[rak-list] Fragen im Zusammenahng mit MAB 451

Thomas Berger ThB at Gymel.com
Fri Aug 28 02:32:08 CEST 2009


-----BEGIN PGP SIGNED MESSAGE-----
Hash: SHA1

Liebe Liste,

> vielen Dank fuer Ihre Aufmerksamkeit. Fuer Hinweise und Belehrungen waere
> ich sehr dankbar, weil es mir aber wie Eingangs erwaehnt, gar nicht darum
> geht, eine komplexe RAK-Anwendung einzurichten, sondern nur die Tragfaehigkeit
> von Analogien ausloten will, bitte ich herzlich darum, sich bei eventuellen
> Antworten nicht allzuviel Muehe zu machen, vielleicht laesst sich das meiste
> ja mit "ja" / "nein" oder "Die Frage ist voelliger Unfug" (auch das hilft mir!)
> oder Hinweise auf pragmatischere Verbundregelwerke beantworten.

Die Antwort waer wohl jeweils "Alles geht. Und wenn es nicht geht, wird
es trotzdem gemacht. Und wenn die einen etwas nicht so machen, gibt es
immer andere, die es doch so machen".

Ich kann daher nur noch Anekdotisches beisteuern:

Das dritte Beispiel zu RAK §154,5 legt nahe, dass es sich beim "Handbuch der
Orientalistik" um ein mehrbaendiges Werk handelt. Nachdem nun ca. 60 Jahre
seit Erscheinen des ersten Bands vergangen sind und gerade in den letzten
Jahren viele weitere Baende erschienen sind, kann man es aber genauso
als Schriftenreihe oder Buendel von Schriftenreihen ansehen. Veroeffentlicht
werden ein- und mehrbaendige Monographien, Sammelbaende, Woerterbuecher etc.
(irgendwo habe ich in einer Fussnote gelesen, dass sogar eine Zeitschrift
enthalten ist...)

Die Zaehlungen und Gliederungen des "Handbuchs" kann man einfach nur bizarr
nennen, gluecklicherweise versucht eine Seite der Wikipedia, hier etwas
Aufklaerung zu bieten:
http://de.wikipedia.org/wiki/Handbuch_der_Orientalistik

Andererseits ist die Schriftenreihe nicht besonders kompliziert, es gibt
(typischerweise?) keine Doppelzaehlungen oder simultane Zugehoerigkeiten quer
durch die Hierarchien (und die deutsch-englische Zweisprachigkeit des
Gesamtwerks muss man als Problem nicht ueberbewerten).

Ausserdem gibt es auf vielen Ebenen aussagekraeftige Titel, was Recherchen
sehr erleichtert (und andererseits die Komplexitaet erhoeht?). Ich habe
ueberwiegend Recherchen nach den folgenden fuenf Stuecktiteln unternommen:

"Geschichte des alten Vorderasien" (1957) <1,2,3>
"Tungusologie" (1968) <1,5,3>
"Zoroastrianism under Macedonian and Roman rule" (1991) <1,8,1,2,2[?]a,3>
"The writings of the Muslim peoples of Northeastern Africa" (2003) <1,13,3,A>
"Arguments about Ajanta" (2006) <2,18,2>

[Dieses "Handbuch der Orientalistik" mit seinen recht aussagekraeftigen
Titeln auf fast jeder Stufe und den vielen (ernstzunehmenden) Adhoc-
Untergliederungen und (nicht ernst zu nehmenden) Nummerierungen v.a. auf
tieferen Stufen entspricht meiner Erwartung eines (kleineren) Nachlasses
ziemlich weitgehend, ich bin begeistert!]


Recherchiert habe ich ueberwiegend mit ZACK, ergaenzend auch in den genuinen
Webinterfaces des jeweiligen Verbunds, weil ich hier insbesondere in den Faellen
mit Nicht-MAB-basierenden Internformaten annehmen wollte, dass OPAC-Anzeigen
sorgfaeltiger in Richtung Regelwerk getrimmt werden als die live erfolgenden
MAB-Bereitstellungen ueber Z39.50. Pro Verbund gab es gerade bei den aelteren
Titeln mehrere Aufnahmen zur Auswahl, auch wenn es sich unten vielleicht anders
liest, ich habe nicht nach "Fehlern" gesucht, sondern nach moeglichst
umfangreichen und damit besonders RAK'igen Aufnahmen (zugegebenermassen ist
Umfang nicht unbedingt das beste Kriterium fuer RAK'igkeit, hilft aber, die
uebelsten Erwerbungs- und Retro-Aufnahmen beiseite zu lassen), um zu studieren,
wie die Mehrstufigkeit realisiert ist.

