[rak-list] RDA Kap. 6+7 revidiert

HPopst at aol.com HPopst at aol.com
Wed Jun 20 17:28:15 CEST 2007


Liebe Frau Wiesenmüller, liebeKolleginnen und Kollegen,
 
haben Sie, liebe Frau Wiesenmüller, zunächst herzlichen Dank für die  schöne Z
usammenfassung der neuen Entwürfe der RDA.
 
In einer eMail vom 20.06.2007 08:58:17 Westeuropäische Normalzeit schreibt  
wiesenmueller at hdm-stuttgart.de:

Herr  Stephan hat Beiträge aus den Ausbildungsstätten eingefordert; dem 
will ich  mich nicht entziehen. 
Als Ehemaliger aus diesem Bereich möchte ich auch einige Bemerkungen dazu  
beisteuern.



Kapitel 6 ist - und schon diese Tatsache ist bemerkenswert - im  zweiten 
Anlauf sehr drastisch umgearbeitet worden. In der alten Fassung  gab es 
einen großen Abschnitt zum "primary access point" (primärer  
Zugangspunkt, vulgo Haupteintragung) sowie verschiedene Abschnitte zu  
"additional access points" (zusätzliche Zugangspunkte, vulgo  
Nebeneintragungen). In der Neufassung sind alle diese Bestimmungen  
herausgefallen, und es ist nur noch allgemein von "access points“ die  
Rede. In der Einleitung heißt es, die herausgefallenen Bestimmungen  
sollen in Teil B, Kap. 13 behandelt werden, und zwar "in the context of  
"naming“ a work or an expression“ - es wird hier also darum gehen, wie  
ein Dokument zu zitieren ist. Wenn ich mich nicht sehr irre, sind die  
RDA damit auf dem Stand der RAK2-Entwürfe angekommen oder steuern  
zumindest direkt darauf zu: Denn die RAK2 wollten sich ja vom obsoleten  
Konzept Haupt- vs. Nebeneintragung ganz trennen und sahen stattdessen  
gleichwertige Sucheinstiege vor. Ergänzend sollte es Zitierregeln geben,  
zu deren Ausarbeitung es allerdings nicht mehr gekommen ist. 
Die Vorschläge liegen schon seit 2004 vor und sind in Herrn Eversbergs  
Regelwerksdatenbank zu besichtigen:
_http://www.rak-weiterarbeit.de/rfk/_ (http://www.rak-weiterarbeit.de/rfk/) 
 
 
0.7       Werkbenennungen 
0.7A       Begriff Werkbenennung 
0.7A1     Für die Sortierung von Suchergebnissen und auszugebenden  
Listendarstellungen, für die Vollanzeige im ISBD-Format sowie für die Angabe von  
Bezugswerken werden Verfassernamen und/oder Titel als Werkbenennungen  verwendet. 
0.7B       Werkbenennungen bei Verfasserwerken 
0.7B1     Bei Verfasserwerken wird der Name des einzigen oder, bei zwei oder 
drei  Verfas­sern, der Name des besonders hervorgehobenen bzw. zuerst 
genannten  Verfassers in Ansetzungs­form als erster und der Haupttitel, bei  
musikalischen Werken der Einheitstitel, als zweiter Teil der Werkbenennung  
verwendet. Der Name des Verfassers wird bei der Erfassung gekennzeichnet. 
0.7C       Werkbenennungen bei anonymen Werken 
0.7C1     Bei anonymen Werken wird im Allgemeinen der Haupttitel als 
Werkbenennung  verwendet, bei Fortsetzungswerken und musikalischen Werken 
gegebenenfalls der  Einheitstitel. 
0.7C2     Bei anonymen Werken deren Haupttitel nur aus einfachen oder durch  
formale (nicht auf den Inhalt bezogene) Attribute erweiterten 
Gattungsbegriffen  besteht, wird jedoch der Haupttitel und, nach Spatium, Gedankenstrich 
Spatium (  - ), gegebenenfalls der Name der zu ergänzenden beteiligten Körperschaft 
in  Vorlageform als Werkbenennung verwendet. 


Die  
Arbeitsstelle für Standardisierung bezeichnete dies im November 2002  
noch als einen "gerade im Hinblick auf internationale Standards (...)  
bedenkliche[n] Vorschlag“ (Einleitung zur Veröffentlichung der  
RAK2-Entwürfe, S. 2). Im Nachhinein dürfen sich die RAK2-Macher aber -  
so scheint es nun - gerade durch die internationale Entwicklung  
bestätigt fühlen.
Als Angehöriger der damaligen Arbeitsgruppe freue ich mich darüber.

