[rak-list] kurzer Artikel zum Full draft / RAK2 durch die Hintertür

Heidrun Wiesenmüller wiesenmueller at hdm-stuttgart.de
Sat Dec 13 13:18:52 CET 2008


Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

für das Mitteilungsblatt des VDB-Regionalverbands Südwest habe ich einen 
kurzen Artikel zum RDA-Gesamtentwurf geschrieben:
http://www.vdb-online.org/landesverbaende/sw/sw-info/suedwest-info-21-2008.pdf
(dort S. 3-5)
Bitte berücksichtigen Sie bei der Lektüre, dass ich nur sehr wenig Platz 
hatte (deshalb fehlt beispielsweise auch ein Hinweis auf die 
Eversberg'sche RDA-Datenbank, obwohl er natürlich nützlich gewesen 
wäre); auch richtet sich der Text vor allem an Nicht-Katalogisierer. 
Deshalb habe ich letztlich nur ein wenig an der Oberfläche gekratzt.

Was die vor kurzem hier geäußerte These "mit RDA können wir RAK2 durch 
die Hintertür erreichen" angeht, so muss man wahrscheinlich 
differenzieren. Bei den Sucheinstiegen sehe ich hier ebenfalls eine 
große Chance, auf den schon in RAK2 vorgesehenen Weg (den ich immer noch 
für absolut sinnvoll halte) zu kommen: Dafür wäre ein Mindeststandard zu 
definieren, der sicher über den RDA-Mindeststandard hinausgehen muss und 
m.E. im wesentlichen den derzeit von RAK vorgesehenen Eintragungen 
entsprechen sollte. Weitere Sucheinstiege sollten aber jederzeit möglich 
sein, wenn sie für sinnvoll gehalten werden. Beispielsweise sollte ein 
Sucheinstieg unter dem hervorgehobenen bzw. erstgenannten Herausgeber 
weiterhin in unseren Anwendungsregeln verpflichtend sein; fakultativ 
könnten jederzeit weitere Herausgeber eingetragen werden (was ja z.T. 
auch jetzt schon gemacht wird). Im Bereich der Ansetzungen ist die Sache 
m.E. deutlich schwieriger. Zwar gibt es auch hier viele Alternativen, 
aber manches ist eben auch absolut festgezurrt - und zwar natürlich im 
Sinne von AACR2 (worauf Frau Pitz ja jüngst auch hingewiesen hat). So 
würde man beispielsweise als RDA-Anwender nach derzeitigem Stand des 
Textes nicht darum herumkommen, Schiffe und Raumschiffe als 
Körperschaften zu betrachten (11.0), was uns wohl allen gegen den Strich 
geht.

Ich glaube schon, dass das JSC ehrlich an Internationalisierung 
interessiert ist - ich glaube aber auch, dass es im Zweifelsfall die 
Kompatibilität zu AACR2 höher gewichten wird (und dies ist ja aus 
angloamerikanischer Sicht auch völlig legitim). Deshalb sollten wir bei 
den Punkten, die nun schon auf die Zeit nach der ersten Ausgabe 
verschoben sind, nicht allzuviele Zugeständnisse an unsere Vorstellungen 
erwarten. Und natürlich muss man Kollegen, die durch jahrzehntelange 
AACR-Anwendung eine gewisse Sichtweise entwickelt haben, auch erst sehr 
mühevoll davon überzeugen, dass man 1) manche Dinge auch anders sehen 
kann und 2) dass diese andere Sichtweise womöglich auch die modernere 
und besser zu handhabende ist. Auch dabei sollte man keine Wunderdinge 
erwarten.

Ohne überheblich wirken zu wollen, muss man aber einfach feststellen, 
dass in einer ganzen Reihe von Punkten unsere Methoden (gerade auch, was 
Datenstrukturen und technische Konventionen angeht) denen der 
angloamerikanischen Welt überlegen sind. Diese sind m.E. ebensowenig 
völlig unabhängig vom Regelwerk, wie es Datenformate sind. Ein wichtiger 
Punkt dabei ist der in den RDA derzeit kaum berücksichtigte Einsatz von 
Normdateien, was in der letzten deutschen Stellungnahme sehr deutlich 
herausgearbeitet worden ist. Das JSC hat darauf geantwortet, dies sei 
bewusst so gemacht, weil man ganz abstrakt bleiben will und niemanden 
auf den Einsatz von Normdateien festlegen möchte: "Please note that RDA 
intentionally does not refer to the bibliographic record or authority 
record, as those constructs reflect only one scenario in which RDA is 
intended to operate." (S. 4 der Antwort vom November 2008). Dies kann 
m.E. aber nicht befriedigen, denn z.T. gibt es eben doch sehr konkrete 
Anweisungen im Entwurf (etwa das Auszählen des Vorkommens von 
Namensformen), die absolut nicht zu einem Normdateien-Szenario passen.

M.E. kann der Umstieg auf ein RDA-orientiertes deutsches Regelwerk nur 
gelingen (dazu gehört auch: breite Akzeptanz finden), wenn wir nicht nur 
alle Spielräume ausnützen, die RDA bieten wird, sondern darüber hinaus 
an manchen Stellen, an denen unsere berechtigten Wünsche nicht 
berücksichtigt worden sind und eine Übernahme einem Rückschritt gleich 
käme, auch ein deutliches "Nein" sagen: "Nein, diese Regel übernehmen 
wir nicht - denn sie ist nicht als eine Verbesserung anzusehen, die 
einen Katalogbruch an dieser Stelle rechtfertigen würde."

Viele Grüße
Heidrun Wiesenmüller


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Prof. Heidrun Wiesenmüller M.A.
Hochschule der Medien
Fakultät Information und Kommunikation
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wiesenmueller at hdm-stuttgart.de



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