Re: [Rda-info-liste] (Payer zu Wiesenmüller) Beispiel "RAK für Online-Kataloge"

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Fre Jul 3 11:57:04 CEST 2015


Liebe Frau Wiesenmüller,

bei der Diskussion ist mir aufgefallen, dass ich bei der Angabe des
Titelblatts angenommen habe, dass sich die Frage, ob eine übergeordnete
Körperschaft gesondert angegeben ist, gar nicht stellt. Ist denn wirklich
verlangt, dass die Körperschaften getrennt vorliegen müssen?
Auf dem Titelblatt sieht das so aus:

Kommission des Deutschen
Bibliotheksinstituts für Erschließung
und Katalogmanagement

Expertengruppe Online-Kataloge

RAK für Online-Kataloge : Vorschläge für eine Reform

Berlin 1993
Deutsches Bibliotheksinstitut

Die Expertengruppe ist vom Druckbild etwas abgehoben.

Da aus dem Vorwort, das vom Vorsitzenden der Kommission geschrieben wurde,
die Entstehung der Ressource m.E. sehr klar wird, will ich daraus
zitieren:
"Die Kommission für Erschließung und Katalogmanagement des DBI hofft, dass
sich aus diesen Vorschlägen eine lebhafte öffentliche Diskussion
entwickelt" [...] "Die Veröffentlichung von Diskussionspapieren entspricht
dem Wunsch des Fachbeirats des DBI, die Bibliotheken als Betroffene
intensiv an der Weiterentwicklung des Katalogisierungsregelwerke zu
beteiligen. Die Gründung der Expertengruppe Online-Kataloge geht auf einen
Beschluß des Fachbeirats des DBI [...] zurück. Diese Expertengruppe steht
neben den Expertengruppen RAK und RSWK."
..." erschien es der Kommission notwendig, die bisherigen
Arbeitsergebnisse möglichst rasch vorzustellen"...

Die Expertengruppe (7 Mitglieder) ist nur für die Aufgabe RAK-Online
eingesetzt worden. Als Mitglied der Kommission (4 Mitglieder und dazu ein
Verteter des DBI) war ich Vorsitzende der Expertengruppe, damit die
Verbindung zur Kommission gegeben war. Die Texte der Vorschläge sind nach
Diskussionen in der Gruppe von 4 Mitgliedern der Expertengruppe verfasst
worden. (Neben den allgemeinen Vorschlägen gibt es drei alternative
Vorschläge zu Sucheinstiegen, die ich namentlich zuordnen könnte, aber das
wollten wir nicht.)

Um eine Katalogisierungsregel zu besprechen, ist es sicher hilfreich an
einem Beispiel die Entstehungsgeschichte zu betrachten. Für die praktische
Katalogisierung hoffe ich doch sehr, dass man nur im äußersten Notfall
gezwungen ist ein Vorwort zu lesen.

Nach RDA 19.2.1.1.1 sind ja wohl alle drei Hierarchiestufen als geistige
Schöpfer vertretbar? aber wem würde das helfen?

