[rak-list] RDA

Heidrun Wiesenmueller wiesenmueller at wlb-stuttgart.de
Wed Feb 1 10:29:06 CET 2006


Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,

RDA war hier ja vor einiger Zeit schon einmal Thema. Margarete Payer hat 
gestern in Inetbib ihre Eindruecke vom Teil 1 (Resource Description) 
geschildert, s. das Inetbib-Archiv:
http://www.ub.uni-dortmund.de/listen/inetbib/msg29560.html

Ich habe mich mittlerweile ebenfalls durch die Entwuerfe gearbeitet; hier 
mein Eindruck (der natuerlich noch sehr vorlaeufig ist, da Teil 2 und Teil 
3 noch ausstehen):

Ohne Zweifel bringt RDA im Vergleich zu AACR2 deutliche Fortschritte: Die 
klaren Definitionen sind erfreulich, die neue Struktur ist schluessig. 
Positiv aufgefallen ist mir auch der Einbezug von Archivalien und die 
Trennung von Datenhaltung und Datenpraesentation.

Vom geaenderten Namen sollten wir uns aber nicht blenden lassen: Da die 
Kompatibilitaet zum Bestehenden und die Vermeidung von Katalogbruechen in 
der AACR-Welt ein hohes Gut darstellt (vgl. 
<http://www.collectionscanada.ca/jsc/rdafaq.html>, FAQ 6.1), sind die 
Aenderungen keinesfalls so drastisch, wie man sie nach den Ankuendigungen 
haette erwarten koennen. Bei der bibliographischen Beschreibung sind sie 
primaer struktureller Natur (z. B. werden die Sondermaterialien nicht mehr 
in einzelnen Kapiteln, sondern bei den allgemeinen Regeln mitbehandelt); 
Wortlaut und Beispiele der einzelnen Regeln sind sehr oft wortwoertlich aus 
AACR2 uebernommen.

Zwei Aspekte moechte ich kritisch hervorheben:

1. Katalogisierungsaufwand:

Das Ziel einer schlankeren und wirtschaftlicheren Katalogisierung laesst 
sich mit den RDA wohl kaum verwirklichen. Die Beschreibungsregeln scheinen 
mir im Vergleich zu den RAK (und auch im Vergleich zu AACR2) eher noch 
aufwaendiger geworden zu sein. Einige Beispiele: Bei Nebentiteln ist die 
Quelle anzugeben, z. B. "Title on container: ..." (2.3.4.3). Bei einer 
falschen ISBN ist anzugeben, ob sie "incorrect", "cancelled" oder "invalid" 
ist (2.12.1.3), ohne dass dies uebrigens naeher erklaert wird (hier und an 
vielen anderen Stellen braeuchte man zusaetzliche 
Ausfuehrungsbestimmungen). Bei Bedarf soll auch der Inhalt naeher 
charakterisiert werden (4.3.0.3: "Make a note describing the nature and/or 
the scope of the content of the resource unless that information is given 
elsewhere in the description"), und als "contact information" (5.3.0.1) ist 
beispielsweise die volle Adresse des Verlags zu liefern (so etwas waere 
m.E. nur über eine Normdatei fuer Produzenten zu leisten).

2. Anpassung an die Online-Welt:

Ich vermisse eine konsequente Beruecksichtigung der heutigen 
Recherchemoeglichkeiten (im OPAC ist praktisch jeder Teil der Beschreibung 
auch suchbar) und ganz generell ein Denken in Datenstrukturen. Beispiele: 
Abkuerzungen sind u.a. in der Ausgabebezeichnung obligatorisch 
vorgeschrieben, z.B. "rev. ed." (1.6.7); zeitgemaess waere für mich eine 
Doppel-Indexierung auch mit der aufgeloesten Form. Bei unaussagekraeftigem 
Titel soll man Begriffe wie "[selections]" oder "[proceedings]" ergaenzen 
(2.3.3.4). Es bleibt offen, ob hier eine normierte Liste zugrunde gelegt 
werden soll (das waere dann wieder etwas fuer die 
Ausfuehrungsbestimmungen...) oder ob die Formulierung im Belieben des 
Katalogisierers steht. Im Abschnitt zur "Multilevel description" (D.1.4.2) 
steht genau wie frueher, dass man unterschiedliche Ebenen durch Mittel wie 
das Layout deutlich machen soll - ich haette mir hier zumindest einen 
Hinweis auf moegliche Datensatz-Verknuepfungen erwartet. Immerhin sollen 
OPAC-Guidelines ins Regelwerk integriert werden (der Entwurf fehlt leider 
noch). Indexierungsregeln, die mindestens ebenso wichtig waeren, sind 
hingegen nicht vorgesehen.

Sicher wird manches im Verlauf der weiteren Diskussion noch nachgebessert 
werden. Aber dass RDA für das deutsche Bibliothekswesen die beste Loesung 
ist (oder es einmal sein wird), scheint mir im Moment doch eher zweifelhaft.

Mit freundlichen Gruessen
Heidrun Wiesenmueller
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Heidrun Wiesenmueller M.A.
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