AW: [mab-list] MABXML

Thomas Berger ThB at gymel.com
Tue Sep 16 18:49:45 CEST 2003


Lieber Herr Stephan, liebe Liste,

> > Die "Spezial- und Institutsbibliotheken in NRW" hingegen benutzen
> > eines der unsaeglichen sogenannten PC-MAB's, d.h. ein - ich will
> > Frau Muennich nicht zu nahe treten - ein von den dbi-Materialien 130
> > inspiriertes System dreistelliger Nummern, das im wesentlichen
> > deshalb fuer "MAB" gehalten wird, weil das Fussnotenfeld die Nummer
> > 501 traegt.

zunaechst einmal muss ich um Entschuldigung bitten, mir
sind die Zitate verrutscht: Die dbi-Materialien 130 
(Arbeitshilfen fuer Spezialbibliotheken. Bd. 5 = Personal-
computer, Teil 2) sind die "vollstaendige Neufassung" (1994)
der dbi-Materialien 68 von 1987 [und Sie, Herr Stephan, haben 
auch Beitraege dazu geschrieben]. In den Materialien 130
wird haeufiger auf das "DBI-Projekt 1141: Einsatz
eines Arbeitsplatzcomputers an Spezialbibliotheken mittlerer
Groessenordnung" hingewiesen, ueber das wohl in mehreren
Heften des Bibliotheksdienst-Jahrgangs 22 publiziert wurde,
insbesondere von Frau Muennich, die (darauf aufbauend)
1992 die von Ihnen erwaehnte "PC-Katalogisierung nach RAK"
im Saur-Verlag veroeffentlicht hat.


> da ich selber ein wenig an der Entwicklung dieses Formates vor
> Jahrhunderten beteiligt war (und auch wenn Sie  mir nicht zu nahe
> getreten sind), eine kleine Klareung:
> 
> Bei der Entwicklung dieses Formates stand nach meiner Erinnerung
> nie das Anliegen im Raum, sich an MAB zu orientieren. Dass es
> dennoch Aehnlichkeiten  aufweist, liegt daran, dass Frau Muennich
> verstaendlicher Weise durch das damalige SWB-Format gepraegt war.

stimmt. Aus der "Kategorien-Uebersicht zum SWB-Format. Stand:
Februar 1992": "Das SWB-Format ist in seiner inhaltlichen 
Auspraegung streng an die RAK-WB angelehnt. Dabei wurde das 
Austauschformat fuer maschinenlesbare Daten (MAB1) soweit
wie moeglich beruecksichtigt und die Kategoriecodes wenn
moeglich uebernommen". Das aeussert sich dann so, dass im
"Externformat" die Felder 200-209 fuer die ersten 10 Personen-
Eintraege zur Titelaufnahme definiert sind, was sich - um
genuine NRW-Komplikationen angereichert - dann auch in 
allegro-NRW wiederfindet (Dem Vernehmen nach war Herr
Eversberg stark an der Uebertragung der von Frau Muennich
aufgestellten, PC-gerechten Feldnummern auf NRW-Verhaeltnisse
beteiligt).

> Ihr zugehoeriges Lehrbuch heisst denn auch "PC-Katalogisierung nach
> RAK" und nicht "PC-Katalogisierung nach MAB". Die Mitwirkenden
> gingen damals noch von dem Grundsatz aus, den insbesondere Herr
> Eversberg bis heute verficht, dass ein Austauschformat und ein
> Internformat nicht dasselbe seien.

Ich weiss nicht, wann der Begriff "PC-MAB" aufgekommen ist, dieser
u.a. von Frau Muennich begruendete Zoo von Datenformaten (das hoert
sich alles so negativ an, vor 15 Jahren waren das aber alles
gute und sinnvolle Ideen) ist aber m.E. durchaus als Internformat
fuer die Katalogisierung gedacht gewesen: Daher auch die
Vereinfachungen, die ja nicht nur im Hinblick auf die Zielgruppe
"Spezialbibliotheken" gewaehlt wurden, sondern auch aus 
Gruenden der Praktikabiblitaet ueberhaupt. Sehr ungluecklich
ist, dass diese Formate nie weiterentwickelt wurden (gluecklich
hingegen ist, dass manche abgebrochen wurden), und vor allem,
dass nun Legenden aufkommen, irgendjemand haette einmal
"in MAB" katalogisiert.

