[rak-list] RDA-Entwuerfe Part A, chapters 6 & 7

Bernhard Eversberg ev at biblio.tu-bs.de
Thu Jun 29 10:37:25 CEST 2006


Es ist schwer, sich über dem Entwurf der Kap. 6 und 7 nicht die Haare
zu raufen.

Hier soll es nur um Chapter 6 gehen: Related Resources

Eins der hohen Ziele war, ein Regelwerk ohne Jargon zu erreichen.
Da wird man sich mit dem Übersetzen ins Deutsche noch schwertun.
Im Amerikanischen ist "resource" gewiß ein Alltagsbegriff, bei dem
jeder sofort an Bücher, Zeitschriften, DVDs, Websites und alles andere
denkt, was Information enthält. Was sollen wir dafür sagen? Für
diesen zentralen Begriff, der in jedem zweiten Satz des Entwurfs
steht, fehlt uns noch immer die gleichermaßen alltagstaugliche
Entsprechung.

Da lesen wir z.B. das hier:

6.2.0.1.1
An aggregate/component relationship is a relationship between an
aggregate resource (i.e., a resource that comprises two or more
components) and one or more of its component resources (i.e., units
within the aggregate resource).

Gemeint ist die Beziehung zwischen einem Ganzen und seinen Teilen.
Dann wird noch genauer gesagt, was "Teile" und was ein "Ganzes" sind:
(Logisch korrekt wäre die andere Reihenfolge; ein beliebter Fehler,
den wir auch kennen)

6.2.1.1.1 A component resource is a unit within an aggregate resource.
6.2.1.1.2 Component resources include individual works contained in a
           compilation or other aggregate work; articles in a journal,
           etc.; parts of a resource issued in two or more parts; issues
           of a serial; parts of a series; subseries; and individual
           resources contained in a collection.

6.2.2.1.1 An aggregate resource is a resource that comprises two or
           more component resources.
6.2.2.1.2 Aggregate resources include resources containing two or more
           works; resources issued in two or more parts; serials; series;
           and collections.

Was jeweils unter .2 angeführt ist, sind klassische Beispiele, nichts
aus der schönen neuen Welt der digitalen Ressourcen.

Darunter fallen also "mehrbändige Werke". Man findet in 6.2 alles, nur
völlig anders formuliert, was im alten Kap. 13 stand. Es wird
aufgelistet, was man so alles machen kann, ohne Präferenz.
Wer bisher AACR2 gemacht hat, dem bringt dies nichts Neues. Die alte
Praxis der Content Notes kann unverändert weitergehen, das pompöse neue
Begriffsgetöse wird daran kein Jota ändern.

Eine Beziehung hat mehrere Endpunkte. Wenn man einen davon
betrachtet, muß darin ein Hinweis auf die anderen zu sehen sein, das ist
doch der simple Grundgedanke. Im Zettelkatalog bedeutet das: man hat
zwei oder mehr Zettel an verschiedenen Stellen, auf jedem davon muß
ein Hinweis auf einen oder mehrere der anderen Zettel stehen.
Wir haben es aber nicht mit Zetteln, sondern mit Datensätzen zu tun,
und RDA soll ein Regelwerk für die Online-Umgebung sein.
Es gibt jedoch Beziehungen von unterschiedlicher Qualität und
Wichtigkeit, das ist das eine Problem, und man weiß ferner, daß
die Systeme "draußen" die unterschiedlichsten Fähigkeiten und
Möglichkeiten haben. Dadurch wird's schwer, ein alles abdeckendes
Regelwerk aufzustellen, das ist klar. Es werden durchgängig 5
Möglichkeiten aufgezählt, wie man Beziehungen darstellen kann:

6.1.2 CONVENTIONS USED TO RECORD RELATIONSHIPS BETWEEN
       RESOURCES
6.1.2.1 Relationships between resources may be recorded using one or
          more of the following conventions:
a) providing a citation for the related resource (see 6.1.3)
b) providing an access point for the related resource (see
    6.1.4)
c) embedding a description of the related resource (see 6.1.5)
d) providing an informal reference to the related resource (see
    6.1.6)
e) providing a resource identifier for the related resource (see
    6.1.7).

Also:

a) Ein "Zitat" angeben [Kap. 13 wird das genauer beschreiben]
b) Einen Sucheinstieg zum Bezugswerk angeben
c) Eine Kurzbeschreibung einbetten [die bisherige "formatted
    contents note")
d) Einen formlosen Hinweis geben [die bisherige "unformatted
    contents note" - Standard bei MBW]
e) Einen Link angeben [das ist natürlich neu]


Was genau in welchen Fällen dann getan wird, ist freigestellt.
RDA zu übersetzen wird demnach, das wird hier überdeutlich, nur
ein erster Schritt sein. Ausführungsbestimmungen müssen folgen.
Sie könnten genauso aussehen, wie es mit den RAK2-Entwürfen schon
vorgezeichnet war. Das nur nebenbei.

Ein Wichtiges aber noch. Die RDA-Eltern haben nicht erkannt, daß
in Online-Umgebungen in aller Regel Beziehungen nicht an beiden
Seiten in die Datensätze eingegeben werden müssen, sondern daß
es an einer Seite reicht, wenn geeignet indexiert und parametriert
wird. Der Zettelkatalog hatte "Bandaufführungen" unter dem
Gesamttitel UND einen Hinweis auf den Gesamttitel bei den
einzelnen "Stücktitelaufnahmen".  Heute machen wir bei der
Gesamtaufnahme gar nichts und geben bei den Stücken jeweils
einen Link "nach oben" an. Der wird per Software so umgesetzt,
daß unter dem Gesamtwerk alle Stücke sofort angezeigt oder
mit einem Klick hervorgeholt werden können. Diese Funktionsweise
haben US-Kataloge i.A. nicht, und in RDA hat sich daher auch
kein Hinweis in der Richtung niedergeschlagen. Das ist für ein
ansonsten so um Abstraktion bemühtes Regelwerk etwas schwach.
Die Formulierungen scheinen nahezulegen, daß man beim Gesamtwerk
sowas wie Bandaufführungen machen soll, oder z.B. bei einem
Original den Hinweis auf Reproduktionen, wenn doch die nötigen
Verknüpfungen technisch nur in der anderen Richtung angelegt
werden sollten. OK, es sind alles Kann-Bestimmungen! Wenn ein
System in der Lage ist, in beschriebener Weise zu arbeiten,
kann man sich auf das beschränken, was das System braucht.

Etwas anders gesagt: In Datensystemen kann man erreichen, daß man
beim Erfassen einer neuen "Ressource" einen Datensatz NUR für
diese anlegen muß und keine anderen, schon vorhandenen Datensätze
NOCHMALS anzufassen braucht (um dort z.B. noch einen Link zu
hinterlegen - bei Zetteln: dort einen neuen Band aufzuführen).
Das ist ein ganz entscheidender Vorteil, den RDA nirgends benennt.

Weil das alles so ist, wird es transatlantische Einheitlichkeit
mit RDA genauso wenig geben wie mit AACR. Wir müssen nur
NOCH länger (wegen der noch zu erstellenden Ausführungsbestimmungen)
auf neue Regeln warten als 2009.

Nebenbei: Die RDA-Eltern hatten keine Zeit, sich die Dinge nochmal
durchzulesen, die vor der Toronto-Konferenz schon 1997 kursierten.
Da gab es eine ganz genaue Darstellung der oben beschriebenen
Zusammenhänge der datentechnisch notwendigen und nicht
notwendigen Verknüpfungen:

http://www.allegro-c.de/formate/reusep/catalink.htm





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