere in - eben  "manifestations". Was man letzten Endes in der 
Hand hat, die Vorlage (auch so ein in AACR unbekanntes Konzept), ist im
RAK-Verständnis immer ein Exemplar einer Ausgabe (wobei diese eine
Sekundärausgabe sein kann), in FRBR ist es ein Exemplar einer
Manifestation einer Expression.

Auf diesem Hintergrund meine ich, daß "Ausgabe" immer noch sehr
brauchbar wäre, mit der Option, daß eine Ausgabe in mehrere
"Versionen" zerfallen könnte. Das erscheint mir "natürlicher" und
besser vermittelbar, und so redet es sich auch leichter, als sich die
Ausgabe als virtuell und nur die Manifestationen als real vorzustellen.


> Ich glaube nicht, dass die Verfasser von 
> FRBR jemals davon ausgegangen sind, dass Endnutzer von OPACs mit diesen 
> termini technici konfrontiert werden sollten. Im Kontext des OPACs kann 
> man m.E. durchaus andere, "populärere" Begriffe wählen, wie z.B. 
> schlicht "Titel."

RAK, auch daran ist zu erinnern, verstanden unter "Titel" die
Kombination von Sachtitel und Verfasser- oder Urhebername! Insofern
war das schon der Ansatz zur Idee der Werkbenennung, die nun unter
"work identifier" gerade in der RDA-Liste diskutiert wurde.

MfG B.E.

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