[rak-list] Katalog-Anreicherung mit Rezensionen?

B.Eversberg ev at biblio.tu-bs.de
Tue Apr 12 08:38:13 CEST 2005


Von Reinhard Markner, Wissenschaftler an der Uni Halle-Wittenberg, 
erhielt ich eine Äußerung zum Thema "Kataloganreicherung", und zwar 
speziell wenn es um Rezensionen geht. Diese möchte ich hiermit 
weiterreichen, weil sie den Bibliotheken hier und da zu denken geben könnte:

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Wenn mittels Kataloganreicherung (bibliographic
enrichment) durch Inhaltsverzeichnisse usw. die
Auffindbarkeit von Aufsätzen oder Buchkapiteln erhöht
wird, ist das unbestreitbar ein Fortschritt. Weil die
Sachkataloge im Zuge der Retrokonversion
vernachlässigt worden sind, werden sie nicht mehr
benutzt, und wer als Autor Titel wählt, die keine
aussagekräftigen Stichwörter enthalten, hat verloren.
Dieser Entwicklung entgegenzusteuern ist sehr
sinnvoll. Das Hauptproblem dürfte hier sein, daß die
Treffermengen schnell zu groß werden und die ältere
Literatur aus dem Blickfeld verschwindet.

Die Anreicherung mit Rezensionen muß man davon
getrennt betrachten. Es kann ja nicht darum gehen, auf
diese Weise mehr Wortmaterial in die Kataloge zu
spülen. Soweit ich sehe, ist das zur Zeit auch gar
nicht der Fall; die verlinkten Texte können nicht per
Suchanfrage abgesucht werden. Sie treten erst in
Erscheinung, wenn der jeweilige Titel in der
Einzelanzeige betrachtet wird.

In diesem Moment wird nun der Katalog zur
Internetzeitschrift à la "Perlentaucher". Und das geht
einfach nicht an. Kataloge sind dazu da, Bücher
nachzuweisen (von anderen Medien können wir hier
absehen). Die zugehörigen Verdammungsurteile oder
Lobpreisungen gehören nicht in sie hinein, sondern sie
sind Teil einer öffentlichen Debatte, die an anderen
Orten geführt und protokolliert werden muß.

Rezensionen sind etwas grundsätzlich anderes als
Titelbilder, Klappentexte, Inhaltsverzeichnisse und
anderes mehr, was sinnvollerweise verlinkt oder in
Katalogen verankert werden kann. Rezensionen sind
(bisweilen sehr entschiedene und auch sehr ungerechte)
Meinungsäußerungen. Kataloge aber sind von ihrem
Charakter her etwas nahezu absolut Neutrales, und das
ist gut so.

Es ist außerdem verfehlt, ein Rezensionsorgan,
beispielsweise hist-soz-u-kult, gegenüber anderen zu
privilegieren. Gute und schlechte Rezensionen
erscheinen an vielen Orten. Jeder Benutzer ist frei,
sich im Internet umzusehen. Er wird kostenlos fündig
werden unter faz.net, unter welt.de oder zeit.de. Und
ebenso unter
hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen. Dazu
braucht er aber nicht Anleitung in den Katalogen,
sondern einen Rechner mit Anschluß an die weite Welt.

Reinhard Markner, Halle




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