Herr Kett wirft in seiner Ausarbeitung die Frage auf (5.5.3), 
ob die Feldnummern zeitgemaess sind oder durch "sprechende"
Bezeichnungen ersetzt werden sollen, diese Frage wird seit
Jahrzehnten oefters einmal gestellt. Diese Frage kann man 
m.E. erst stellen, wenn man die Frage "*koennen* Feldnummern 
durch sprechende Bezeichnungen ersetzt werden?" positiv 
beantwortet hat, und ich moechte behaupten, dass die
Antwort "nein" ist:
- Die Gleichung "331 = Hauptsachtitel in Vorlageform
  oder Mischform" suggeriert eine Kohaerenz zwischen
  den Begrifflichkeiten von MAB und RAK, die ich nicht
  unbedingt als gegeben annehmen moechte ("Mischform"
  ist z.B. keine Terminologie, die in RAK auftaucht)
- "Hauptsachtitel in Vorlageform oder Mischform" ist nicht
  gut als Elementbezeichnung geeignet, schon formal nicht
  wegen der Spatien, aber auch sonst waere nur Spezialisten
  verstaendlich, was gemeint sein koennte.
- Man kann MAB als eine Art Klassifikationssystem fuer
  bibliographische Sachverhalte betrachten: Zur Stelle
  "331" wird zugeschlagen, was anderswo noch weniger 
  passen wuerde. Die Benennung oder Ueberschrift "Hauptsachtitel
  ..." der fraglichen Systemstelle muss die Bedeutung von
  "331" nicht komplett abdecken (sonst haetten wir eine
  1:1-Konkordanz zwischen dem Klassifikationssystem und
  einem natuerlichsprachigen Thesaurus, in der allgemeinen
  Situation hat man das eher selten).

In AACR-Land koennen Katalogisierer sich in einer Diskussion
ueber "245$c" austauschen, das halte ich fuer einen ziemlichen 
Vorteil, weil man ohne verbalisierte Umschreibungen des
Sachverhaltes auskommt, die eine Quelle fuer Missverstaendnisse
sein koennten. Das funktioniert, weil alle "in MARC" katalogisieren
[und darf eigentlich nicht funktionieren, weil MARC ja auch
Nicht-AACR2-Daten transportieren koennen will].

MAB hat nie eine Chance gehabt, zu einer gemeinsamen Sprache
der Katalogisierer zu werden, z.B. weil die Periodengruppen
(117 ist dasselbe wie 101, gehoert aber zu 116, was die
5. Wiederholung von 100 ist) einem das Leben sehr schwer 
machen. Alle haben sich ihre eigenen Intern- und Katalogisierungs-
formate basteln muessen, gemeinsame Sprachgrundlage ist
damit nur noch die Terminologie von RAK, die ja moeglicherweise
demnaechst innerhalb von RAK auch einmal zusammenfassend
dargestellt werden wird.

Allerdings: Wenn die Regelwerke uns demnaechst tragfaehige
Terminologie liefern, sollte man die Frage nach einem
(XML-)Austauschformat in mit Feldbenennunen in der Terminologie
der Regelwerke durchaus noch einmal stellen.

 
> Angesichts den von Ihnen angesprochenen Grundsaetzen in den
> Auswahlkriterien fuer das HBZ-Verbundsystem u.a. muss man wohl
> davon ausgehen, dass dieses Axiom im deutschen Bibliothekswesen
> seine Bedeutung verloren hat.

1. (offensichtlich) war ich nicht dabei, als das System
   ausgewaehlt wurde. Ich glaube mich aber gut an Vortraege
   erinnern zu koennen, in denen "Katalogisieren mit MAB
   als Internformat" als ein Auswahlkriterium genannt wurde.

2. Nach den (von mir postulierten) negativen Erfahrungen
   mit schlecht funktionierenden Exportschnittstellen hat
   die Vorstellung eines "Internformats mit eingebauter"
   Exportmoeglichkeit (weil es bereits das Externformat ist),
   etwas bestechendes. Die Probleme liegen dann im Detail:
   So kann man nicht katalogisieren, MAB veraendert sich
   laufend, ...
   
 
> Bei der letzten Entwicklung des Formates für ein "neues"
> Bibliothekssystem, an der ich beteiligt war, musste ich das
> schmerzlich auch erfahren. Nicht alles, was dem Datenverarbeiter die
> Arbeit erleichtert, erleichtert sie auch dem Katalogisierer.

Das Leben eines Datenverarbeiters wird nicht unbedingt
leichter dadurch, dass er sich auf Monstrositaeten wie
MAB einstellen muss (sage ich jetzt einmal aus Sicht
des Datenverarbeiters). Ich habe aber selbst schon einmal
Haue bekommen, weil bei einer Bibliographie die Fussnoten
zu Zeitschriften-Titelaufnahmen nicht in der "richtigen"
Reihenfolge kamen: Es stellte sich heraus, dass MAB anders
gestrickt war als das verbundinterne Datenformat und
gewisse Felder daher beim Transport in einem MAB-Feld 
zusammengefasst wurden und sich nicht mehr auseinanderdroeseln
liessen. Bevor ich als Datenverarbeiter Konflikte zwischen
den Regelwerksinterpretationen zweier Redaktionen ausbaden
muss, realisiere ich vielleicht doch lieber MAB als Intern-
format, dann koennen die sich ohne mich weiterstreiten...

viele Gruesse
Thomas Berger

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