[rak-list] 122 Dollar pro Aufnahme

Charles Croissant croisscr at SLU.EDU
Sun Feb 17 01:00:02 CET 2002


Am 7. Februar, 2002 schrieb Margarate Payer:

>den Umstieg auf ein veraltetes Regelwerk sollte doch wirklich gut ueberlegt werden. 
>In der letzten Ausgabe der LC Cataloging Newsline wurde - wie Sie wahrscheinlich auch >gelesen haben - u.a. ueber die Kosten einer Titelaufnahme geschrieben. So kostet eine >Titelaufnahme einer Monografie durchschnittlich 122.60 Dollar. Leider kenne ich keine
>neuere Berechnung, was eine Titelaufnahme bei uns kostet (so etwa 1986 gab es im SWB mal >eine interne Berechnung, wo eine neu anzufertigende Aufnahme mit allen >Telekommunikationskosten aber ohne Sacherschliessung auf 35 DM kam). 
>Bei meinen Praktika in Katalogabteilungen in den USA konnte ich an vielen Stellen >(Stanford, Berkeley, usw.) feststellen, dass die Originalkatalogisierung nach AACR2 enorm >aufwendig war. Ein Originalkatalogisierer musste damals im Monat 50 Aufnahmen
>erstellen allerdings einschliesslich Sacherschliessung. Der Kollege in Berkeley war stolz, >dass er aber 120 Aufnahmen im Monat schafft.

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

ich möchte zur Vorsicht raten, wenn es um Kostenvergleiche zwischen
LC-Katalogisaten und deutschen Katalogisaten geht. Ich weiss natürlich
nicht genau, wie die Kosten für ein deutsches Katalogisat berechnet
werden, kann Ihnen aber ziemlich genau berichten, was zu den Kosten
eines LC-Katalogisats gehört.

Frau Payer hat schon sehr richtig darauf hingewiesen, dass in diesem
Betrag von 122.60 Dollar die Sacherschliessung inbegriffen ist. Aber es
kommt noch mehr dazu: ein LC-Katalogiserer muss für jedes Katalogisat
eine LC-Classification-Nummer formulieren. Die LC Classification
Schedules kann man sich m.E. als eine Art systematischen Katalog denken.
Der Katalogisierer muss also entscheiden, an welcher Stelle in diesem
systematischen Katalog das Werk untergebracht werden soll. In der Natur
der Dinge gibt es meistens mehrere Stellen, an denen das Werk
untergebracht werden könnte, und der Katalogisierer muss sich für eine
dieser Stellen entscheiden. Zusätzlich wird für jedes LC-Katalogisat ein
Dewey Decimal Nummer vergeben (da LC-Titelaufnahmen auch an Bibliotheken
verteilt werden, die Dewey statt LC Classification benutzen)-- dieses
geschieht meistens in einer besonders hierfür eingerichteten Abteilung,
aber die Kosten dafür sind in den genannten 122.60 Dollar drin. Dann
kommt noch die "Authority work"-- jedesmal, wenn ein LC-Katalogisierer
für sein Katalogisat eine Ansetzungsform benötigt, die noch nicht in der
National Authority File vorhanden ist, muss er den Normdatensatz für
diese Ansetzung (Personname, Körperschaftsname, auch Schlagwort)
erstellen und dafür sorgen, dass dieser Datensatz in die National
Authority File eingegeben wird. Somit wird hoffentlich verständlicher,
wie man auf einen Betrag von 122.60 Dollar im Durchschnitt pro
Katalogisat kommt.

Dass die Library of Congress diese Kosten auf sich nimmt, bedeutet im
Endeffekt eine sehr grosszügige Subvention der US-Regierung für alle
Bibliotheken, die Abnehmer von LC-Katalogisaten sind. Meine
amerikanischen Kollegen und ich wissen nicht, wie wir ohne
LC-Katalogisate auskommen würden, und sind entsprechend dankbar für
diese grossartige Leistung der LC.

mfG,
Charles Croissant
-- 
Charles R. Croissant
Catalog Librarian
Pius XII Memorial Library
Saint Louis University
St. Louis, MO  63108
(314) 977-3098
croisscr at slu.edu




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