AW: AW: [rak-list] Re: Aus der 10. Sitzung des STA (Teil 2)
Bernhard Eversberg
ev at biblio.tu-bs.de
Wed Jun 15 13:55:04 CEST 2005
Heidrun Wiesenmueller schrieb:
>
>
> Auch wenn es wuenschenswert waere, so scheint mir doch die Vorstellung
> etwas naiv, dass man im Web zu einer nennenswerten Homogenitaet der
> Standards kommen koennte. Schon in dem von mir genannten Beispiel
> (Datenbestaende von Landesinstitutionen wie Bibliotheken, Archiven,
> Bildstellen, Museen etc.) ist die Heterogenitaet gewaltig. Aber das ist
> nichts im Vergleich zum freien Web mit seiner Unzahl von "Playern", die
> ganz unterschiedliche Voraussetzungen mitbringen. Wir wissen alle, dass
> der Erfolg der Metadateninitiativen bisher sehr begrenzt ist.
Und wir wissen ferner, daß der Erfolg eines Unternehmens riesengroß ist,
das keine Metadaten verwendet, keine Normdaten oder sonstigen
Inhaltlichen Standards, sondern die im Web vorliegenden Daten in all
ihrer horrenden Heterogenitaet. Das Unternehmen heißt Google. Wir wissen
auch alle, daß Google-Ergebnisse deshalb zweifelhaft und in ihrem
Zustandekommen undurchschaubar sind. Doch wer will das wissen, außerhalb
der Bibliotheken? Da hört uns niemand zu. Jeder hat inzwischen die zwar
unreflektierte, aber felsenfeste Meinung, daß Informationssuche leicht
ist oder leichtgemacht werden kann. (Deshalb koennen uns Querelen ums
Regelwerk außerhalb unserer Mauern keine Sympathie einbringen.)
Aber sollen wir schließen, daß wir uns ruhig einige neue Heterogenität
in unseren Datenbanken leisten sollten, um mehr Internationalität zu
erreichen? Ich meine (und die Sektion IV offenbar auch), es wird
umgekehrt ein Schuh draus: wir koennen vieles so lassen, wie es ist,
denn mit dieser Heterogenitaet leben wir ja schon lange (Unmengen kaum
redigierter AACR-Daten z.B. im GBV), und ein Beweis ihrer großen
Schädlichkeit wurde bislang nicht erbracht, handfester Handlungsbedarf
somit nicht erwiesen.
Die knappen Ressourcen, nicht nur in der Regelwerksarbeit sondern gerade
auch in der Anwendung, erzwingen es, den Bedarf fuer noch mehr
RDA-Konformität (als RAK2 sie schon erreichen würde) in Zukunft sehr
kritisch abzuwägen. Ein theoretisch dem letzten Stand der Dinge
entsprechendes Regelwerk, Erscheinungsjahr frühestens 2009, ist nicht
das, worauf die Praxis wartet noch was sie umsetzen könnte.
RAK2 fertigstellen (wie es Sektion IV fordert) und damit alten Ballast
aus Zettelzeiten moeglichst bald loszuwerden, dafür fände man gewiß mehr
Beifall.
Was nottut, ist Anreicherung der Kataloge und Aufhebung der Differenzen
zwischen Formal- und Sach-Ansetzungen (was ja auf gutem Wege ist) sowie
zwischen den Verbuenden. Wenn dann noch VIAF praktikabel und intelligent
implementiert wird, können viele Regeln bleiben wie sie sind, denn das
war ja gerade ein Ziel von VIAF. Ich hatte ja mal vorgeschlagen, einen
"Normdaten-Google" zu konzipieren, dessen Aufgabe es wäre, Normdaten
nicht nur auffindbar zu machen, sondern dann mit den jeweils richtigen
Ansetzungen in die Kataloge zu verzweigen. Idealerweise so, daß dieses
Instrument als integraler Teil der Kataloge erschiene.
Soviel zu der Frage (die mir mancher inzwischen stellte) ob ich denn nun
ins Lager der Befürworter übergelaufen sei. Befürworter und Gegner sind
keine praktikablen Rollen mehr, weil man momentan nicht weiß, für oder
gegen was genau man eigentlich sein kann, wenn es um AACR/RDA geht.
Jedenfalls nicht aus Sicht der Praxis, und darauf kommts jetzt an, weil
Zeitrahmen und Aufwand weniger bezifferbar sind als je zuvor. Kein
Entscheider würde jetzt jemanden dafür abstellen, sich um die
Vorbereitung dieser Umstellung zu kümmern oder überhaupt irgendwelche
Vorbereitungen dafür zu treffen - welche denn auch? Noch nicht einmal
mehr eine prophylaktische AACR-Fortbildung kann man empfehlen. Man KANN
nur für Verbesserungen der Praxis sein, und die hätten wir inzwischen
schon erreichen können. Insofern hat die Abkehr des JSC von AACR einer
Internationalisierung vorerst den Boden eher entzogen als bereitet.
Aus der Sicht der Theorie bin ich voll fuer RDA, damit man mich richtig
verstehe! Unsicher bin ich aber, wieviel solche Theorie wir eigentlich
noch brauchen oder umsetzen können, besonders aus Sicht des
Endnutzer-Bedarfs.
B. Eversberg
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