Zuerst  werden Sucheinstiege auf der Ebene des Werkes betrachtet. 
Unterschieden  werden hier zunächst "creator“ und "originating body“. Für 
den wichtigsten  "creator“ und den wichtigsten "originating body“ sind 
Sucheinstiege  obligatorisch. 
Leider sind die beteiligten Körperschaften weiterhin in "Originating  bodies" 
(= Creators) und  "Other ... bodies associated with the work"  unterteilt. 
Das verkompliziert die Regelformulierungen, ist aber aus der  
anglo-amerikanischen Tradition heraus verständlich.

Alle  übrigen Sucheinstiege (auch auf den 
anderen Ebenen, also z.B. für  Herausgeber und Übersetzer) sind 
fakultativ ("optional“); sie werden  angelegt, wenn der Katalogisierer es 
für sinnvoll hält ("if considered  important for access“). ...

Die RDA  schaffen hier jedenfalls große 
Freiheiten und damit auch Raum für die  Fortführung nationaler 
Traditionen - diese könnte man für unsere Zwecke  nützen. Andererseits 
wird es dadurch auch zwangsläufig ein Nebeneinander  vieler 
unterschiedlicher Praktiken geben, das mit Blick auf den  internationalen 
Datenaustausch eigentlich nicht wünschenswert sein  kann.
Das Ende vom Lied wird sein, dass alle die Praktiken der Datenlieferanten,  
vor allem der LoC, befolgen werden. Das wird vielleicht nicht das Schlechteste  
sein.

Für  Funktionsbezeichnungen 
(jetzt: "roles“) soll es übrigens eine normierte  Liste in einem Anhang 
geben. Alternativ kann auch eine andere normierte  Liste verwendet werden 
(welche dann explizit anzugeben ist). Dies dürfte  eine der Bestimmungen 
sein, mit denen man andere ‘Communities’ außerhalb  der Bibliothekswelt 
für den Einsatz des Regelwerks RDA gewinnen  möchte.
Das ist nun leider alter Schnee. Die Funktionen werden durch die  
bibliographische Beschreibung hinreichend gekennzeichnet.

Auf der  Ebene der "manifestation“ finden sich "producer“, "publisher“ 
und  "distributor“. Allerdings ist es auffällig, dass in den (hier nur 
recht  wenigen) Beispielen kein ‘normaler’ Verlag vorkommt ... Die jetzige 
Situation  ist nicht befriedigend: So 
findet man derzeit bei korrekter Anwendung der  RAK-WB etwa "Econ“ und 
"Econ-Verl.“ nebeneinander, je nachdem, wie es der  Verlag gerade auf die 
Haupttitelseite gedruckt hat - für die Recherche ist  das aber sehr 
unerfreulich. 
Der hohe Aufwand für die Ansetzung von Verlagen ist m.E. nicht notwendig,  
weil die Index- und Stichwortsuche das Problem löst.

An diese  allgemeinen Regeln (Abschnitte 6.0-6.6) schließen sich noch 
zwei sehr  ausführliche Kapitel (6.7-6.8) mit Sonderbestimmungen für 
juristische und  religiöse Werke ("legal works“ und "religious works“) 
an. 
Leider hat man diese Abschnitte aus den AACR2 übernommen. Sie sind  
größtenteils überflüssig und hätten weitgehend mit wenigen Pauschalaussagen  erledigt 
werden können. Immerhin: Alle Sucheinstiege für Personen, Familien und  
Körperschaften sind in diesen Fällen nur fakultativ ("optional")  vorgesehen.

Offensichtlich wird aber auch (etwa beim Thema 
"originating body“),  dass auf Abwärtskompatibilität zu den AACR2 sehr 
viel Wert gelegt wird -  denn die Datenkonsistenz in den Katalogen wird 
in den USA (anders als bei  uns) als ein hoher Wert betrachtet. Die 
Befürchtungen von Herrn Eversberg  (geäußert besonders mit Bezug auf Kap. 
7), dass sich "die Praxis (...)  kein Jota ändern“ wird, ist daher nicht 
von der Hand zu  weisen.
Und wer denkt an die Datenkonsistenz bei uns? - Das ist wohl der Preis der  
Internationalisierung.  

Mit  freundlichen Grüßen

Hans Popst

Winterstr. 41, 82223 Eichenau, Tel.  08141/70138, _Mailto_ (http://mailto/) : 
 HPopst at aol.com




   


More information about the rak-list mailing list