[rak-list] Beschluesse des Standardisierungsausschusses
Heinrich C. Kuhn
hck at LRZ.UNI-MUENCHEN.DE
Mon Dec 10 13:52:45 CET 2001
Liebe Liste,
Frau Goempel schrieb u.a.:
> 1) Zum Tagesordnungspunkt "Einfuehrung anglo-amerikanischer Regeln und
> Formate?" hat der Standardisierungsausschuss folgenden
> Beschluss gefasst:
>
> "Der Standardisierungsausschuss strebt grundsaetzlich
> einen Umstieg von den deutschen auf internationale Regel-
> werke und Formate (AACR und MARC) an. Dazu
> sind in einer Studie die Rahmenbedingungen, Konsequenzen
> und Zeitablauf insbesondere unter betriebswirtschaftlichen
> Aspekten zu erarbeiten.
Zuallererst: um Missverstaendnisse zu vermeiden: ich halte
mich nicht fuer kompetent, zu berurteilen, wie notwendig,
sinnvoll, begruessenswert, etc. etc. pp. derlei Streben ist.
Und ich halte mich auch nicht fuer kompetent, es zu
kritisieren. Wesshalb ich bitte, das was folgt nicht als
Kritik zu verstehen, sondern als verbluefftes Fragen.
Die Fragen, die folgen, sind solche, von denen ich nicht
ueberrascht waere, wenn sie von den Studierenden in meinen
Kursen zum wissenschaftlichen Informationswesen gestellt
werden, und auf die ich mir Antworten, die ich weitergeben
kann, erhoffe ... .
Fragen:
1. Der Umstieg von PI zu RAK war m.E. mit einem deut-
lichen "Modernisierungsgewinn" verbunden. Bei einem
Umstieg von RAK zu AACR2 sehe ich aber keinen
deutlichen "Modernisierungsgewinn", sondern "nur" eine
Erleichterung des Datenaustausches mit Institutionen,
die AACR2 anwenden. Reicht das wirklich als "Umstiegs-
motivation" auch fuer die RAK-anwendenden Bibliotheken,
die bislang keinen oder kaum Datenaustausch mit AACR2-
anwendenden Institutionen haben?
2. Wir haben gar nicht soooo wenige RAK-Katalogisate aus
den vergangenen Jahrzehnten.
- Entweder die sind alle automatisch nach AACR2 kon-
vertierbar: warum ist dann ein Regelwerkswechsel
noetig?
- Oder, wie ich derzeit vermute: bestenfalls ein
Teil dessen was da ist, ist automatisch konver-
tierbar: was soll mit dem Rest geschehen?
- In beiden Faellen: wer bezahlt's? (Letztendlich
immer die Steuerzahler, aber wie ist denen klar
zu machen, dass der Regelwerkswechsel sinnvoll
ist [falls die Studie ergibt, dass er's sein
sollte]?)
3. Es hat lange gedauert, bis alle Bibliotheken von PI
nach RAK gewechselt waren (obwohl da, wie erwaehnt,
"Modernisierungsmotivation" moeglich war). Gibt es
schon Schaetzungen fuer eine *realistische* Dauer des
Umstiegs von RAK auf AACR2 (falls er denn kommen
sollte)?
4. Zumindest UNIMARC ist, soweit ich mich erinnere, ein-
setzbar ohne Wechsel von RAK auf AACR2: warum die Ver-
bindung beider Umstiege?
5. Alle RAK-Katalogisierer nach AACR2 umzuschulen wuerde
nicht nur Geld, sondern auch Zeit kosten. Und damit
sowohl zu Rueckstaenden bei der "aktuellen" Katalogi-
sierung fuehren, als auch zu verlangsamten Retrokon-
versionen. Und nach dem, was ich so an Benutzerwuenschen
mitbekomme, koennten die Benutzer unserer Bibliotheken
davon nicht sehr begeistert sein ... . Wie werden fuer
die Studie die Prioritaeten der Benutzer erhoben werden,
und wie werden sie in die Entscheidung einfliessen?
6. Wie ist es bei einem Umstieg moeglich sicherzustellen,
dass zumindest die Verbunddatenbanken stets nur Kata-
logisate enthalten, die nur zu *einem* Regelwerk (weit-
gehend) konform sind?
7. Welche Umsetzung der AACR2 soll untersucht werden: auf
dem Stand von heute, oder mit den (zu erwartenden) Aen-
derungen bis wann?
8. Wie steht's mit den Sachen, fuer die AACR2 englische
Sprache vorsieht: sollen die auch bei uns auf Englisch
sein, oder ins Deutsche uebersetzt werden?
9. Wenn die Studie dann da ist: wer entscheidet wie fuer
wen, welche Folgerungen daraus zu ziehen sind?
> Die
> Weiterentwicklung der RAK sollte in diesem Zusammenhang nur
> noch unter unabdingbar notwendigen und internationalen Ent-
> wicklungen nicht zuwiderlaufenden Modifikationen verfolgt
> und spaetestens zum Jahresende 2003 eingestellt werden."
10. Wenn, wie zu erwarten, selbst wenn die Folgerung aus
der Studie ein Umstieg sein sollte, der Umstieg nicht
bis Ende 2003 fertig ist: so werden, fuerchte ich,
etwaige danach irgendwo fuer noetig gehaltene An-
passungen an geaenderte Anforderungen nur noch als
"Hausregeln" erfolgen, aber das werden sie wohl. Wie
soll Auseinanderlaufen der Katalogisierungspraxis
verhindert werden?
Soweit die Fragen, die ich gerne beantworten koennen wuerde,
wenn meine Kursteilnehmer (die haeufig recht diskussions-
freudig sind ...) sie stellen. Wo finde ich die Antworten?
Und dann haette ich da noch eine 11. Frage: als Leser
dieser Liste: Insbesondere durch die Mails von Franzmeier,
Geisselmann, Eversberg sind Fragen/Erwaegungen/Probleme/
Bedenken vorgestellt worden, fuer die ich zumindest hier
keine "Erledigung" gesehen zu haben glaube. Habe ich was
uebersehen, oder kommt derlei noch?
Und eine 12. Frage: Bei Aenderungen von RAK hat man ja
erfreulicherweise die Moeglichkeit als Anwender bevor die
Aenderung durchgefuehrt wird, auf moegliche Probleme, die
man zu sehen meint, zu verweisen, und u.U. gar Berueck-
sichtigung zu finden. Ist Analoges vor der Entscheidung
ueber einen Umstieg ebenfalls geplant?
Mit freundlichen Gruessen (und herzlichen Dank im voraus
fuer jegliche Antworten!)
Heinrich C. Kuhn
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| Dr. Heinrich C. Kuhn
| Seminar fuer Geistesgeschichte der Renaissance
| Ludwig-Maximilians-Universitaet Muenchen
| D-80539 Muenchen / Ludwigstr. 31/IV
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