Re: [rak-list] Aufsatzbände und RDA - Teil 1

Margarete Payer payer at hdm-stuttgart.de
Son Jul 11 10:38:30 CEST 2010


Liebe Frau Wiesenmüller, liebe Listenteilnehmer,

etwas spät noch ein paar Anmerkungen zum typischsten begrenzten Sammelwerk.

Zuerst einmal finde ich es sehr lästig, dass man zum Verständnis der RDA
nicht nur FRBR und FRAD kennen muss sondern auch AACR2, wie es vor allem
Frau Wiesenmüller deutlich gezeigt hat.

Wie Frau Wiesenmüller schon geschrieben hat, gehören die normalen
Aufsatzsammlungen zu "Works of shared responsibility" (21.6)

> Klassische Aufsatzbände werden in AACR2 nicht dem Typ "Sammlung von
> Werken verschiedener Personen", sondern dem Typ "gemeinsame
> Verantwortung" zugeordnet. Dies machen schon die Beispiele bei den
> "collections" unter 21.7B1 deutlich, unter denen kein einziger normaler
> Aufsatzband zu finden ist; vielmehr geht es stets um eine nachträgliche
> Zusammenstellung von unabhängig voneinander entstandenen Werken, z.B.:
> Working-class stories of the 1890s / edited, with an introduction, by
> P.J. Keating
> Classic Irish drama / introduced by W.A. Armstrong

> Die Definition von "collection" im Glossar der AACR2 bestätigt, dass
> klassische Aufsatzbände nicht dazu zu rechnen sind: "Collection. 1.
> Three or more independent works or parts of works by one author
> published together. 2. Two or more independent works or parts of works
> by more than one author published together and not written for the same
> occasion or for the publication in hand."  Eine Festschrift ist m.E. ein
> typischer Fall von "written for the same occasion or for the publication
> in hand" und deshalb keine Sammlung im obigen Sinne. Dass Aufsatzbände
> trotzdem gemäß AACR2 i.d.R. Sachtitelwerke sind, liegt einfach an der
> Zahl der Beiträger, die typischerweise über drei liegt.

Ich würde hier nicht den Weg über die Collections gehen, sondern mich
beziehen auf 21.6A1 b) "works for which different persons have prepared
separate contributions" und dann 21.6C2 heranziehen: "Teilen sich mehr als
drei Personen oder Körperschaften in die Verantwortlichkeit, und [...], so
wird die Haupteintragung unter dem Titel gemacht. Für die erste Peron oder
Körperschaft, die in der Vorlage an hervorgehobener Stelle genannt iat,
wird eine Nebeneintragung gemacht. Sind Herausgeber hervorgehoben genannt,
so wird eine Nebeneintragung unter der Ansetzungsform für jeden gemacht,
wenn es nicht mehr als drei sind"... (Zitat aus der deutschen
Übersetzung).
Aus den Beispielen sieht man, dass sowohl der erste der Aufsatzverfasser
als auch der Hrsg. eine NE erhält. Der Titel erhält die HE. Bei den
Beispielen ist übrigens auch eine Festschrift dabei.

Daraus kann man folgern, dass Aufsatzverfasser als Verfasser behandelt
werden. Wenn ich mich richtig erinnere, hat die DNB in den achtziger
Jahren solche Verfasser als "Mitverfasser" bezeichnet, was ich als sehr
gut empfand.

Die Folgen für RDA, weil wir es mit "creators" zu tun haben, haben ja Frau
Wiesenmüller und Herr Berger ausführlich diskutiert.

Wenn ich FRBR richtig verstehe, dürfte bei der Eintragung auf Werkebene
nur Titel und Hrsg. genannt werden und das müsste verknüpft werden zu den
Autoren der einzelnen Aufsätzen.
Auf der Ebene der Manifestation kann ich m.E. - sofern ich die allerdings
von RDA nicht verbindlich verlangte ISBD anwende - die Aufsatzverfasser in
der Verfasserangabe aufführen. Weiterhin muss ja die Manifestation mit dem
Sammelwerk und den Aufsätzen verknüpft werden. Da kenne ich aber die RDA
noch nicht genügend.
Mal abgesehen von der Arbeitsbelastung wären von allen durchgeführte
Aufnahmen von Aufsätzen gerade bei Festschriften eine echte
Kataloganreicherung. (Also keine "Gräber" mehr für wichtige Artikel.)

Die schlichte NE unter dem ersten der Aufsatzerfasser könnte man wohl nur
einbringen (?), wenn man sich auf die Freiheit des RDA-Katalogisierers
beruft - aber diese Freiheit des einzelnen würde im Rahmen von
Verbundkatalogisierung eher zum Chaos führen.

Wie Herr Eversberg betont, sieht man an der Diskussion, wie unsinnig es
ist, wieder schwierige Regeln zu HE und NE einzuführen. Da waren wir in
den neunziger Jahren in der RAK-Diskussion schon weiter.

Schöne Grüße
Margarete Payer