Antw: Re: [rak-list] RFK
Armin Stephan
armin.stephan at augustana.de
Wed Mar 31 15:20:21 CEST 2004
Lieber Herr Eversberg,
wie Sie wissen lasse ich mir alles, was Sie zu Fragen der
Katalogisierung sagen, als Wohlgenuss auf der Zunge zergehen.
Heute bin ich zum ersten Mal wirklich irritiert durch Ihre Ansichten. Ich
haette nicht gedacht, eine Grundsatzdebatte anzustossen.
Bei Kartenkatalogen gab es auch schon immer Tendenzen zu
suggerieren, ihre Handhabung sei einfacher als sie in Wirklichkeit war.
"Der ist alphabetisch sortiert," damit meinte man die Benutzung
hinreichend zu beschreiben. Kein Wort von Namensinvertierung,
Umlauten, abgekuerzten Vornamen, Haupteintragungsregeln etc. etc.
Selbstverstaendlich gilt fuer ein Datenbanksystem was auch schon
fuer den Kartenkatalog galt: Je besser man das Instrument kennt,
umso praeziser und effizienter kann man damit arbeiten.
Ihre Argumente erinnern mich an dasjenige, dass Exzerpieren besser
schule als Kopieren. Das ist natuerlich richtig, aber wuerden wir es als
Argument nehmen, um Vereinfachung zu reduzieren? Wohl kaum.
Ganz unbegreiflich ist mir Ihre Einschaetzung, was passiert, wenn
Benutzer Nulltreffer-Ergebnisse bekommen. In unserer Bibliothek ist
eine sehr haeufige Reaktion (fuer exakte Quantifizierungen fehlt mir
leider das technische Instrumentarium) die, dass der Benutzer
weggeht, weil er sich sagt: "Haben Sie nicht." In diesen Faellen waere
irgendein Ergebnis, das er auf Richtigkeit pruefen koennte und wohl
auch wuerde, allemal besser als kein Ergebnis.
(Das umgekehrte Problem, dass ein Zufallsergebnis als abschliessend
gewertet wird, ist natuerlich unbestritten.)
Das Zusammenfuehren von Zusammengehoerigem, das Sie zurecht
als Grundprinzip eines Kataloges festhalten, geschieht meines
Erachtens durch die Ansetzungsarbeit selber, die in der Praxis heute
gluecklicherweise fast immer so aussieht, dass es Normdatensaetze
gibt, an denen verknuepfte Titelsaetze haengen. Findet ein Benutzer
auch nur einen korrekt zugeordneten Titelsatz, sollte er durch
Verlinkung die Moeglichkeit haben, exakt alle Werke dieser Person
aufzurufen.
Man kann dieses Problem meines Erachtens nur bedingt schon in die
Recherche (vor-)verlagern. Auf dieser (Einstiegs-)Ebene sollte
moeglichst noch alles moeglich sein.
Es ist ja nicht selten, dass in Bibliothekssystemen schon die Suche
nach dem Familiennamen allein ergebnislos bleibt, wenn man nicht
trunkiert. Fuer meinen Geschmack ist das eigentlich schon zuviel an
Such-Syntax, was dem Benutzer abverlangt wird. Dass an einem
vollstaendig geschriebenen Namen noch etwas fehlen koennte -
darauf muss man erst einmal kommen. (Trotzdem bemuehe ich mich
bei Schulungen natuerlich darum, das Phaenomen Trunkierung zu
erklaeren und seinen Nutzen plausibel zu machen.)
Die Ueberlegungen bekommen einen gaenzlich falschen
Zungenschlag, wenn man Suchmoeglichkeiten nach Vornamen oder
Familiennamen allein als Zufallsergebnisse qualifiziert.
Das Problem mit doppelten Vornamen haben Sie ja auch bei Indices,
die nur die invertierte Form beinhalten. Sucht ein Benutzer einen
"Mueller, Hans Martin" und kennt den zweiten Vornamen nicht, so
kann er voellig falsche Treffer von einem "Mueller, Hans" erhalten.
Ein idealer Index wuerde fuer mich bei diesem Namen folgende
Eintragungen beinhalten:
- Hans
Hansmartin
-Martin
-Mueller, Hans Martin
Bei letzterem Eintrag setze ich voraus, dass das System in der Lage
waere, auch nur den Familiennamen zu finden. Andernfalls muesste
"Mueller" zusaetzlich als Einzelwort im Index stehen.
