[Rda-info-liste] (Payer) Beziehungskennzeichnung

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Sam Jun 6 20:41:12 CEST 2015


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Am 06.06.2015 um 17:35 schrieb rda-info-liste at lists.dnb.de:

Liebe Frau Payer,

> eine Frage habe ich zu den Beziehungskennzeichnungen bei Personen im
> Deutschen:
> 
>  laut Ihrem Lehrbuch darf man das generische Maskulinum und die Formen
> /-in bzw. das große I benutzen "Verfasser, Verfasser/-in und VerfasserIn"
> (Basiswissen RDA S. 127). Damit kann ich dann aber nicht eine Suche nach
> weiblichen Verfassern starten, wenn das überhaupt vorgesehen ist. Wenn
> man sich schon die Mühe mit diesen Kennzeichungen macht, warum kann man
> dann nicht konkret von z.B. "Sänger" oder "Sängerin" sprechen? Das wäre
> dann zumindest eine Information und man muss nicht in der GND nach dem
> Geschlecht suchen.

Ich glaube, bei Ihrem indirekten Zitat "benutzen" ist Entscheidendes ueber
Bord gegangen:

- - Bei(m Vermerken) der Art der Beziehung wird /nicht/ zwischen Verfasserschaft
  und Verfasserinnenschaft unterschieden (Obwohl es bestimmt Diskurse gibt,
  die einen solchen Unterschied thematisieren. Dass Funktionen voellig
  unabhaengig von / orthogonal zu Alter, Rasse, Religion, Geschlecht und
  sexueller Orientierung aufzufassen sind, *ist* eine durch das Regelwerk
  getroffene Festlegung im Sinn einer verbindlich anzuwendenden Abstraktion)

- - Fuer die Anzeige sind sie frei, das fuer Sie Richtige zu tun. Wenn also das
  Geschlecht bekannt ist, duerfen Sie die Beziehungskennzeichnung gendern,
  wenn der Familienstand zum Zeitpunkt der Drucklegung bekannt ist, duerfen
  Sie auch Frau oder Fraeulein davor setzen. Desgleichen akademische und
  sonstige Titel - unsere Ansetzungsregeln sind ja bewusst ahistorisch,
  reichhaltige Daten im Normsatz koennten das abfedern bzw. fuer das
  Beibringen von in spezialisierten Erschliessungskontexten das Verstaendnis
  foerdernden Angaben sorgen (etwa "k.u.k. Rittmeister" oder "frz. General"
  wenn es um eine Kriegsbibliographie geht...)

Dazu passt, dass das Geschlecht ein Attribut der beteiligten Person ist
und in diesem Zusammenhang ohnehin vermerkt werden soll. Wenn man an
Formate wie MODS/MADS oder TEI denkt, bedeutet "in diesem Zusammenhang"
nicht zwingend "extern gespeicherte Datensaetze", Normdaten koennten auch
irgendwie "eingebettet" sein. In den mir bekannten Katalogisierungsformaten
gibt es jedoch keine Datenfelder "Geschlecht der vierten beteiligten Person",
da muss man also auf dedizierte Normsaetze ausweichen, sonst wirds nicht
RDA-gemaess.

Die Versuchung liegt allerdings nahe, sich durch Angabe von Lebensdaten
in Access Points und geschlechtsspezifischen Beziehungskennzeichnungen
im Katalogisat weitestmoeglich um die Kenntnisnahme der Informationen
im Normsatz zu druecken, und die D-A-CH-Regeln fahren da m.E. durchaus
zweigleisig (einerseits hat man anhand der GND anderen Communities
vermitteln koennen, wie es aussieht, wenn Normdatensaetze /Daten/ enthalten,
andererseits hat man beim Uebergang von RAK zu RDA die dort (in Anwesenheit
von /Daten/) optionale Praxis fuer verbindlich erklaert, auch die
Access Points um aus den Daten abgeleitete individualisierende Zeichenketten
zu erweitern).

Aber: Ob ein Verfasser weiblich ist, koennen Sie nur dann zuverlaessig
anhand des Katalogisats ableiten, wenn alle RDA-Anwender stets verbindlich
gendern. Da wuerde es also noch nicht einmal ausreichen, wenn die D-A-CH-
Spezialisierungen das forderten, es muesste international sein. Und da
gibt es ein paar sehr wichtige Sprachen, bei denen das gar nicht funktioniert...

viele Gruesse
Thomas Berger
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