[rak-list] Aufsatzbände und RDA - Teil 1
Heidrun Wiesenmüller
wiesenmueller at hdm-stuttgart.de
Sam Jul 3 18:01:31 CEST 2010
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
dies wird eine längere Ausführung, weshalb ich den Text vorsichtshalber
auf zwei Mails aufteile, um die maximal erlaubte Größe nicht zu
überschreiten.
Mich beschäftigt schon länger die Frage, wer oder was bei einem
klassischen Aufsatzband gemäß RDA eigentlich die Haupteintragung erhält,
und ich habe dies auch schon mit einigen Kollegen diskutiert. Nachdem
ich mich nun noch einmal intensiv mit dem endgültigen Text
auseinandergesetzt habe, habe ich's (glaube ich) endlich verstanden und
gebe meine Erkenntnisse im Folgenden weiter.
Zunächst ein Blick auf das bisherige Regelwerk: AACR2 unterscheidet
zwischen Werken mit gemeinsam getragener Verantwortung ("works of shared
responsibility", 21.6) und Sammlungen von Werken verschiedener Personen
("collections of independent works by different persons or bodies",
21.7). Der Typ "gemeinsame Verantwortung" liegt gemäß 21.6A1 nicht nur
bei Zusammenarbeit mehrerer Verfasser vor ("works produced by the
collaboration of two or more persons"), sondern - anders als nach RAK -
u.a. auch dann, wenn mehrere Personen separate Beiträge zu einem Werk
geliefert haben ("works for which different persons have prepared
separate contributions"). Hingegen liegt der Typ "gemeinsame
Verantwortung" explizit nicht vor bei "works that are collections of
previously existing works"; hier wird auf den Typ "Sammlung von Werken
verschiedener Personen" verwiesen. Bei gemeinsamer Verantwortung erhält,
grob gesagt, bei bis zu drei Verfassern der hervorgehobene bzw.
erstgenannte Verfasser die Haupteintragung, während bei mehr als drei
Verfassern die Haupteintragung unter dem Sachtitel gemacht wird. Bei
Sammlungen von Werken verschiedener Personen wird hingegen die
Haupteintragung stets unter dem Sachtitel gemacht.
Klassische Aufsatzbände werden in AACR2 nicht dem Typ "Sammlung von
Werken verschiedener Personen", sondern dem Typ "gemeinsame
Verantwortung" zugeordnet. Dies machen schon die Beispiele bei den
"collections" unter 21.7B1 deutlich, unter denen kein einziger normaler
Aufsatzband zu finden ist; vielmehr geht es stets um eine nachträgliche
Zusammenstellung von unabhängig voneinander entstandenen Werken, z.B.:
Working-class stories of the 1890s / edited, with an introduction, by
P.J. Keating
Classic Irish drama / introduced by W.A. Armstrong
Die Definition von "collection" im Glossar der AACR2 bestätigt, dass
klassische Aufsatzbände nicht dazu zu rechnen sind: "Collection. 1.
Three or more independent works or parts of works by one author
published together. 2. Two or more independent works or parts of works
by more than one author published together and not written for the same
occasion or for the publication in hand." Eine Festschrift ist m.E. ein
typischer Fall von "written for the same occasion or for the publication
in hand" und deshalb keine Sammlung im obigen Sinne. Dass Aufsatzbände
trotzdem gemäß AACR2 i.d.R. Sachtitelwerke sind, liegt einfach an der
Zahl der Beiträger, die typischerweise über drei liegt.
Nun zu RDA: Bekanntlich wird dort die Beschränkung eines Verfasserwerks
auf maximal drei Personen aufgehoben. So findet man in den RDA u.a. das
folgende Beispiel:
"Developing retail entertainment destinations / principal authors,
Michael D. Beyard, Raymond E. Braun, Herbert McLaughlin, Patrick L.
Phillips, Michael S. Rubin ; contributing authors, Andre Bald, Steven
Fader, Oliver Jerschow, Terry Lassar, David Mulvihill, David Takesuye"
In Kap. 19.2.1.3 sind bei diesem Beispiel sämtliche elf Personen als
Schöpfer (creator) aufgeführt. Und auch die Haupteintragung wird in
diesem Fall nicht unter dem Sachtitel, sondern unter dem ersten Creator
gemacht (6.27.1.3).
Daraus würde nun eigentlich logisch folgen, dass bei Aufsatzbänden
künftig die Haupteintragung unter dem erstgenannten Aufsatzverfasser
bzw. (falls auf den Titelseiten die Beiträger nicht genannt sind) unter
dem Verfasser des ersten Aufsatzes im Band gemacht würde. Da der erste
Creator ein Kernelement ist, müsste dieser Aufsatzverfasser stets eine
Eintragung erhalten, wohingegen man den Herausgeber jederzeit weglassen
könnte, denn dieser ist kein Kernelement.
*** Der Rest der Ausführungen folgt in der zweiten Mail ***
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Prof. Heidrun Wiesenmüller M.A.
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