[rak-list] Mittendrin statt nur "neben" RDA

Bernhard Eversberg ev at biblio.tu-bs.de
Fri Feb 20 14:30:34 CET 2009


S. Oehlschläger schrieb:
> 
> 
> Es ist nicht richtig, dass das neue Statement, das die sog. Paris
> Principles von 1961 ablösen wird, "nur auf einigen IFLA-Konferenzen"
> diskutiert wurde. Das Statement of International Cataloguing
> Principles ist während der IFLA Meetings of Experts on an
> International Cataloging Code (IME ICC) entstanden. Weltweit wurden
> insgesamt 5 (!) Regionalkonferenzen durchgeführt. 

Das sei wie es sei, aber anders als bei "Paris 1961" ist hier das
Zustandekommen des Textes und die Begründungen für die Formulierungen
für den Außenstehenden nicht nachvollziehbar. Aber vielleicht kommt noch
ein kommentierter Berichtsband, orientiert an der Qualität des Berichts
über jene historische Konferenz, aus dem das dann alles hervorgeht.

Die Versionen dieses neuen "Statements" jedenfalls sind alle derartig
verschieden, und die Abschnitte jeweils wieder neu numeriert, daß man
als Unbeteiligter nicht mehr in vertretbarer Zeit durchfinden kann.

> 
> Der Titel des neuen Statements of International Cataloguing
> Principles ist also mit Fug und Recht gewählt.

Schön wär's, aber es geht ja schon so los:

Several principles direct the construction of cataloguing codes.
The highest is the convenience of the user.
2.1. Convenience of the user. Decisions taken in the making of
      descriptions and controlled forms of names for access should be
      made with the user in mind.
2.2. Common usage. Vocabulary used in descriptions and access should be
      in accord with that of the majority of users.

Wie kann man das denn "international" nennen? Diese Formulierung
öffnet dem Provinzialismus Tür und Tor. Zumindest hätte dann schon
vorneweg auf Authority files als unverzichtbares Mittel eines modernen
Katalogs hingewiesen werden müssen, und zwar auf eine internationale
Normdatei wie VIAF, ohne die das Ziel einfach utopisch erscheint.
"Convenience of the user" ist m.E. nun wirklich kein objektives
Kriterium für ein internationales Statement of principles, noch für
überhaupt irgendeins - es ist ja völlig subjektiv. DEN user gibt es 
nicht, und auch "common usage" kann nur für je eine "commmunity"
halbwegs determiniert werden, nicht international.

Weiter findet man diese haarsträubende Formulierung:

4.1 .. catalogue ... instrument that enables the user
4.1.2. to find sets of resources representing ...
        ... all resources on a given subject

Das ist schlichtweg unmöglich, siehe
    http://www.allegro-c.de/regeln/cosarara.htm
Abgesehen davon ist hier die Sacherschließung einfach nur mit
als Ziel reingenommen worden, ohne daß die Principles ansonsten
irgendwie darauf eingingen. Wie soll man das anders nennen als
unseriös oder dilettantisch? (Nicht daß darauf bei gegebener
Gelegenheit nicht hingewiesen worden wäre, sogar einen Disput
mit Barbara Tillett hatte ich mal darüber, aber da steht das
immer noch unverändert, während ansonsten alles mögliche x-mal
umgekrempelt worden ist.)

Schlecht durchdacht ist auch Abschnitt 6.2 "Choice of access points"
Da schleicht sich doch tatsächlich die kasuistische Denkweise des
AACR 21.1B2 nochmal ein, in 6.2.1.1 "Corporate body as creator",
während über "Person as creator" gar nichts gesagt wird.
6.2.1 wäre nur verständlich, wenn hier immer noch über die
Frage der Haupteintragung geredet würde, das ist aber nicht der Fall.
Der ganze Absatz 6.2.1 ist deshalb überflüssig! 6.2.2 reicht aus,
oder man müßte 6.2.1 ausdrücklich anders motivieren, etwa indem man
darauf abhöbe, daß ein "Work" eine eindeutige Benennung brauche, die man
aus Titel und "creator" zu bilden habe. Das könnte ein Hintergedanke
sein, steht aber nirgends.

Sodann ist auch 6.3 sehr fragwürdig, weil 6.3.2.1.1 es völlig
freistellt, für Ansetzungen die eigene statt der Originalsprache
zu wählen. Ferner wird in 6.3.3.1.1.1 dem "commonly known" name
der Vorzug gegeben gegenüber dem offiziellen Namen einer Körperschaft.

Abschnitt 6.3 beginnt so:
"The authorized access point for the name of an entity should be
recorded in an authority record ..."
Entities sind aber auch Work, Expression, Manifestation und Item! Soll
jede davon einen Normsatz erhalten? Beim "Work" würde man sich's
wünschen, wird hier aber nicht gesagt, noch weniger, wie der denn
aussehen sollte. Da steht nur was in
6.3.3.2. Choice of Authorized Access Point for Work and Expression When
          a work has multiple titles, one title should be preferred as
          the basis for the authorized access point for the
          work/expression.
Aha, "one title", aber welcher denn? So etwas wäre den Protagonisten
in Paris wohl kaum passiert.

Es gibt also, wie man sieht, einige gewichtige Punkte, in denen RAK
mit viel mehr Berechtigung "international" genannt werden konnte als
diese "Principles".

Paßt aber gut in die närrische Saison, das Papier ...

B.Eversberg





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