[rak-list] RAK versus AACR2

Lothar Kalok Lothar.Kalok at ub.uni-giessen.de
Tue Feb 26 15:05:33 CET 2002


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

mir kommen die Beschlussfassungen der Standardisierungskommission
gespenstisch vor: sie kommen 35 Jahre zu spaet, denn damals wurde
mit dem Aufbau unserer Datenbanken begonnen. Damals wurde in allen
neugegruendeten Bibliotheken mit den Daten der Library of Congress
gearbeitet. Man hatte also die Moeglichkeit und einen wichtigen
Grund, MARC und AACR einzufuehren. Da die PI ohnehin nicht
uebernommen werden sollten, war man sehr frei in dieser Richtung.

Die Oeffnung fuer amerikanische Software haette vor 20 Jahren
Sinn gehabt. Damals waren die in Deutschland verbreiteten
Systeme noch Jahre hinter dem Service der amerikanischen zurueck.
Aber heute? Ich sehe nicht, wo sich im EDV-Bereich die
Dienstleistungen amerikanischer und deutscher Bibliotheken
noch unterscheiden.

Jetzt, nachdem Millionen Daten vorhanden sind und sowohl MARC
und AACR als auch RAK und zum Teil MAB aus der DV- und 
bibliothekarischen Steinzeit sind, soll das Rad zurueckgedreht 
werden? Haben wir nichts wichtigeres zu tun, als Hunderttausende 
Altdaten zu ueberarbeiten, nur damit sie einem neuen Regelwerk 
entsprechen? Oder die Benutzer neben (z.T. mehreren) 
Image-Katalogen, kuriosen Regeln z.B. fuer Kongresse, 
Titelsplits bei Änderung des Körperschaftsnamens 
(Beispiel: IFLA Journal) auch noch mit weiteren und massiven
Inkonsistenzen ueber Jahre hinaus zu aergern?

Polemisch und sicher ungerecht formuliert: zahlen die
anderen Bibliotheken jetzt die Zeche fuer das Desaster
bei der Einfuehrung von Horizon im Suedwestverbund?
Oder zahlen wir die Zeche fuer die zu langsame Arbeit
der diversen Gremien an der Weiterentwicklung der RAK? 

Die Umstellung wird bei den Bibliotheken nicht nur direkt
Kosten verursachen, auch indirekt: indem alle Software-
Firmen im Bibliotheksbereich, die bisher RAK und MAB
bedient haben, ihre Software umstricken muessen.
Dies duerfte einige Firmen personell (und damit
finanziell) massiv belasten. Auch diese Kosten werden
weitergegeben werden muessen. Der Umgang mit Bibliotheken
als Kunden war ja nicht gerade vergnuegungssteuer-
verdaechtig - und jetzt drehen wir ihnen wieder mal 
eine lange Nase.

Gerade im OeB-Bereich duerfte sich das finanziell bemerkbar
machen, ohne dass diese Bibliotheken von der 
Umstellung profitieren wuerden.

Das waers erst einmal mit "Dampf ablassen", im Folgenden
ohne Polemik:

Bernhard Eversberg schrieb:
> 
> U. Hippe stellt die wichtige Frage:
> 
> > Welche Vorteile würde ein Umstieg auf die
> > AACR2 mit
> > sich bringen, die wir auf  k e i n e   a n d e r e  Weise erreichen
> > könnten?
> 
> Zum Beispiel den, kein eigenes Regelwerk mehr weiterentwickeln und pflegen zu
> muessen. Dafuer muss ein fremdes uebersetzt und muss an dessen Weiterentwicklung
> teilgenommen werden. Wie gross der Vorteil also wirklich waere, ist schwer zu
> sagen.
> 
> Zum Beispiel den, endlich die "Entitaeten" zu vereinheitlichen, was bisher mit
> RAK trotz vieler Bemuehungen nicht gelungen ist. (Was ist eine Koerperschaft? Was
> ist eine Namens- oder Titelaenderung?) Die Groesse dieses Vorteils ist allerdings
> auch nicht leicht abzuschaetzen.

Wie ist es mit der Trennung Zeitschriften / Monographien? 
Behandlung von Serien? 
Groessere mehrbaendige Werke?
  z.B. Landolt-Boernstein (in US-Katalogen als Bornstein)?

Aenderungen haben nicht nur Auswirkungen auf den Katalog,
sondern auch auf die vorhandenen Ausleihdaten (die mit
bestimmten Entitaeten, z.B. bei mehrbaendigen Werken)
verknuepft sind sowie auf Erwerbungsdaten.

Die Individualisierung von Personennamen bedeutet ebenfalls 
einen Aufwand, dessen Nutzen (ausser bei Personen der Antike,
des Mittelalters und des Orients) doch sehr fraglich ist.
Literaturlisten geben in der Regel nur die Initialen des 
Vornamens an (ebenso wie die Aufsatz-Datenbanken), und
einer der beliebtesten Einstiege ist der "all"-Index,
bei der gar nicht zwischen den Feldern unterschieden wird.
Auf die ersten Einstweiligen Verfuegungen bei falscher
Zuordnung eines "Egon Becker" zu einem Buch bin ich
gespannt. Es ist zwar international ueblich, aber
ob es Benutzerbeduerfnissen entspricht?

Zu MARC: Sind damit nur die Feldstrukturen gemeint oder
auch der Vorspann (mit der Liste der Feldanfaenge etc)
aus der Zeit, als Magnetbaender die aktuellste Speicher-
technik war?

MARC als Exportformat in Datenbanken ist durchaus anzustreben,
da die Software-Produkte, die auf Z 39.50 aufsetzen, in der
Regel MARC als Schnittstelle haben. (Hier spielen natuerlich
die "Entitaeten"  eine Rolle.)
Bei der Suche mit Z39.50 stellt sich aber nicht nur die Frage
nach den Feld-Inhalten und Entitaeten, sondern auch nach
der Definition der Indizes. Streng genommen muessten dann
nicht nur AACR und MARC als Norm genommen werden, auch
die Indizes muessten international normiert werden. 
Ich habe nicht den Eindruck, dass dies diskutiert wird?

Viele Gruesse
Lothar Kalok
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