[rak-list] Fragen im Zusammenahng mit MAB 451

Thomas Berger ThB at Gymel.com
Mon Aug 17 17:13:52 CEST 2009


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Liebe Liste,

[ich weiss, dass das hier die RAK-Liste ist]

Nach meinem Eindruck ist manchmal eine tragfaehige Interpretation der
geschriebenen RAK noetig, um MAB in den Faellen, die die dort dokumentierten
Beispiele an Komplexitaet uebersteigen, noch halbwegs korrekt anwenden zu
koennen. Ich moechte Ihnen daher im folgenden Absatz den Hintergrund zu meiner
Frage darlegen, vielleicht wollen Sie dann ja noch weiterlesen...

Der Bereich "Nachlaesse und Autographen" umfasst Archivalien, die im
deutschsprachigen Raum oft "bibliotheksnah" organisiert sind, nicht zuletzt,
weil die Handschriftenabteilungen der grossen wissenschaftlichen Bibiotheken
historisch praedominant sind. Eine eigene RAK-Adaption ("RAK fuer Werkzeugen"
von Christoph Koenig) wurde zwar zugunsten eines eigenen, schlanken "Content
Standard" (RNA: Regeln fuer Nachlaesse und Autographen) nicht weiterverfolgt, es
wird aber (derzeit noch) auf MAB2 als Austauschformat fuer in diesem Kontext
entstehene Daten abgezielt. Da es sich aber um "echte" Archivalien handelt, ist
der Kontext jedes einzelnen Stuecks (dieser Brief gehoert zum Nachlass XY) bei
der Verzeichnung (i.e. Katalogisierung) etwas ungeheuer wichtiges.

Uebertragen auf die RAK ist meine These zunaechst, dass ein Bestand am
ehesten einem (mehrbaendigen) begrenzten Sammelwerk entspricht: Spaetestens
beim Erschliessen im Archiv selbst werden die Materialien in eine differenzierte
hierarchische Struktur gebracht, i.d.R. kommt auch spaeter nichts hinzu (gerade
aus archivarischer Sicht waeren spaetere "Anreicherungen" sehr problematisch).
Typisch fuer Nachlaesse ist ein gewisser Anteil von Korrespondenzen, man hat es
also - zumindest in einigen Bereichen - mit einer Vielheit von Urhebern zu tun
(RAK §627,4a ist mir bekannt, ein Nachlass ist aber etwas anderes als eine
"Ausgabe"). Die verschiedenen Stufen der Bestandsgliederung oberhalb der konkret
katalogisierten Manuskripte, Konvolute, Einzelautographen waeren demnach in der
RAK-Sprache "Abteilungen".

Archivalien haben nun durchaus eigene "Titel" (die sind nur haeufiger "gebildet"
als im Bereich der Katalogisierung von Drucken), insofern liegt es nahe, einen
Bestand nicht als Gesamtaufnahme plus (ggfls. tausende) "Bandauffuehrungen"
abzubilden, sondern analog RAK §110,1 die Stuecktitelaufnahme in den Vordergrund
zu stellen. Es gibt zwar Faelle von "Bestand im Bestand" (Sammlungen, Nachlaesse
dritter), man wird aber in der Regel den in RAK §110,4 bzw. §111,6 bestimmten
Fall "eigener Titel" nicht ueberstrapazieren, d.h. versuchen, im Stueck
moeglichst mit *einer* Gesamttitelangabe die Einordnung zu klaeren.

Meine erste Frage betrifft nun den Gebrauch des Worts "Gesamttitel":
So wie "Gesamtwerk" und "Gesamttitel" (als Titel des Gesamtwerks) in RAK §32ff
eingefuehrt werden, bildet nicht jede Abteilung ein eigenes, neues Gesamtwerk.
Dementsprechend ist §154,1 ("wird die Angabe von Gesamttiteln, gegebenenfalls
einschliesslich der Bandangabe fuer das vorliegende Stueck") unter dem Vorbehalt
zu verstehen, dass die in Absatz 4-6 geregelten Angaben zu Unterreihen und
aehnlichem hier ebenfalls noch eingeschlossen sind, also Bestandteil der
Gesamtitel*angabe*, aber nicht des Gesamttitels?