Schöne Grüße
Margarete Payer

> Lieber Herr Berger,
>
> in den Fällen von Körperschaftshierarchien ist das "issuing" auch nicht
> immer leicht zu bestimmen. Im vorliegenden Fall ist das DBI selbst als
> Verlag genannt, hat also eigentlich das Werk veröffentlicht (das wäre
> das eisnschlägige LC-PCC PS unter 1. a). Aber es hat dies sicher auf
> Veranlassung der Kommission gemacht (dann sind wir bei Punkt 1. b) des
> LC-PCC PS). Und die Expertengruppe, wenn sie denn nicht direkt an der
> Veröffentlichung beteiligt war, hat ja zumindest den Inhalt des Werks
> geschaffen (damit sind wir dann bei 1. c) des LC-PCC PS).
>
> Sie können also m.E. für alle drei Körperschaften argumentieren, dass
> die im ersten Satz von RDA 19.2.1.1.1 beschriebene Vorbedingung (die
> Körperschaft ist "responsible for originating, issuing, or causing to be
> issued") zutrifft. Deshalb ist die entscheidende Frage wirklich, als
> wessen kollektives Gedankengut das Werk zu gelten hat.
>
> Was mich etwas bedrückt, ist, dass wir in nachgerade exegetische
> Diskussionen kommen können - unsere Maildiskussionen zeigen dies ja. So
> kann aber in der Praxis niemand arbeiten. Wir brauchen pragmatische,
> leicht anwendbare Regeln, die einigermaßen vernünftige Lösungen liefern
> (wenn sie vielleicht auch nicht in jedem Fall den tatsächlichen
> Gegebenheiten absolut Rechnung tragen). Ich denke, dass der jetzige
> Vorschlag dies leistet.
>
> Im Vergleich zum LC-PCC PS (unter "Subordinate Units") halte ich unsere
> Formulierung für etwas besser, weil sie klarer macht, dass es auch Fälle
> geben kann, in denen eine untergeordnete Körperschaft eigenes
> kollektives Gedankengut schafft, welches nicht zugleich das kollektive
> Gedankengut der übergeordneten Körperschaft ist. Unser Ausgangsbeispiel
> war, dass ein Regionalverband einer Partei eine eigenständige, nicht von
> der Gesamtpartei abgesegnete Stellungnahme zu etwas abgeben könnte.
>
> Zur Gestaltung des Titelblatts:
>
> Vielleicht sehe ich gerade den Wald vor lauter Bäumen nicht, aber mir
> scheint, dass man hier tatsächlich zwei Interpretationsmöglichkeiten hat:
> - es steht nur eine einzige Körperschaft drauf, nämlich die
> Expertengruppe (angegeben durch ihren eigenen Namen und die Zuordnung
> zur Kommission)
> - es stehen zwei Körperschaften drauf, nämlich einerseits die Kommission
> und andererseits die Expertengruppe (letztere nur mit ihrem eigenen
> Namen angegeben)
>
> In der RAK-Aufnahme der DNB wurde zwischen beides ein Komma gesetzt, was
> der ersten Interpretation entspricht.
>
>> RAK für Online-Kataloge : Vorschläge für eine Reform / Kommission des
>> Deutschen Bibliotheksinstituts für Erschliessung und
>> Katalogmanagement, Expertengruppe Online-Kataloge ; Deutsches
>> Bibliotheksinstitut. [Hrsg. und mit einer Einl. vers. von Margarete
>> Payer. Die Texte wurden im Auftr. der Expertengruppe verf. von Hans
>> Popst ...]
>
> Diese Lesart würde ich eigentlich auch präferieren. Deshalb wäre es für
> mich interessant zu wissen, ob die Kommission noch einmal explizit an
> einer anderen Stelle auftaucht.
>
> Viele Grüße
> Heidrun Wiesenmüller
>
>
>
> Am 03.07.2015 um 10:18 schrieb rda-info-liste at lists.dnb.de:
>> -----BEGIN PGP SIGNED MESSAGE-----
>> Hash: SHA1
>>
>> Am 03.07.2015 um 09:05 schrieb rda-info-liste at lists.dnb.de:
>>> Liebe Frau Payer,
>>>
>>> vielen Dank für das Beispiel. Das Thema ist so trickreich, dass es gut
>>> ist, es
>>> an verschiedenen Beispielen durchzudenken. Im Folgenden meine
>>> persönliche
>>> Analyse; es lohnt aber sicher, dass wir das Beispiel auch in der
