[rak-list] Zur Bedeutung von RDA Vokabularien

Bernhard Eversberg ev at biblio.tu-bs.de
Fri Jan 22 13:59:48 CET 2010


Armin Stephan schrieb:
> 
> Ich frage mich nur, ob die komplexen Entity-Beziehungs-Diagramme von 
> FRBR usw. dazu verhelfen können?
> 
> Sind das eher intellektuelle Konstrukte oder sind sie realistisch  
> maschinell einsetzbar?  Man wird kaum Leute, die nicht schon im 
> bibliothekarischen Kontext tätig sind, dazu bringen, sich dieses 
> Spezialwissen anzueignen.
> 
Nun, die Verfasserinnen haben sich seit Jahren ausführlich mit
solchen Leuten auseinandergesetzt. Und:
"MARC muß sterben" dekretierte Roy Tennant schon 2002:
http://www.libraryjournal.com/article/CA250046.html
Später hat er MARC nochmal eine Gnadenfrist eingeräumt und auch
gemerkt, wie schlimm es mit Nicht-MARC-Metadaten allzuoft aussieht:
http://www.libraryjournal.com/article/CA434443.html
("Metadata's bitter harvest")

Das Hauptproblem ist aber weder das Format noch die Verpackung. Es ist
die Inkonsistenz der realen MARC-Daten, und die geht nicht weg, wenn man
sie anders verpackt. Die Inkonsistenz kommt von der Zettelorientierung,
von den Sachzwaengen der jeweiligen Systeme, von Regelwerks-Umbruechen,
Rationalisierungsmassnahmen usw. usf.
Außerdem müssen wir ja niemanden mit MARC konfrontieren! Wir können
Daten an der Oberfläche jederzeit ganz anders aussehen lassen und
Abfragen ermöglichen, die dem Endnutzer die Daten so aufbereitet
servieren, wie er sie verwenden kann. Auf solchen Pfaden kann man
noch einige Schritte weiter voranschreiten.
Anders als Amerika haben wir auch nicht das Katalogisieren direkt in
MARC und damit MARC als eigentliche Muttersprache der Katalogisierung.
Von so etwas kommt man freilich nicht leicht wieder los...

 > Nur wenn diese Konstrukte auf hinreichend einfache Weise maschinell
 > nutzbar gemacht werden können, werden sie nach  meiner Einschätzung im
 > außerbibliothekarischen Raum Beachtung finden.
 >
Ein neues Regelwerk allein wird's deshalb nicht richten, es kann eher
die bestehenden Inkonsistenzen weiter steigern. Nein, ein ganz neuer
Ansatz muß her, aber nicht allein als Theorie, sondern als fertige,
mächtige, komfortable Implementierung mit überzeugenden neuen
Eigenschaften und Leistungen. Und damit meine ich nicht RDA-online,
sondern die realen Bibliothekssysteme. In so ein System muß das
Regelwerk, muß die Struktur, nach der es konzipiert ist, in einer
Weise eingebaut und verwurzelt sein, daß man den Zugriff auf ein
externes Instrument - wie auch immer beschaffen - nicht braucht und
nicht vermißt, sondern wie von unsichtbarer Hand geleitet korrekt
arbeitet, auf Fehler und Probleme zwanglos aufmerksam wird. Mag sein,
daß die Ausführungen von Hillman und Coyle in diese Richtung weisen,
aber irgendwo angekommen ist man damit jetzt noch nicht.

Solange das Utopie ist, wird ein Regelwerkswechsel, wie gesagt, nichts
bringen als neue Inkonsistenzen nebst Verschärfung der alten.

B.Eversberg



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