[rak-list] 122 Dollar pro Aufnahme

Margarete Payer payer at HBI-STUTTGART.DE
Thu Feb 7 14:20:00 CET 2002


Lieber Herr Franzmeier, liebe Liste,

den Umstieg auf ein veraltetes Regelwerk sollte doch wirklich gut ueberlegt werden. 
In der letzten Ausgabe der LC Cataloging Newsline wurde - wie Sie wahrscheinlich auch gelesen haben - u.a. ueber die Kosten einer Titelaufnahme geschrieben. So kostet eine Titelaufnahme einer Monografie durchschnittlich 122.60 Dollar. Leider kenne ich keine neuere Berechnung, was eine Titelaufnahme bei uns kostet (so etwa 1986 gab es im SWB mal eine interne Berechnung, wo eine neu anzufertigende Aufnahme mit allen Telekommunikationskosten aber ohne Sacherschliessung auf 35 DM kam). 
Bei meinen Praktika in Katalogabteilungen in den USA konnte ich an vielen Stellen (Stanford, Berkeley, usw.) feststellen, dass die Originalkatalogisierung nach AACR2 enorm aufwendig war. Ein Originalkatalogisierer musste damals im Monat 50 Aufnahmen erstellen allerdings einschliesslich Sacherschliessung. Der Kollege in Berkeley war stolz, dass er aber 120 Aufnahmen im Monat schafft.
Der Geldgewinn, den man sich wohl in Deutschland erhofft, beruht doch wohl auf Copy cataloging aus den USA bzw. Grossbritannien. Nach den mir bekannten Statistiken sieht das aber fuer deutsche Bibliotheken sehr unterschiedlich aus. Zumindest die SSG-Bibliotheken muessen immer noch sehr viel Original cataloging machen. Gibt es dazu neuere Untersuchungen? (Den erwaehnten Artikel von Naumann konnte ich noch nicht einsehen, da das Januarheft des Bibliotheksdiensts mich noch nicht erreicht hat.)
Schoene Gruesse aus Bolivien
Margarete Payer
  ----- Original Message ----- 
  From: Franz2x at aol.com 
  To: rak-list at ddb.de 
  Sent: Wednesday, February 06, 2002 4:02 AM
  Subject: [rak-list] Gedenktag


  Hallo RAK-Interessierte, 

  genau heute vor zwei Monaten, am 6. Dezember 2001, wurde in Frankfürt am Main mehrheitlich der folgende, inzwischen auch im offiziellen Protokoll der Sitzung nachlesbare Beschluß gefaßt: 'Der Standardisierungsausschuß strebt grundsätzlich einen Umstieg von den deutschen Regelwerken auf internationale Regelwerke und Formate (AACR und MARC) an. ... Die Weiterentwicklung der RAK sollte in diesem Zusammenhang ... spätestens zum Jahresende 2003 eingestellt werden.' 

  Ursprünglich sollte der Umstieg wohl definitiv und zu einem festen Termin beschlossen werden. Dies ließ sich in der Sitzung aber nicht durchziehen, so daß es zu der Kompromiß-Formulierung kam, man 'strebe grundsätzlich' einen solchen Umstieg an. Ein wohlmeinender Kollege versuchte mich kurz danach mit der Bemerkung zu trösten, es sei ja noch längst nicht alles definitiv, denn was bedeute schon 'anstreben'; er strebe auch schon seit Jahren grundsätzlich einen großen Lottogewinn an, bisher ohne Erfolg. Aber Spaß beiseite. Man sollte sich nichts vormachen: Zusammen mit dem Beschluß, die Regelwerksarbeit auf jeden Fall schon mal einzustellen und eine 'Studie' zu erarbeiten, die entgegen früheren Absichten nun auch nicht mehr 'Machbarkeitsstudie' genannt wird, sondern in der nur noch das Wie des Umstiegs geklärt werden soll, ist der Umstieg letztlich beschlossene Sache. Es sei denn, es sei denn ... es regt sich doch noch Widerspruch, der Widerspruch verstärkt sich, die Gegner machen mobil, neue (oder auch alte, aber nie wiederlegte) Argumente schieben sich in den Vordergrund usw. usw. 

  Aber wird dies passieren? Bisher herrscht eher Schweigen im Lande. Aus Einsicht in das Notwendige? Aus Bereitschaft zu akzeptieren, daß 'die da oben' es schon wissen werden ? Und weil es ja 'demokratisch' von einer Mehrheit beschlossen worden ist? Oder aus Resignation, weil 'man' ja doch nichts ausrichten kann? Oder aus loyaler Zurückhaltung, weil der eigene Chef / die Chefin für den Umstieg gestimmt hat? Man weiß es nicht, eben wegen des Schweigens. 

  Die eine oder die andere Ausnahme gibt es allerdings. Nachdem der Verfasser dieses Beitrags schon im November in dieser Liste allerlei Bedenken vorgetragen hatte (der aber 'gut reden' hat, weil nicht mehr im Dienst) und auch von F. Geißelmann einiges Kritisches zu lesen war, sei an dieser Stelle besonders auf den neueren Beitrag von U. Naumann im Januarheft des 'Bibliotheksdienst' hingewiesen. Weiteres wird - hoffentlich - zu hören und zu lesen sein. Der denkwürdigeTag ist ja schließlich 'erst' zwei Monate her. 

  Denkwürdig ist der Tag nicht nur wegen des Beschlusses, mit einem riesigen Aufwand und unter Inkaufnahme von allerlei Verlusten und dauerhaften Inkompatibilitäten bei den Altdaten - behaupte ich - von einem antiquierten Regelwerk auf ein noch antiquierteres umzusteigen; denkwürdig ist er auch wegen des seinerzeit von mir schon beschriebenen Umstandes, daß die Protagonisten des Umstiegs, das durch das wegfallende DBI, das  weggefallene Steuerungsgremium für Normdateien und andere Lücken entstandene Vakuum geschickt nutzend, sich das neue Gremium 'Standardisierungsauschuß'  selber offenbar vornehmlich zu dem Zweck geschmiedet haben, endlich jede eigenständige Standardisierung im deutschen Bibliothekswesen unterbinden zu können. Fast möchte man sagen: Ein gelungener bibliothekspolitischer Coup, alle Achtung; so etwas gibt es selten! 

  Übrigens: Es würde mich einmal interessieren, was unsere österreichischen Freunde eigentlich davon halten; nachdem sie so lange und zuletzt bei der Schaffung ihres nationalen Verbundsystems vertrauensvoll auf die RAK/MAB-Karte gesetzt haben. 

  Mit freundlichem Gruß 

  G. Franzmeier 
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