Mir ist bekannt, dass Bibliotheksverbuende moeglicherweise Listen von
Schriftenreihen etc. fuehren, die aus Umarbeitungsvermeidungsgruenden noch
nach den Standards von vor der letzten Format- oder Regelwerksumstellung
katalogisiert werden. Hier gebe ich zu bedenken, dass Monster-Schriftenreihen
selten neu begruendet werden, die meisten Neuerscheinungen aus dem Bereich also
zu "Altbestands-Schriftenreihen" gehoeren und daher u.U. abweichend von den
aktuellen Standards katalogisiert werden. Sobald sich diese Abweichungen aber
als so gravierend erweisen, dass sich die Aufnahmen gegen die unspezifischeren
allgemeinen Standards stellen, ist es fuer Nicht-Mitglieder des jeweiligen
Verbunds ein herzlich irrelevanter Unterschied, ob hier "nicht gekonnt" oder
"nur" "nicht gewollt" wird.


I.

Auf Ebene des Regelwerks laesst sich feststellen, dass in den Faellen mit
drei- oder mehrstufiger Gesamttitelangabe in mehreren Verbuenden die korrekte
Form (im folgenden Beispiel: zwei " : ", nur ein " ; ") gebracht wird:

(Handbuch der Orientalistik : Abt. 1, Der Nahe und der Mittlere Osten : Bd 5,
Altaistik ; 3)

[Die MAB-basierenden Aleph-Verbuende sind hier im Vorteil, weil das
entsprechende Feld von Katalogisierern so einzugeben ist]

Es gibt - wegen der hochspezifischen sachlichen Benennungen - aber auch
"verteilte Loesungen" mit mehreren Gesamttitelangaben:


Titel	 	¬A¬ history of Zoroastrianism. Zoroastrianism under Macedonian
		and Roman rule / 3
Verfasser 	Boyce, Mary
Jahr 		1991
Impressum 	1991.
Beschreibung 	XIV, 596 S. : Kt.
Serie 		Handbuch ... ; 8,1,2,2,3
		Religion ; 1,2,2,3
		Religionsgeschichte ... ; 2,2,3

Im Beispiel aber das Problem, dass wegen Behandlung der Abteilung als Unterreihe
einer Schriftenreihe das "Handbuch ..." in Wirklichkeit die Abteilung
[Handbuch ... / 1] ist und daher in der Anzeige die oberste Zaehlungsstufe
"1" ausgelassen ist.

Nach RAK und zumindest MAB sollte ausserdem vom Feinen zum Groben vorgegangen
werden, nicht umgekehrt.

Das vorige Beispiel ist uebrigens eines, das fuer die unterste Ebene mit
"Bandauffuehrungen" operiert und fuer die Baende einen zweigliedrigen
Titel (nach RAK: "¬A¬ history of Zoroastrianism. 3, Zoroastrianism under
Macedonian and Roman rule") formuliert, also doch einen Stuecktitel.

Oft geht die Tendenz aber zur Situation "MBW in Schriftenreihe", d.h.
eine Loesung mittels "Bandauffuehrungen" und einer einzigen Gesamttitelangabe,
die Unterschiede im Anfuehren von Abteilungstiteln sind dabei gross.



II.

Auf Ebene von MAB habe ich bei gestuften 451ern Verknuepfungen zu fast
jeder denkbaren Zaehlungsebene in MAB 453 beobachtet. Ansetzungstitel
stellenweise in 451 (statt 454), dabei dann Verzicht auf den Vorlagetitel.
Hauefig ist nur 45x verknuepft oder die Verknuepfung entspricht nicht dem
Eintrag in 451/454 (moeglicherweise nutzen die Verbuende untereinander
aber bessere MAB-Konverter als fuer die z39.50-Schnittstelle).

Zaehlung in Vorlageform und Zaehlung normiert (455 und 456, aber auch 089
und 090) betreffen oft unterschiedliche Hierarchiestufen (das hat mich
tatsaechlich noch ueberraschen koennen).

Auf MAB-Indikatoren wird meist verzichtet, wenn sie benutzt werden, geschieht
dies nicht unbedingt korrekt.


III.

In den konkreten Katalogen ist alles anhand des Sachtitels findbar gewesen.

Es ist aber in der Regel unmoeglich, sich einen Ueberblick zu verschaffen.
Gesamttitel sind oft nicht als Link ausgelegt, zusaetzliche Buttons
"Ueberordnung" brechen ab, als Link ausgelegte Gesamttitel oder Teile davon
bringen "Kein Ergebnis", Verlinkungen auf "zugehoerige Stuecke/Baende" liefern
unabhaengig von der Ebene stets die vielen Hundert Stuecke zum Gesamttitel.