>>> Themengruppe
>>> noch besprechen.
>>>
>>> Ich habe den Band leider nicht zur Hand, deshalb muss ich erst mal
>>> nachfragen:
>>> Ist denn die Kommission - also die mittlere Hierarchiestufe - in der
>>> Ressource
>>> ebenfalls genannt? Die Angabe auf dem Titelblatt ist ja vermutlich so
>>> zu
>>> interpretieren, dass hier nur die Expertengruppe - also die untere
>>> Hierarchiestufe - genannt ist. Die geplante Regelung, die ich erwähnt
>>> hatte,
>>> bezieht sich aber auf den Fall, dass in der Ressource wirklich mehrere
>>> Körperschaften, die hierarchisch zusammenhängen, genannt sind:
>>>
>>>> Sind zwei oder mehr Körperschaften in der Ressource genannt, die in
>>>> einer
>>>> hierarchischen Beziehung zueinander stehen, so hat in der Regel eine
>>>> untergeordnete Körperschaft das Werk im Auftrag der übergeordneten
>>>> Körperschaft ausgeführt.
>>> Hier ein Beispiel, wie so etwas aussehen kann:
>>>
>>>> Richtlinie für die Bewirtschaftung des hessischen Staatswaldes : RiBeS
>>>> 2012 /
>>>> Hessisches Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und
>>>> Verbraucherschutz ; Herausgeber: Hessisches Ministerium für Umwelt,
>>>> Energie,
>>>> Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Ab­teilung Forsten und
>>>> Naturschutz
>>
>> [
>> Auf dem Titelblatt: "Kommission des Deutschen Bibliotheksinstituts für
>> Erschließung und Katalogmanagement" neue Zeile: "Expertengruppe
>> Online-Kataloge"
>> der Titel: "RAK für Online-Kataloge : Vorschläge für eine Reform".
>> ]
>>
>>> Aber nehmen wir einfach mal an, dass in dem Band alle drei Stufen
>>> getrennt
>>> genannt sind:
>>> - Deutsches Bibliotheksinstitut
>>> - Deutsches Bibliotheksinstitut. Kommission für Erschließung und
>>> Katalogmanage
>> ment
>>> - Deutsches Bibliotheksinstitut. Expertengruppe Online-Kataloge
>> nicht vielmehr dreistufig
>>
>>> - Deutsches Bibliotheksinstitut. Kommission für Erschließung und
>> Katalogmanagement. Expertengruppe Online-Kataloge
>>
>> Nach RDA werden ja "zugeordnete" Koerperschaften stark hierarchisch
>> /angesetzt/, vgl. etwa das Lehrbuch-Beispiel der Freunde der
>> Oesterreichischen Nationalbibliothek: Ein unabhaengiger Honroratioren-
>> verein, der wegen seiner /inhaltlichen/ Beschraenktheit als Teil
>> der OeNB angesetzt wird.
>>
>>
>>> Dann ist es die Frage, *wessen* kollektives Gedankengut wir vor uns
>>> haben.
>>> "Kollektives Gedankengut" meint dabei nach meinem Verständnis nicht, in
>>> den
>>> Köpfen welcher Gruppe es entstanden ist, sondern vielmehr, welche
>>> Gruppe
>>> dahinter steht - sozusagen mit wessen Autorität die Reformvorschlägen
>>> präsentiert werden. Anders gesagt: Welche Körperschaft will mit der
>>> Veröffentlichung etwas erreichen? Denn das
>>> "Damit-etwas-erreichen-Wollen" ist
>>> ein ganz wesentlicher Aspekt beim Typ "Kollektives Denken".
>> Hm. Ich wuerde das enger sehen: "Die Expertengruppe" hat formuliert
>> (einige Mitglieder staerker als andere, sie sind namentlich benannt),
>> also ist es ihr kollektives Gedankengut (analog Werk etc. zaehlt ja
>> nicht
>> wirklich die Idee, sondern die Verschriftlichung).
>>
>> Die anderen von Ihnen genannten Aspekte sind m.E. einerseits
>>
>> - - durch 19.2.1.1.1.b) abgedeckt, die Vorschlaege sind ein "offizielles
>>    Statement" in nicht-interner Sache, und zwar durchaus der Kommission
>>    oder gar des DBI, nicht nur der Expertengruppe. Ob das nun ein
>>    Diskussionsbeitrag ist oder ein Regelwerksentwurf, sei dahingestellt,
>>    es ist nicht irgendein Pamphlet, sondern durch die Gremien mit
