AW: Antw: AW: [rak-list] Winkelklammer und Berlin-Frage

Hengel-Dittrich, Christina hengel at dbf.ddb.de
Thu Feb 9 12:33:52 CET 2006


Lieber Herr Hippe, liebe Kolleginnen und Kollegen,
ich möchte die von Herrn Hippe dargestellte Problematik nicht verkleinern und stimme zu, dass wir uns damit intensiv beschäftigen müssen, meine aber, das wir auch die anderen Seiten des Problems sehen sollten.

Zum angesprochenen Einzelfall: Die Abweichung in den Splits im Falle "Bayern" geht zurück auf AACR § 24.6B. Darin wird vorgeschrieben, dass Gebietskörperschaften oberhalb der Stadt-Ebene die Bezeichnung für den Typ der Verwaltungseinheit als Zusatz erhalten. § 24.6A nimmt von dieser Regelung solche Gebietskörperschaften aus, die in der Liste des § 23.4C1 enthalten sind. Würde Deutschland in den RDA in diese Liste aufgenommen werden, würde sich an unseren jetzigen Entitäten an dieser Stelle nichts ändern. Ich halte das für durchaus erreichbar.

Das entbindet uns allerdings nicht davon, die grundsätzliche Frage zu beantworten, ob die Differenzierung nicht, zumindest für die Zukunft,  für die Recherche sinnvoll wäre, angesichts der Datenmengen, die ohne Splits zusammenkommen, und auch angesichts der durchaus unterschiedlichen Materialien, die sich aus den jeweiligen Zeiten hinter "Bayern" versammeln. Die Frage "Differenzierung ja oder nein" ist nicht nur für den jetzigen Titelbestand, sondern auch für den zukünftigen Titelbestand zu beantworten, und die Frage, wie bei einer Änderung mit dem Altbestand zu verfahren ist, dann noch einmal getrennt davon. 
Im vorliegenden Fall wäre, wenn in Zukunft Splits gemacht würden, meines Erachtens eine händische Bereinigung des Titelbestandes von der Menge her ausgeschlossen. Vielleicht ließe sich einiges auf Grund von Titelfassungen bzw. Zeitangaben im Titel maschinell bereinigen, einer großer Teil würde aber voraussichtlich nicht differenziert verbleiben.  
Im umgekehrten Fall, wenn wir uns gegen Splits entscheiden, würde dieser nicht differenzierte Teil weiter ansteigen.

Ich will mich hier nicht für die eine oder andere Lösung aussprechen - und andere Fälle sind auch nicht über denselben Kamm zu scheren - möchte aber darauf aufmerksam machen, dass wir uns mit einem neuen Regelwerk in jedem Fall auch für eine Zukunft im Internet positionieren, wo wir dem Benutzer den Mehrwert einer bibliothekarischen Erschließung unter Beweis stellen sollten. Da scheint mir neben der Einfachheit und Gebräuchlichkeit von Entitätenzuschnitten und Ansetzungen die weltweite Retrievalfähigkeit der Daten und die Interoperabilität zwischen den Bibliothekskatalogen ein sehr wichtiger Punkt zu sein. 

Beste Grüße
Christel Hengel
 
-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: rak-list-bounces at lists.ddb.de [mailto:rak-list-bounces at lists.ddb.de] Im Auftrag von Ulrich Hippe
Gesendet: Mittwoch, 8. Februar 2006 17:10
An: rak-list at lists.ddb.de
Betreff: Antw: AW: [rak-list] Winkelklammer und Berlin-Frage

Liebe RAK-Interessierte,

unser Berner Kollege hat ein ganz wichtiges Thema angesprochen. Die Ansetzung von Körperschaften und die Behandlung von Namensänderungen sind nichts rein Formales; damit werden Entitäten definiert. Gerade bei der Periodisierung der Ansetzung von Gebietskörperschaften unterscheiden sich die Praxis der RAK-WB und die der AACR erheblich voneinander. Es bedarf wohl keiner Sehergabe, um vorauszusagen, daß das auch bei den RDA ähnlich bleiben wird.
Betrachten wir die Konsequenzen anhand des Beispiels Bayern. Die GKD kennt nur diese eine Ansetzung, die LCAuth unterscheiden dagegen:
Bavaria (Duchy),
Bavaria (Electorate),
Bavaria (Kingdom),
Bavaria (Germany).
Von den trotz Berufung auf den Brockhaus (dort steht es natürlich richtig) teilweise falschen Datierungen sehe ich einmal ab.
Unterstellen wir, nach den RDA müßte bei Änderungen des Territoriums und/oder der Verfassung einer Gebietskörperschaft häufiger gesplittet werden, als es in der GKD bisher der Fall war. Dann stellt sich die Frage, ob man diese neuen Regeln auch rückwirkend anwenden, die GKD also entsprechend umarbeiten soll. Bei einer Normdatei wäre das zwar im Prinzip durchführbar, wenn auch mit hohem Aufwand verbunden; man denke nur an die zahlreichen Organe der zu splittenden Gebietskörperschaften. Damit wäre aber erst der kleinere Teil der Arbeit geleistet. Denn jetzt müßte die Korrektur der deutschen Kataloge folgen, also Splits sämtlicher fortlaufenden Veröffentlichungen dieser Gebietskörperschaften, Verknüpfen der Monographienaufnahmen mit neuen Urhebern, Nachvollzug in lokalen Systemen bis hin zum Umhängen unzähliger Einzelbände an andere Titelaufnahmen! Glaubt jemand im Ernst, das alles wäre zu bewältigen, obendrein zusätzlich zur laufenden Arbeit und unter dem Spardiktat der öffentlichen Hand?
Aber wie sähe die Alternative aus? Die Altansetzung "Bayern" mit seinen Organen neben den neuen periodisierten Ansetzungen stehen lassen, evtl. mit der Fußnote: "Ansetzung gemäß RAK-WB, nicht mehr nutzen"? Dann zerreißt man die zugehörige Literatur. Die bis zum Umstieg katalogisierte wäre unter den alten Ansetzungen zu finden, die nach dem Umstieg katalogisierte unter den neuen. Das bedeutet eine partiellen Katalogabbruch, wenn auch im selben Alphabet. Nicht nur Benutzer werden ihre Mühe haben, sich da zurechtzufinden. 
Das gleiche würde für Deutschland gelten, falls die Periodisierung seiner Ansetzungen anders ausfallen sollte als bisher, und sicher auch für viele andere Gebietskörperschaften.
Ich bezweifle, daß die Anhänger eines internationalen Regelwerkes sich darüber im klaren sind, was hier auf uns zukommen könnte.
Gleichfalls bezweifle ich, daß mein Statement irgendwelche Folgen haben wird. Ich möchte die Problematik nur einmal öffentlich zu Protokoll gegeben haben. Wenigstens sollen die Verantwortlichen hinterher nicht sagen können, Sie hätten nicht Bescheid gewußt, wenn die erhofften Segnungen der Internationalisierung ausbleiben.  

Mit freundlichen Grüßen

Ulrich Hippe

Bayerische Staatsbibliothek München,
Abt. Bestandsaufbau und Erschließung,
Referat Zeitschriften und Elektronische Medien, Sachgebiet Printzeitschriften Zi. 022/5 Ludwigstr. 16
80539 München
Tel.: 089 / 28638-2755
Fax: 089 / 28638-2319
E-Mail: Ulrich.Hippe at bsb-muenchen.de



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