Antw: AW: [rak-list] RDA-Anwendungsregeln

Heidrun Wiesenmüller wiesenmueller at hdm-stuttgart.de
Don Jun 20 09:24:02 CEST 2013


Lieber Herr Stephan,

kann ich gerne machen, aber es wird Sie vermutlich sehr enttäuschen, 
weil es wirklich nur um die Ansetzung der biblischen Bücher geht. Das 
Proposal des SWB hat also nicht den Anspruch, alle Probleme bei 
religiösen Werken zu lösen.

Das Thema religiöse Werke ist in der AG RDA auch noch gar nicht 
behandelt worden (es steht auf der Tagesordnung für die nächste Sitzung, 
bei der u.a. Kapitel 6 besprochen werden wird). Aber nachdem die besagte 
Problematik eindeutig und klar ersichtlich war, war es uns wichtig, 
schon für die aktuelle Proposalrunde 2013 einen Änderungsantrag 
einzubringen.

Konkret vorgeschlagen haben wir die folgende Änderung von 6.23.2.9.2, 
erster Absatz:

Bisher:
"For books of the Catholic or Protestant canon, record the brief 
citation form of the Authorized Version as a subdivision of the 
preferred title for the Bible."

Künftig:
"For books of the Catholic or Protestant canon, record the brief 
citation form according to common usage in a language and script 
preferred by the agency creating the data as a subdivision of the 
preferred title for the Bible. If the preferred language of the agency 
creating the data is English, use the brief citation form of the 
Authorized Version."

Man muss bei einem Proposal immer auch eine Begründung ("background") 
angeben; hier haben wir geschrieben:
"When recording the preferred title for books of the Bible, RDA 
6.23.2.9.2 calls for using the brief citation form of the Authorized 
Version (King James Version), i.e. giving the title in English. This 
instruction is clearly Anglocentric and not in line with RDA's claim of 
"being designed for use in an international context" (RDA 0.11.1). 
Cataloguing agencies outside the English-speaking world must be allowed 
to record titles for books of the Bible according to common usage in 
their preferred language. Therefore, the instruction needs to be 
reworded. If it is felt necessary to point out that English-speaking 
agencies should use the Authorized Version, this could be done by means 
of an additional sentence (as shown below) or, alternatively, by means 
of a note."

Die bewusst offene Formulierung "according to common usage" in der Regel 
würde uns dann genügend Raum lassen, um in einer Anwendungsregel zu 
klären, was für die Titel biblischer Bücher im deutschsprachigen Raum 
zugrunde gelegt werden soll (z.B. Loccumer Richtlinien).

Was mit der von Ihnen angesprochenen damaligen Stellungnahme beim JSC 
passiert ist, weiß ich leider nicht. Aber es spricht ja nichts dagegen, 
dass die kirchlichen Bibliotheken ihre damaligen Einwände ein zweites 
Mal einbringen - diesmal auf dem Weg eines oder mehrerer konkreter 
Proposals. Bei einem Proposal ist garantiert, dass dieser auch wirklich 
behandelt wird. Das wird allerdings dann wohl erst für die Proposalrunde 
2014 möglich sein, denn die Deadline zur Einreichung von deutschen 
Proposals bei Frau Frodl für die 2013er-Runde war bereits vor ein paar 
Tagen.

Die starke Register-Lastigkeit der RDA, die auf uns etwas altertümlich 
wirkt, finde auch ich sehr auffällig. Dazu muss man vielleicht wissen, 
dass ein Browsing über Register in angloamerikanischen Katalogen eine 
deutlich größere Rolle spielt als bei uns. Das hat natürlich auch etwas 
mit dem Datenmodell zu tun, z.B. finden Sie bei einer Stichwortsuche in 
einem amerikanischen Katalog in der Regel keine Verweisungsformen 
(anders als bei einer Suche im Phrasenindex).