>>    Autoritaet versehen.
>>
>> - - und andererseits wird durch die Uebernahme der /Herausgeberschaft/
>>    (issuing) das sich-zu-eigen-machen ausgedrueckt. So wie Frau Payer
>>    es uns hier die Titelseite geschildert hat, ist das hier eher die
>>    Kommission und nicht das DBI an sich (das aber vermutlich eine
>>    Verlagsrolle annimmt, und als uebergeordnete Koerperschaft ohnehin
>>    nie ganz aus dem Blick verschwinden darf), keinesfalls die
>> Expertengruppe.
>>
>> Die LCC-PS vereinfacht die Entscheidungen dahingehend, dass (pro
>> Kategorie)
>> untergeordnete Koerperschaften aus der Betrachtung gestrichen werden,
>> sofern
>> eine uebergeordnete (in derselben Kategorie?) ebenfalls einschlaegig
>> ist.
>>
>> Nur die gleichzeitige Herausgeberschaft (zusaetzlich zur
>> Autor-schaft/ship,
>> brrr) kann eine Koerperschaft in die Creator-Rolle hieven, wo sie
>> letzendlich eventuelle persoenliche Verfasser im Wettlauf um die
>> primaere Verantwortlichkeit ausstechen kann. Das duerfte hier aufs DBI
>> oder die (unter dem DBI unselbstaendig angesetzte) Kommission
>> herauslaufen,
>> fuer die Entscheidung fehlt uns weniger noch mehr Wissen um die Genese
>> der Publikation, sondern eher das um die konkrete Gestaltung der
>> Titelseite.
>>
>>
>>
>>> Ich versuche mir gerade, einen solchen Vorgang Schritt für Schritt
>>> vorzustelle
>> n.
>>> An die Expertengruppe ist zunächst ein Auftrag der Kommission ergangen.
>>> Die
>>> Expertengruppe hat dann ihre Vorschläge zunächst der Kommission
>>> präsentiert.
>>> Würde man diese Fassung - also die Arbeitsergebnisse der
>>> Expertengruppe,
>>> aufbereitet für die Kommission und mutmaßlich mit einem
>>> Handlungsvorschlag
>>> versehen (z.B.: die Kommission möge die Arbeitsergebnisse gut heißen
>>> und sie
>>> verbreiten) - katalogisieren, so wäre m.E. die Expertengruppe der
>>> geistige
>>> Schöpfer.
>> Moeglicherweise fassen Sie das anders auf als ich: Die "Expertengruppe"
>> ist selber einer staendige Einrichtung (mit moeglicherweise
>> fluktuierenden
>> Mitgliedern) gewesen, und die wiederum hat adhoc eine kleine Gruppe von
>> Experten aus ihren Reihen mit der Ausarbeitung befasst: Deren Ergebnis
>> hat
>> sich dann zunaechst die Expertengruppe zu eigen gemacht, um sie dann
>> der Kommission zu praesentieren, die - mit nicht Fachleuten besetzt, die
>> "Stakeholders" repraesentieren - "nach aussen" etwas sagen darf (ich
>> erinnere
>> mich nicht mehr genau, aber es war beim DBI eigentlich dieselbe
>> zweistufige
>> Gremienstruktur wie wir sie auch heute kennen)
>>
>>
>>> Nach obiger Analyse kommt man auf die Kommission als ersten geistigen
>>> Schöpfer
>> .
>>> Die namentlich genannten menschlichen Verfasser sehe ich als weitere
>>> geistige
>>> Schöpfer an. Auch die Expertengruppe kann berücksichtigt werden und
>>> eine
>>> Nebeneintragung bekommen, allerdings nicht als geistiger Schöpfer (RDA
>>> 19.2),
>>> sondern als "sonstige Körperschaft, die mit einem Werk in Verbindung
>>> steht" (R
>> DA
>>> 19.3).
>> ja, da duerften die meisten koerperschaftlichen "Autoren" landen, sofern
>> sie nicht selber auch Herausgeber sind.
>>
>> viele Gruesse
>> Thomas Berger
>> -----BEGIN PGP SIGNATURE-----
>> Version: GnuPG v1
>> Comment: Using GnuPG with Thunderbird - http://www.enigmail.net/
>>
>> iJwEAQECAAYFAlWWRXMACgkQYhMlmJ6W47NpegP/X/2whHGkW/MfvAEgC21fdlQj
>> NdyHGKFnNWoPyoSe/254h59UQcj5VwQuHRwwLNCvtpbc+CJSCR1AMfhsSAyb5X0t
>> ey4qKdomik3B2Io8ZWJXaeVSs1h1EzO8h2d9qhCsFRMmZ32OdtUXVgh2cnNJ43LA
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