[rak-list] RDA

Bernhard Eversberg ev at biblio.tu-bs.de
Mit Okt 12 10:17:29 CEST 2011


Am 11.10.2011 17:47, schrieb Frodl, Christine:
...

Werte Frau Frodl,
Sie gehen auf meine gestern in 2 Mails gestellten Fragen leider nur
selektiv und ohne konkrete Bezüge ein.
(Nun gut, es ist klar, daß Ihre Äußerungen notwendigen Vorgaben
unterliegen. Deshalb nehmen Sie bitte nichts persönlich; Ihre
eigene Leistung für das Vorankommen in der Sache steht außer
Frage, wie auch das Ihrer sich hier äußernden Kolleginnen.
Durch besagte Vorgaben kann, weil sie weder offengelegt sind
noch sein können, dieses Forum nicht als echtes Diskussionsforum
gelten. Das zwar nur nebenbei, aber es macht schon unfroh.)

Zu Ihren Ausführungen:

 > Ich möchte hierzu an den Beschluss des Standardisierungsausschusses
 > vom Dezember 2004 erinnern, nach dem Deutsch Arbeitssprache sein wird.

Ja, aber wir schreiben 2011. Lange habe ich auch gedacht, Deutsch müsse
sein, aber wer mit der Internationalisierung ernst machen will, kommt
wohl um ein Umdenken nicht herum, und gerade RDA haben sich noch
stärker dem Englischen zugewandt als AACR2. Sogar einigen "drüben"
ist das ja schon aufgefallen. Und bleibt's nicht sonst auf Dauer halb-
herzig und kostet erheblich mehr? Im übrigen gab es aber bereits 2002
oder früher Stimmen, die zu einem "Wenn schon, denn schon" neigten.
(Einsamer Vordenker in diese Richtung war schon in den 70/80ern Helmut
Vogt in Göttingen.)

 > ... Sollten Sie jedoch weitere
 > Verbesserungsvorschläge zum RDA-Toolkit haben, senden Sie diese
 > bitte an die RDA-Verleger unter ..., damit Ihre Wünsche dort direkt
 > berücksichtigt werden können.

Es geht mir nicht um Wünsche an das Toolkit, mir liegt daran, daß
das Toolkit nicht die einzige Option sein sollte. M.a.W, mir gefällt
nicht, die Katalogisierung von einem Monopol beherrscht zu sehen,
das den Bibliotheken laufende und für die Zukunft unkalkulierbare
Kosten aufzwingt. Ich denke, wir sollten uns von so einem Modell
ganz klar distanzieren und wünsche mir eine entsprechend deutliche
Aussage auch vom StA. Daher lautete meine Frage, ob das Thema
diskutiert worden sei, und nicht, was man zum Toolkit meine.
Mit noch andern Worten: Der das Netz kennzeichnenden Tendenz zu offenen
Normen - und gerade die Kataloge sollen sich weitestmöglich öffnen -
steht das RDA-Vermarktungsmodell diametral entgegen. Das hat nicht DNB
zu verantworten oder gar der StA, aber sind sie in der Sache
indifferent?
Noch wäre es zum Umsteuern nicht zu spät. Dazu einfach nichts zu
sagen, das kann nicht befriedigen. Nun gut, es wurde mal von
Verhandlungen mit den Verlegern gesprochen. Das ist schon länger her.
Wie steht's denn damit?
Erweitert: Hat die "European RDA Interest Group", von der Sie letztens
berichteten, das Thema ventiliert, und wenn ja, mit welchem Ergebnis?
Wenn nein, warum nicht? Speziell im Kontext von Übersetzungen... Im
"Cooperation Agreement" steht dazu nichts.
Maximale Offenheit im Netz wird doch zunehmend als Überlebens-
notwendigkeit begriffen, und offene Normen wurden im Bibliothekswesen
in Deutschland, allen voran von der DFG, schon lange hochgehalten.
DFG und WR haben jedoch in ihren neuesten Verlautbarungen aber noch
ganz andere Töne angeschlagen. Wurden diese im StA übrigens
angesprochen?
(Überdies könnte ich Ihnen Aussagen von Amerikanern liefern, die
meine RDA-Datenbank, aus dem "Full Draft" Ende 2008 gefertigt, als
dem Toolkit überlegen bezeichneten, aber man will nicht prahlen,
verzichte deshalb auch auf die Angabe des Links zum noch vorhandenen
Einstieg.)


 > Zum Katalogisierungstest: Der in der DNB durchgeführte
 > Katalogisierungstest war nicht dazu gedacht, eine Entscheidung für
 > oder gegen das Regelwerk zu treffen.

Zumal diese (siehe Ihr letzter Absatz) schon getroffen *ist*.

 > Wir wollten uns in der DNB vielmehr
 > möglichst ökonomisch, aber mit professionellem
 > Katalogisierungsverstand mit der Katalogisierung unter Einsatz des
 > RDA-Toolkits auseinandersetzen. Haben Sie das in Ihrer Bibliothek
 > auch ausprobiert?

Ihre Frage verdient Erweiterung: Hat irgendeine UB, LB, SB oder ÖB das
getan? (Von ÖBs ist hier kaum die Rede - warum eigentlich nicht?)
Darf eine Entscheidung fallen, bevor das in nennenwertem und
repräsentativem Ausmaß geschehen und ausgewertet ist?
Darf Zeitknappheit dazu führen, dies zu unterlassen?
Auch LC hat ihren Test nicht allein gemacht, sondern andere einbezogen.
(Die Ergebnisse, für MARC-Unkundige nicht zugänglich, hatte ich als
Datenbank aufbereitet und zur Ansicht bereitgestellt.)

 > Aber zurück zum Fachlichen: Die Ergebnisse des DNB-
 > Katalogisierungstests stellen wir ebenfalls gerne zusammenfassend auf
 > unserer Website zur Verfügung.

Das ist unbestritten verdienstvoll, aber auch das Mindeste, was man
erwarten kann, und zwar "zeitnah".


 > Und: Eine endgültige Entscheidung des Standardisierungsausschusses
 > wird nicht VOR einer Entscheidung in den USA fallen, denn die USA
 > haben sich bereits entschieden, RDA einzuführen.

"Die USA" können hier nichts entscheiden, die besitzen dafür gar kein
zentrales Gremium. Entscheiden wird allein die LC für ihre eigenen
Anwendungen (allen anderen bleibt dann keine Wahl, das berücksichtigt
LC wohlwollend), aber sie hat sich eben gerade noch nicht "entschieden,
RDA einzuführen"; das ist eine irreführende Aussage, wie ich mit dem
entsprechenden Zitat schon belegt hatte. Was man am Ende einführt,
kann sich von dem, was momentan RDA genannt wird, noch gravierend
unterscheiden, denn:

 > Und da noch einiges
 > vorher erledigt werden muss, ...

Nach der Haltung des StA zu diesem "einiges" hatte ich
ebenfalls gefragt. Es handelt sich dabei nicht um ein paar Lappalien
oder Formalitäten, sondern um sine qua non-Bedingungen ganz harter
Sorte, die nun ihrer Erfüllung harren. Nach deren Einschätzung durch
DNB und StA war nicht erst jetzt gefragt worden, aber Antworten stehen
noch aus.

B.Eversberg