Zweite Frage: Die RAK betonen stark den Fall gezaehlter Stuecke, koennte man
aber §154ff auch wie folgt ausdruecken (was vielleicht die durch die RAK
realisierte Auslegung der ISBD etwas klarer macht):
a) Zunaechst werden alle hierarchischen Komponenten abgebildet, jeweils getrennt
   durch " : ".
b) Hat eine solche Komponente eine Zaehlung in Bezug auf die ihr unmittelbar
   uebergeordnete Komponente, so wird diese vorangestellt, mit ", " folgt dann
   die sachliche Benennung (bzw. ihr Titel)
c) besitzt das Stueck, zu dem gerade eine Gesamttitelangabe konstruiert wird,
   eine eigene Zaehlung in Bezug auf die jeweilige Komponente, so wird diese
   Zaehlung mit " ; " an die Komponente angehaengt

Dritte Frage: Einer Gesamttitelangabe in der Aufnahme eines Stuecktitels kann
ich ja nicht wirklich ansehen, ob es sich um ein Stueck aus einem mehrbaendig
begrenzten oder einem fortlaufenden Sammelwerk handelt. RAK §111 legt nun
fest (ich weiss nicht, wie wasserdicht), dass es im "begrenzten" Fall eine
Einheitsaufnahme zur groebstmoeglichen Ueberordnung gibt, und im "fortlaufenden"
Fall eine zur feinstmoeglichen (gezaehlten). Es gibt im Stueck auch keine
NE-Formulierung, die mir zeigt, was nun der Abschnitt der Gesamttitelangabe
sein koennte, zu dem es eine Einheitsaufnahme gibt?

Vierte Frage (evtl. Off-topic): In MAB gibt es die Moeglichkeit, pro
Gesamttitelangabe maximal eine Verknuepfung mit dem "Datensatz fuer den
Gesamttitel" herzustellen. Das ist (vgl. meine erste Frage) dann u.U.
der Datensatz, der die nach RAK §110 und §111 bestimmte Einheitsaufnahme
realisiert? Ist *dessen* Ansetzung dann in MAB 454 vermerkt (was ja im
Fall RAK §111,3 eines Stuecks aus einer gezaehlten Reihe mit ungezaehlter
Unterreihe eine andere Entitaet darstellen wuerde als die in der
Gesamtitelangabe notierte)? Was stuende in diesem Fall als "Bandangabe"
in MAB 455, nur die Bandzaehlung nach RAK (welche eigentlich im Fall
von Doppelzaehlungen) oder die "Differenz" aus MAB 451 und MAB 454?

Fuenfte Frage: Bei einem mehrbaendigen begrenzten Werk mit Abteilungen ohne
eigene Titel und Stuecken mit Titeln: Gibt es (nach RAK und/oder MAB) ueberhaupt
eine Moeglichkeit, eine Aufnahme fuer die Abteilungen "in den Katalog" zu
bekommen (gerade im Fall von Nachlaessen und Autographen gibt es hier u.U.
durchaus interessante Angaben zu Entstehungszeitraum, Ueberlieferung, Inhalt,
auch wenn die Abteilung "nur" eine sachliche Benennung hat und nicht durch
unangemessen phantasievolle Titelvergabe zu einem eigenen Gesamtwerk frisiert
wird)?
Nach meinem Verstaendnis schliessen §110,2 und 3 i.d.R. eine eigene Aufnahme
fuer die Abteilung aus, zudem bekraeftigt §111,4 dies durch "[d]ie Abteilungen
werden in der Bandauffuehrung angegeben". Datentechnisch kann ich das in MAB
evtl. mit den (im Aussterben begriffenen) y-Saetzen hinbekommen, denen kann ich
aber keine Gesamttitelangabe spendieren (evtl. ist das aber nur ein Erratum in
der MAB-Dokumentation). Dieser Weg hilft mir auch nur bei den
"Bandauffuehrungen" unter dem Gesamttitel und erzwingt m.E., die Stuecke in MAB
als "Untersatz" abzubilden, die ja - zumindest tendenziell - nicht dazu da sind,
die Stuecktitel-Situation abzubilden, fuer die ich mich in Anwendung von §110,1
entschieden habe.

Die letzte Frage etwas umformuliert, vgl. auch die dritte Frage: Die RAK geben
sich so bewusst Muehe, stets maximal eine einzige Ueberordnung im Katalog
abzubilden, dass es legitim ist, wenn in MAB nur eine Verknuepfung vorgesehen
ist? Oder wurde hier in MAB eine (zumindest theoretisch) nicht ganz saubere
Abkuerzung genommen?

vielen Dank fuer Ihre Aufmerksamkeit. Fuer Hinweise und Belehrungen waere
ich sehr dankbar, weil es mir aber wie Eingangs erwaehnt, gar nicht darum
geht, eine komplexe RAK-Anwendung einzurichten, sondern nur die Tragfaehigkeit
von Analogien ausloten will, bitte ich herzlich darum, sich bei eventuellen
Antworten nicht allzuviel Muehe zu machen, vielleicht laesst sich das meiste
ja mit "ja" / "nein" oder "Die Frage ist voelliger Unfug" (auch das hilft mir!)
oder Hinweise auf pragmatischere Verbundregelwerke beantworten.

Thomas Berger
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