Viele Grüße
Heidrun Wiesenmüller


Am 20.06.2013 08:46, schrieb Armin Stephan:
> Liebe Frau Wiesenmüller,
>
> könnten Sie das Proposal mal rundmailen?
>
> Die Sprache ist ja nur eines der Probleme bei der Ansetzung der 
> biblischen Werke.
>
> Das Kernproblem ist, dass die RDA die AACR-Konventionen weiterführen, 
> die noch aus Zeiten des Kartenkataloges stammen und von den RAK längst 
> (vor 30 Jahren!) abgelöst worden sind.
>
> Zu Zeiten des Kartenkataloges war es nicht unüblich, für manche Dinge 
> im Katalog "Nester" zu bilden. Das empfahl sich vor allem für Dinge 
> mit unscharfen oder uneinheitlichen Titelfassungen. Im Dienstkatalog 
> der UB Tübingen gab es beispielsweise solche Nester für Papyri und 
> eben auch für biblische Werke.
>
> Alle Bibelausgaben und Bibelteilausgaben waren unter "Bibel" zu 
> finden, hierarchisch gegliedert nach ihren Teilen in kanonischer 
> Reihenfolge (was das strenge Prinzip der Alphabetisierung durchbrach).
>
> In Online-Katalogen sind diese gestuften Angaben überflüssig und 
> höchst umständlich. Die RAK haben deshalb zurecht diese archaische 
> Tradition aufgegeben.
>
> Die Sache mit der Ansetzung biblischer Werke ist über das spezifische 
> Problem hinaus ein Musterbeispiel dafür, dass mit den RDA - allen 
> Sonntagsreden über ein total neues Regelwerk zum Trotz - uralte 
> AACR-Konventionen transportiert und nun auch noch in die ganze Welt 
> verstreut werden.
>
> Übrigens haben wir von Seiten der kirchlichen Bibliotheken das Thema 
> schon bei der ersten Revisionswelle der RDA aufgegriffen und eine 
> entsprechende Eingabe an die DB geschickt, die meines Wissens auch an 
> das JSC weitergeleitet worden ist. Unglücklicher Weise gehörte diese 
> Eingabe wohl zu den 700 von 1100 Eingaben, die damals aus 
> Kapazitätsgründen nicht bearbeitet worden sind.
>
>
> Am 19.06.2013 20:27, schrieb Heidrun Wiesenmüller:
>> Lieber Herr Witte,
>> liebe Kolleginnen und Kollegen,
>>
>>
>>> Wirklich interessant die Anfrage an die rda-Liste von Prof. 
>>> Wiesenmueller:
>>>
>>> <http://www.mail-archive.com/rda-l@listserv.lac-bac.gc.ca/msg09653.html> 
>>>
>>>
>>
>> Dazu kurz ergänzend die Info, dass der SWB ein Proposal zu 6.23.2.9.2 
>> ausgearbeitet hat. Darin wird eine Änderung vorgeschlagen, derzufolge 
>> biblische Bücher gemäß dem üblichen Gebrauch in der Sprache der 
>> Katalogisierungsagentur angesetzt werden sollen und nicht mehr nach 
>> der Authorized Version (d.h. der englischen King-James-Bibel).
>>
>> Dieses Proposal muss nun zunächst den Weg über die AfS und die EG 
>> Formalerschließung nehmen, ehe es beim JSC eingereicht werden kann 
>> (über den komplexen Proposal-Prozess hat Frau Frodl ja informiert). 
>> Ich bin guten Mutes, dass das Proposal dann auch durchgehen wird. 
>> Denn es wäre ja schon etwas absurd, wenn wir die biblischen Bücher - 
>> trotz Arbeitssprache Deutsch - künftig auf Englisch ansetzen müssten. 
>> Obwohl: Lustig wäre es ja schon, wenn auf diesem Wege die "Mark" 
>> wieder eingeführt würde (für das Markus-Evangelium) ;-)
>>
>> Viele Grüße
>> Heidrun Wiesenmüller
>>
>>
>
> -- 
>
> Mit freundlichen Gruessen
> Armin Stephan
> Jefe de Biblioteca
> Augustana-Hochschule / Bibliothek
> D-91564 Neuendettelsau
> Tel. 09874/509-300
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