[rak-list] RDA Kap. 6+7 revidiert

Heidrun Wiesenmüller wiesenmueller at hdm-stuttgart.de
Wed Jun 20 13:32:39 CEST 2007


Lieber Herr Stephan,


>> unerfreulich. Auf der Ebene des "item" schließlich werden
>> Sucheinstiege 
>> für Besitzer ("owner"), Aufbewahrer ("custodian") und Entdecker 
>> ("finder") ermöglicht.
>>     
>
> Diese Auflistung wirkt auf mich verwunderlich. Hier besteht wohl noch 
> Übersetzungsbedarf. In dem Moment, in dem ein Buch katalogisiert wird, ist 
> der "Besitzer" ja in der Regel die betreffende Bibliothek. Meint der Begriff 
> vielleicht so etwas wie "Vorbesitzer"? Den erfassen wir bei uns seit langem 
> auch. Unter einem "Aufbewahrer" oder "Entdecker" kann ich mir auf Anhieb 
> gar nichts vorstellen.
Wie die Beispiele zeigen, geht es in der Tat primär um frühere Besitzer, 
Aufbewahrer und Entdecker - nicht um den jetzigen Standort. Ich hab' mir 
zugegebenermaßen nicht viel Mühe mit der Übersetzung gemacht, kann es 
aber auch bei näherem Hinsehen nur bedingt besser auf Deutsch 
wiedergeben. Hier die Details:

Owner (6.6.1):
Person/Familie/Körperschaft, die das Objekt rechtlich gesehen in Besitz 
hat ("having legal possession of an item"). Es wird dazu nur ein 
Beispiel gegeben (Druck aus dem 18. Jh.); dessen früherer Besitzer kann 
den "access point" bekommen.

Custodian (6.6.2):
Person/Familie/Körperschaft, die das Objekt in Verwahrung hat ("having 
legal custody of an item"). Die Beispiele beziehen sich wiederum auf 
frühere Aufbewahrer eines Stücks: In einem Fall (ein photoprint, d.h. 
offenbar Lichtpause) wird hier als "custodian" eine Familienangehörige 
des ursprünglichen Sammlers angegeben, welche als "estate trustee" (wohl 
Nachlassverwalter) fungierte. Im anderen Beispiel geht es um ein 
Geschenk der eritreischen Botschaft in USA an die LoC (ein Album mit 
eritreischen Geldmünzen und Scheinen - wollte man doch immer schon mal 
haben); hier ist dann die eritreische Botschaft der "custodian".

Finder (6.6.3)
Person/Familie/Körperschaft, die verantwortlich ist für das 
Finden/Entdecken/Sammeln des Stückes. Dieses kann sowohl natürlich 
vorkommen als auch menschlich hergestellt sein: "responsible for finding 
(discovering, collecting etc.) an item (i.e., a naturally occurring 
object or a man-made artefact)". Als Beispiel wird zum einen eine 
Sammlung von botanischen Spezimen genannt (deren ursprünglicher Sammler 
ist der "finder"), zum anderen ein Stück der Berliner Mauer, 
eingesammelt von einem amerikanischen Soldaten - auch dieser kann als 
"finder" einen "access point" erhalten.

Der Begriff "custodian" kommt wohl aus den FRBR; da heißt es bei den 
Merkmalen eines "item" zum Punkt "Provenance" (Provenienz): "a record of 
previous ownership or custodianship of the item". Die deutsche 
Übersetzung der FRBR gibt "custodian" mit "Verwahrer" wieder, was auch 
nicht viel besser klingt als mein "Aufbewahrer". Man ahnt, was in Sachen 
Übersetzung alles noch auf uns zukommen wird.

Viele Grüße
Heidrun Wiesenmüller


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Heidrun Wiesenmüller M.A.
Hochschule der Medien
Fakultät Information und Kommunikation
Professur für Medienerschließung
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wiesenmueller at hdm-stuttgart.de



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