Die Kataloge, die immerhin einen Sprung in die Indexliste zum Gesamttitel
anbieten, kranken daran, dass hier die "Vorlageform" 451 indexiert zu sein
scheint, selbst wenn es normierte Zaehlungen gibt, so entsteht eine unbekannte
Zahl von Teilalphabeten a la
... 1. Abteilung
...
... Abt. 1
(ich sehe natuerlich das Dilemma, dass die Normierung nur die Zaehlung
betrifft, die Gesamttitel-Indizes aber dadurch ein wirkliches nuetzliches
Hilfsmittel werden, dass sie auch die Titel der jeweiligen Stufen zeigen)

"Bandauffuehrungen" werden anlaesslich der Hauptaufnahme nirgendwo gezeigt,
sind aber von dort aus meist korrekter oder weniger umstaendlich selektierbar
als Stuecktitel, wobei die Darstellung ueblicherweise nicht in Reihenfolge der
Baende erfolgt (und vom Benutzer auch nicht beeinflussbar ist).

Die BL als Kontrolle bringt auch keine perfekte Anzeige des mehrgliedrigen
Gesamttitels und bei der LoC ist es undurchsichtig (in Bezug auf die
Zaehlungen), man ist also nicht in schlechtester Gesellschaft.


Festzuhalten bleibt, dass insbesondere der MAB-Realisierung der konkreten
Aufnahmen ein starker Geschmack von Beliebigkeit anhaftet, und alle
Rechercheoberflaechen sind gelinde gesagt in dieser Situation unvorteilhaft,
ohne dass die Verbundsysteme, die sich echte Verletzungen von RAK und/oder MAB
leisten, dies durch vergleichsweise bessere Funktionalitaet rechtfertigen
wuerden. Eine gewisse Tendenz zur Einheitlichkeit laesst sich nur in
MAB 451 (definiert als reine Textkategorie, in PICA-Systemen aber
synthetisiert) feststellen. Der Nutzen der Wikipedia-Seite und mit
Einschraenkung auch der gefundenen Gesamttitelindizes zeigt aber, dass
man auf die kleinschrittige Hierarchienavigation, die Bildung von
Ansetzungstiteln und die scheinbar ausdifferenzierte RAK-Interpunktion
gerne verzichten kann, sofern man nur eine gescheite Darstellung des
Gesamtzusammenhangs bekommen koennte. Und die recht primitiven 490
bwz. 830 von MARC21 stehen da m.E. auch nicht viel schlechter da als MAB.

Weder MAB noch MARC trennen allerdings in der "Vorlageform" der Gesamt-
titelangabe die Stufen durch Markup im Datenformat, obwohl das eine
guenstige Moeglichkeit gaebe, dem Benutzer Verlinkungen anzubieten (der leichte
Vorteil von RAK-basierenden Daten gegen AACR oder ISBD ist die deutlichere
Interpunktion, die diese Trennung ableitbar macht). PICA-Formate unternehmen
diese Trennung (ueber 4151 u.ae.), und der GBV versucht sich in seinem
Verbundkatalog sogar an differenzierten Links aus /einer/ Gesamttitelangabe
heraus, und scheitert...

Fazit also: Komplexe Regelungen in RAK, komplexere und darueber hinaus
erstaunlich ungeregelte "Umsetzung" im offiziellen MAB, Adaption auf Online-
Umgebungen hat nie stattgefunden, dazu dann in jedem Bibliotheksverbund (vgl.
eine der vorigen Mails) eine individuelle Loesung im jeweiligen Internformat
(Verbundregelwerke eher einheitlich), keine ueberzeugenden Loesungen in den
Online-Verbundkatalogen. Da kann man sich auf ein semistrukturiertes Zeichengrab
wie die Contents Note MARC 505 eigentlich nur noch freuen, weil sie immerhin die
Gesamttitelaufnahme wieder mit den vom Zettelkatalog bekannten Bandnachtraegen
ausstattet.

viele Gruesse
Thomas Berger
-----BEGIN PGP SIGNATURE-----
Version: GnuPG v1.2.3-nr1 (Windows XP)
Comment: Using GnuPG with Mozilla - http://enigmail.mozdev.org/

iQCVAwUBSpcliGITJZieluOzAQKECgP/Xii99gctMmU27TTIIpTFabvt0c5rUB9C
6Fo5OUElN85CZqxUggUwDVT0pAaVPEscKRtgl44xzNBkKkcqbsM/Uvqloou6T+AE
/ZKbOk/qmfEY7ybE7/v2vyPmNlKrawD7V9BzbnoNIWmXcSNEM+pguA04wAuMwLRB
GG1cZ9sDz6g=
=0UwC
-----END PGP SIGNATURE-----


More information about the rak-list mailing list