Antw: [rak-list] Normierung von Verlagen

Günter Helmut Todt todt at euv-frankfurt-o.de
Wed Jun 27 18:16:18 CEST 2007


Liebe Fr. Wiesenmüller,

ganz herzlichen Dank für Ihre Zuschrift. Ich werde sie morgen meinem 
Chef vorlegen und zumindest die Hälfte der solcherart bei uns 
eingesparten 100.000 $ als Bonuszahlung erbeten.

Unter dem Motto: "My work is relatively inexpensive when compared to the 
outsourcing alternative."


Allen noch einen schönen Abend

Günter H. Todt


Heidrun Wiesenmüller schrieb:

> 
>> Außerdem:
>> Verwenden US-amerikanische Bibliothek Normdaten in der gleichen
>> Weise wie wir in Deutschland und Österreich? Meines Wissens gibt
>> es da nicht unbedingt Updates in die Lokalsysteme (bei uns klappt
>> das ja auch nicht immer und überall).
> 
> 
> In der Tat - die technischen Verfahren sind nach meinem Eindruck auf 
> einem erschreckend ineffizienten Stand. In einem Aufsatz von Michael A. 
> Weber, Stephanie A. Steeler und Marilou Z. Hinchcliff über "A Consortial 
> Authority Control Project by the Keystone Library Network" in Cataloging 
> & Classification Quarterly 43 (2006),1, S. 77 - 98, wird das Vorgehen im 
> Detail beschrieben. Es ging dabei um eine Gruppe von 14 UBs mit jeweils 
> eigenen Katalogen und unterschiedlich gut ausgeprägter Authority 
> Control. Nota bene: Bei sieben Bibliotheken hatte es noch nie zuvor (!) 
> eine Aktualisierung der Normdaten gegeben.
> 
> 1. Schritt: sog. "base file cleanup" (Kosten: $100.000):
> Die Datenbestände aller Bibliotheken werden an einen externen 
> Dienstleister geschickt. Dieser gleicht sämtliche Ansetzungen im 
> Datenbestand mit den überregionalen Normdateien ab und 
> korrigiert/aktualisiert bei Bedarf. Die gesäuberten Daten werden dann 
> wieder in die Datenbank eingespielt und überschreiben die alten 
> Datensätze. Sofern im lokalen System Normsätze gehalten werden können, 
> liefert der Dienstleister auch eine entsprechende Normdatei mit. Während 
> der Bearbeitungszeit (im Beispiel waren es drei Monate) darf man an den 
> ausgelieferten Datensätzen natürlich nichts ändern. Eine Bibliothek, die 
> lokale Normdaten besaß (z.B. für Autoren ohne LoC-Authorities-Satz) und 
> diese erhalten wollte, musste die Datensätze getrennt sichern und 
> nachher wieder einspielen. Der Dienstleister produziert außerdem Listen 
> von Ansetzungen, für die in den überregionalen Normdateien keine 
> eindeutige Entsprechung gefunden wurde (im Falle einer Bibliothek waren 
> es über 13.000 Fälle); diese müssen dann extra von Hand nachbearbeitet 
> werden.
> 
> 2. laufende Arbeiten:
> Üblich scheint zu sein, dass der Dienstleister in regelmäßigen Abständen 
> die Bibliotheks-Normdateien wieder mit den überregionalen Normdateien 
> abgleicht und dann Files mit den neuen bzw. geänderten Datensätzen 
> ausgibt, damit die Änderungen lokal nachgeführt werden können. 
> Amerikanische Bibliothekssysteme besitzen dafür offenbar Funktionen 
> ("global headings change"), mit denen auf Knopfdruck eine Ansetzung im 
> gesamten Datenbestand geändert werden kann - aber: es muss eben immer 
> noch jemand den Knopf drücken, anders als bei unserer 
> Verknüpfungstechnik!  Im beschriebenen Beispiel  löste man es jedoch 
> anders (mit einer "unusual, highly valuable option" des Anbieters): Der 
> Anbieter hat eine Kopie des gesamten Katalogs, überprüft regelmäßig neue 
> und geänderte bibliographische Datensätze und liefert diese sodann den 
> Bibliotheken in aktualisierter Form zurück.
> 
> Das Hin- und Herspielen der Datensätze und die verschiedenen 
> Update-Routinen müssen sorgfältig aufeinander abgestimmt werden, damit 
> keine zwischenzeitlichen Änderungen verloren gehen. Es gibt noch 
> verschiedene andere Problembereiche; man muss beispielsweise 
> sicherstellen, dass nicht aus der Kopie des Dienstleisters Datensätze 
> zurückgespielt werden, die im lokalen Katalog bewusst gelöscht wurden. 
> Auch die lokalen Normdaten bleiben ein Problem; man will auf diese 
> entweder ganz verzichten (also dafür sorgen, dass ein überregionaler 
> Normdatensatz angelegt wird) oder spezielle Felder dafür einführen (in 
> unseren Katalogen haben wir so etwas längst).
> 
> Puh - ich weiß nicht, ob ich selbst alles richtig verstanden habe, und 
> noch weniger, ob ich es nachvollziehbar geschildert habe, aber der 
> herrschende Standard dürfte wohl zumindest ungefähr deutlich geworden 
> sein. Während es mir beim Lesen des Aufsatzes eiskalt den Rücken 
> runterlief, waren die Autoren von den Ergebnissen des Projekts 
> hochbeglückt und äußerten auch generell die Meinung, dass Outsourcing 
> von Authority Control eine gute Lösung sei ("This is relatively 
> inexpensive when compared to the in-house alternative.", S. 87).

-- 
Günter Helmut Todt
Europa-Univ. Frankfurt (Oder)
Katalogabteilung
e-mail: todt at euv-frankfurt-o.de

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- Quintus Curtius Snodgrass -



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