[rak-list] Deutsche Sprache - schwere Sprache

Bernhard Eversberg ev at biblio.tu-bs.de
Tue May 20 08:36:53 CEST 2008


Maximilian Lowisch schrieb:
> 
> Ihre Aussagen, waren vorhersehbar, handelte es sich doch um das altbekannte Globalisierungssprech, welches mittlerweile ja für jegliche Nutzung des Englischen, an überflüssigen Stellen, in Gebrauch ist und hinter dem sich Anglizismenwerfer und dergleichen eine recht ansehnliche Festung aufgebaut haben. 
Ich fürchte, Sie haben ein wenig oberflächlich gelesen.

> Herr Heine bemerkte schon sehr richtig, dass Deutschland mit seiner Selbstaufgabe der Muttersprache einmal mehr eine Sonderstellung bezieht. 
> Niemand auf der Welt möchte einen in Deutsch erhören?
In vielen Bereichen kommt man ohne Pragmatismus zu nichts.
Die Welt kommt nicht auf uns zu! Wo es nicht anders geht als mit
schlechtem Englisch, was bleibt denn da noch? Die Chance immerhin,
daß das Englisch allmählich besser wird. Mit ein wenig Aus- und Fort-
bildung, mit Lektüre und Kommunikation (werden Sie Mitglied bei
AUTOCAT!) leichter als ohne.

Wie gut Sie auch Englisch sprechen, einem Muttersprachler werden auch 
Sie nie das Wasser reichen können.
Umgekehrt auch niemand auf Deutsch. Darum _geht_ es aber gar nicht,
allenfalls vielleicht in der Anglistik, sicher bin ich auch da nicht.
Hauptsächlich geht es für uns nur um das _Verstehen_, nicht um das Reden
oder Schreiben.

> Zukunftsvisionen, welche Sie uns hier vorführen, beziehen 
 > sich nach einer ersten "Phase der Umstellung" wohl auf
 > eine rein englischsprachige Wissenschaft. Wenn Sie Franzosen
 > und anderen Nationalitäten ein unzeitgemäße Einstellung anhängen,
 > so ist Ihre wohl ganz auf anglo-amerikanischem Kulturimperialismus
 > gründend.
Nun machen Sie mal halblang, das geht entschieden zu weit. Sie haben
offenbar wirklich nicht alles gelesen.

> Nein, allein sind Sie nicht. Auch bei der Deutschen Nationalbibliothek mangelt es mittlerweile an Deutschkenntnissen. 
Dazu an dieser Stelle was zu sagen ist aussichtslos.

> Anstatt Überlegungen anzustellen, auf schlechtes Englisch umzusteigen
 > und sich damit, wie schon seit längerem, bei englischen
 > Mutterpsrachlern der Lächerlichkeit Preis zu geben ...
Hm, "Preis zu geben", naja! Damit lösen Sie auch ein gewisses Amüsement
aus, und zwar als übereifriger Vollzieher einer sog. Reform, die unserer
Sprache auch nicht gerade einen guten Dienst getan hat, aber weithin
unverdrossen und unkritisch mitvollzogen wird. Sie sind nicht allein
damit, die Verlotterung der Orthographie ist nun wirklich überall
zu bemerken, bis hin zur F.A.Z. und zum Goethe-Institut. Keine ganz gute
Randbedingung, der deutschen Sprache wieder Ansehen zu verschaffen.

> - insbesondere diese können die 
 > Einstellungen der hiesigen Wissenschaftler am wenigsten nachvollziehen
Falls die drüber nachdenken. Normalerweise geht es um die Sache, nicht
um die Sprache, dafür ist i.d.R. keine Zeit.

 > - wären Bemühungen  passende Deutsche Ausdrücke zu finden, woran es
 > bei des Deutschen reichen Wortschatzes gar nicht mangeln kann,
Allzu viele meiner früheren Beiträge können Sie nicht gelesen haben.
Insbes. zu den Neologismen, wie "resource", "expression",
"manifestation", ... Ich habe jahrelang für passende deutsche Ausdrücke
geworben und mehrere begründete Vorschläge vorgelegt. Aber z.B.
der ansonsten sehr gute Beitrag von Frau Wiesenmüller über FRBR zeigt
wieder, daß nichts damit gewonnen wurde: Ohne jeden Hinweis auf
mögliche Eindeutschungen und auf die Problematik als solche geht sie
damit um, und die DNB tut dasselbe. [Ob FRBR wirklich eine gute Grund-
lage für rationelles Katalogisieren sein werden, ist noch nicht
praktisch erwiesen, aber das ist ein anderes Thema.]

> Das mag sich populistisch und in dieser Liste unpassend anhören, leider ist es die Realität, empirische Belege über die derzeitige, negative, Sprachentwicklung finden sich zu hauf und können von keinem hier Anwesenden  ignoriert werden. 
> Noch vor zwanzig Jahren, gab es Menschen, die sich eines ausgeprägten Wortschatzes zur Übersetzung, bedienen konnten. Eine Aussterbende Art...
> 
Vor weniger als 20 Jahren war ich an der Eindeutschung der AACR2 ein
wenig beteiligt. Haben Sie darin mal gelesen und verglichen mit dem
Original? Dabei wurde sehr um guten deutschen Ausdruck gerungen,
auch von den beteiligten deutschsprechenden Amerikanern. (Den
Löwenanteil der Arbeit trug Monika Münnich, Feiertage und ihre
Gesundheit nicht achtend. Ausreichend gewürdigt ist ihre Leistung
bis heute nicht.)
Wäre es bei AACR geblieben, hätte man die Übersetzung zur Grundlage
einer Überarbeitung nehmen können, um darin Deutsch als Arbeitssprache
zu verankern, neben anderen Dingen. Direkt brauchbar war die Übersetzung
als anwendbares Regelwerk nicht, aber ein guter Ausgangspunkt dafür
schon. Aber dann kam RDA und alte Begrifflichkeiten machten Platz für
ganz neu erfundene, mit denen wir uns jetzt schwerer tun als zuvor, so
ist das leider. Und da sehe ich nun einfach keinen realistischen Plan,
wie wir in kürzerer Frist zu einer Fassung in gutem Deutsch kommen
könnten. Aber außerdem, und noch wichtiger: Wer A sagt, muß auch B
sagen, und wenn schon internationale Norm, und das ist ja die
Intention des Nikolausbeschlusses, dann nicht halbherzig.
Aber nochmals, falls Sie bis hierher gelesen haben: Selbstverständlich
soll es gutes Lehrmaterial in gutem Deutsch geben! Nur zu, packen Sie
an, erarbeiten Sie welches oder setzen Sie sich dafür ein!

B.Eversberg




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