[rak-list] RDA : Neue Uebersichtlichkeit

Armin Stephan armin.stephan at augustana.de
Tue Feb 3 12:54:48 CET 2009


Lieber Herr Eversberg,

vielleicht kommt Ihnen hier zugute, dass Sie von Hause aus 
Naturwissenschaftler sind ...

Gerade eben kam zufällig ein Assistent unserer Hochschule in mein 
Zimmer, schaute mir über die Schulter auf meinen Monitor und fragte dann: 
"Bist Du unter die Schaltkreis-Experten gegangen?"

Etwas Erschlagendes hat die Sache schon.

Und was mich immer wieder fasziniert ist, dass man ein solches 
bibliographisches Modell konstruiert, das im Grundsatz aus zahllosen 
Verknüpfungen und Beziehungen besteht, obwohl man in der anglo-
amerikanischen Praxis Bibliothekssysteme mit flachen Strukturen 
verwendet.

Womöglich kommt da am Ende wirklich so etwas dabei zustande, wie Sie 
es zurecht in Bezug auf die Darstellung mehrbändiger Werke bei Google 
Book Search beschreiben. (Mein Lieblingsbeispiel: Theologische 
Realenzyklopädie. Man könnte heute schon über Google Book Search eine 
Vielzahl der Artikel in diesem mehrbändigen Lexikon online lesen, wenn das 
Werk in der technischen Umsetzung durch Google Book Search nicht 
unzugänglich gemacht würde. Doch klagen wir nicht über diese 
Phänomene: Das sind lebenserhaltende Massnahmen für unseren 
Berufsstand.)

Besonders "nett" finde ich die Graphik auf S. 4.

Zwei Fragen dazu:

1. Sehe ich recht, dass der Aspekt Sacherschliessung darin nicht 
vorkommt?

2. Sehe ich recht, dass das Modell eine Ansetzungsdatei für "Titel" 
vorsieht?


Am 3 Feb 2009 um 12:00 hat Bernhard Eversberg geschrieben:

> Armin Stephan schrieb:
> > 
> > Man wusste ja schon immer, dass Regelwerke eine Art Geheimwissen
> der 
> > BibliothekarInnen sind. Aber von dieser Dimension von Abstraktion
> waren 
> > wir bislang glücklicher Weise noch Äonen entfernt.
> > 
> Das sieht nur auf den ersten Blick so abstrakt aus, aber so
> schlimm
> ist es nicht. Es geht um die Gegenstände (Entitäten), die zu
> beschreiben
> sind, sowie um deren (sehr zahlreiche) Eigenschaften und
> Beziehungen
> untereinander. Basierend auf FRBR/FRAD.
> Nichts, was wir nicht schon immer in irgendeiner Form gewußt und
> beachtet haben, nur irgendwie diffus oder ohne konkrete
> Formulierung,
> ohne ganz formalen theoretischen Überbau - jedenfalls keinen, den
> ein
> Programmierer leicht verstehen und umsetzen konnte. Sie erkennen
> also
> an den Diagrammen auf einmal in neuer Weise, wie kompliziert das
> alles
> ist, was wir eh und je schon tun. Wir sind und waren keineswegs
> weit
> entfernt von der Abstraktion, die Ihnen so abschreckend erscheint!
> Daß FRBR undF RAD in einer allzu datenbanktechnischen Sprache
> geschrieben sind,  und in der Folge dann nun auch RDA, wurde von mir
> und
> wird in der RDA-Liste zu monieren nicht versäumt.
> 
> Wenn dies nun zur Grundlage eines neuen Datenmodells wird, mit dem
> man
> das alles adäquat abbilden und in eine funktionierende
> Datenbankmaschinerie umsetzen kann, dann wird es sicher besser sein
> als
> das bisher alleinseligmachende MARC-Modell. Dessen Grundstruktur,
> die es
> abbilden sollte, ist kein ER-Diagramm, sondern die Katalogkarte.
> Die
> real existierenden MARC-Datenbanken sind damit sozusagen
> elektrische
> Zettelaktaloge.
> (Unsere, soweit wir Verknüpfungen haben, sind schon etwas weiter,
> brauchen aber auch eine komplexere Software-Infrastruktur.)
> 
> Damit ist noch nicht gesagt, wie praktikabel die Geschichte sein
> wird und wie ökonomisch. Es kann auch sein, daß hernach das
> bibliothekarische Metadatenverständnis den Bach runtergeht, weil
> viel zu aufwendig im Vergleich mit vermeintlich bestens
> funktionierenden
> Suchautomaten, die sich zugutehalten, ohne Meta-Aufwand
> auszukommen.
> Aber schauen Sie sich Beispiele von mehrbändigen Werken und
> auflagen-
> starken Verfassern im G. Booksearch an...
> 
> Als eigentlicher Stolperstein auf dem Weg zur Umsetzung wird sich
> m.E.
> MARC erweisen, das einfach zu tief verwurzelt ist sowohl in der
> gesamten Infrastruktur als auch im monolingualen Denken des
> Katalogpersonals. Und auf einmal gäbe es dann zuerst mal nur noch
> Altdaten.
> So haben wir zwar hinsichtlich Regelwerk den Point of no return
> über-
> schritten, dahinter ragt aber ein unwegsames Gebirge auf.
> 
> B. Eversberg
> 


Mit freundlichen Gruessen
Armin Stephan
Jefe de Biblioteca
Augustana-Hochschule / Bibliothek
D-91564 Neuendettelsau
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