Leider kennen die meisten Datenbanksysteme nur die tumbe
Alternative phrasen- oder stichwortindexiert. Etwas Detailanpassung
waere bei der Verarbeitung von Personennamen sehr hilfreich.
Mit herzlichem Gruss
Armin Stephan
Augustana-Hochschule Neuendettelsau
Am 31 Mar 2004 um 14:29 hat Bernhard Eversberg geschrieben:
> On 31 Mar 04, at 12:41, Peter Schönhofen wrote:
>
> > ich kann das von Herrn Stephan Geschriebene nur unterstreichen. Bei
> > OPAC-Einfuehrungen geben mindestens die Haelfte der TeilnehmerInnen
> > spontan Personennamen in der Form <Vorname Nachname> ein. Sie sind
> > das so von Suchmaschinen gewohnt und empfinden die Eingabe in
> > invertierter Form als umstaendlich, nicht nachvollziehbar und
> > altbacken. Und ich kann Ihnen das nicht veruebeln.
> Das bedeutet nicht, dass man's ihnen auf Biegen und Brechen recht
> machen sollte. Wir sollten nicht zuvorkommend vorgeben, alles waere
> ganz einfach und der Nutzer muesse gar nicht mitdenken, sondern
> bewusst machen, dass es sich lohnt, etwas besser Bescheid zu wissen.
> Der Katalog HAT nun mal die Aufgabe, zusammenzufuehren was
> zusammengehoert, und nicht Zufallsergebnisse zu liefern, je nachdem,
> wie der Name erfasst wurde. Im Telefonbuch sucht auch keiner nach
> "Vorname Nachname". Wichtig waere, dass bei Nichterfolg einer Eingabe
> der Einblick ins Register kommt, dann wuerde jeder SEHEN, dass er
> falsch eingegeben hat. Es gibt allzuviele Faelle mit zwei Vornamen,
> wobei der zweite dem Nutzer nicht bekannt ist oder wo er aufgeloest
> oder nicht aufgeloest wurde, deshalb ist die Forderung unrealisierbar,
> dass bei Eingabe von "Vorname Nachname" immer korrekt Ergebnisse
> kommen. Gerade bei Personennamen ist der Registereinblick in
> Nachnamensreihenfolge unverzichtbar, wie beim Telefonbuch.
>
> > Ab und zu schaue ich mir die Suchgeschichten unserer OPAC-PCs an.
> > Das ist eine halb ernuechternde, halb amuesante, in jedem Fall aber
> > lehrreiche Sache. Auch dort finde ich oft die Eingabe von
> > Personennamen in nichtinvertierter Form, vor kurzem sogar
> > hintereinander die Namen zweier Personen in einem Feld. Der
> > ALL-Index im PICA-OPAC macht's moeglich, dass man damit sogar
> > fuendig wird, was die Berechtigung von Herrn Stephans Wunsch nach
> > einem diesbezueglichen Standard beweist. Der PER-Index haette
> > natuerlich "versagt".
> >
> Das Null-Treffer-Problem ist eine gute Sache, weil es den Nutzer
> darauf stoesst, dass Nachdenken und Aufpassen sich lohnt. Wenn immer
> irgendwas kommt, wird ihm weniger bewusst, dass moeglicherweise die
> Eingabe doch falsch war, dass es vielleicht noch bessere Dinge gibt.
> Denn es ist auch eine OPAC-Erkenntnis, dass viele sich, wenn denn was
> rauskommt, damit zufrieden geben und keinen weiteren Versuch machen.
> Sicher, wir koennen die Namen wortweise indexieren und dann eine
> implizite UND- Suche machen lassen! Wir koennen und sollten das auch
> in den Indexierungsrichtlinien anregen. Aber das behebt nicht das
> Problem mit den mal so und mal so erfassten bzw. eingegebenen
> Vornamen. D.h. man kriegt Zufallsergebnisse und merkt das gar nicht.
> Das unverzichtbare Minimum, was das Regelwerk wegen der Funktion des
> Zusammenfuehrens vorschreiben muss - alles andere kann es nur
> empfehlen! - ist die Namensindexierung mit "Nachname, Vorname".
>
> B.E.
>
>
> Bernhard Eversberg
> Universitaetsbibliothek, Postf. 3329,
> D-38023 Braunschweig, Germany
> Tel. +49 531 391-5026 , -5011 , FAX -5836
> e-mail B.Eversberg at tu-bs.de
>
>
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