[rak-list] dfg

Monika Muennich Muennich at ub.uni-heidelberg.de
Wed Oct 23 14:34:09 CEST 2002


-- diese Mail geht an inetbib und rak-list - sorry ...

Liebe Kolleginnen und Kollegen,
Heidrun Wiesenmüller hat am 21. 10. eine Mail zum ZfBB-Artikel über die
DFG (ZfBB 49, 4, S. 236ff) geschrieben - ich stimme im wesentlichen mit
ihr überein, möchte jedoch noch einige Aspekte anfügen, nachdem ich den
Artikel gelesen habe.

Kosten: Schulungen vs. Übernahme von  TA. Das ist auch m.E. eine
Fehlrechnung. Wir übernehmen jetzt schon Aufnahmen der LC, müssen aber
Personen und Körperschaften sowie Gesamttitel neu verknüpfen. Am Corpus
wird in der Regel nichts geändert, es sei denn Strukturprobleme stehen
entgegen, was vor allem bei mehrbändigen Werken, beigef. u. enth. Werken
etc. vorkommt.
Sollte jedoch die Vorstellung herrschen, dass wir anglo-amerikanische
Ansetzungsformen übernehmen, muss ein weiterer gewaltiger Kostenfaktor
hinzugerechnet werden, nämlich massive Änderungen in sämtlichen
Normdateien. Und das kanns doch wohl nicht sein, wenn man sich weltweit
schon einig ist (IFLA), dass Ansetzungen auf nationaler Basis beruhen.
Die Neuverknüpfung von Namen ist nur zu lösen, wenn wir schleunigst uns
an weltweiten Normdateien beteiligen ( und damit auch eine
Entitätsangleichung erreichen).

Dass Bibliothekssysteme zukünftig günstiger erworben werden können, hat
nichts mit Regeln zu tun, sondern nur mit Formaten. Man kann auf MARC21
RAK-Inhalte transportieren und umgekehrt auf MAB AACR-Inhalte.
Ähnliches trifft auch auf den Abschnitt Heterogenität zu.

Von Herr Eversberg möchte ich noch folgenden Gedanken einfügen:
Kostenersparnisse sind in keinem Fall ein starkes Argument fuer einen
Umstieg sein koennen: wir haben heute Uebernahmequoten bis ueber 90% und
die gesamte Zettelarbeit ist weggefallen! Kein Bereich hat in den
letzten 20 Jahren so drastisch gespart wie die Katalogisierung, daher
ist da nun wirklich kaum noch Luft drin, und nach einer Verbesesrung des
verbunduebergreifenden Austauschs (was auf jeden Fall sein muss!) schon
gar nicht mehr.

Konversion: wir konvertieren doch jetzt schon amerikanische Daten. Dass
Basisinformationen verloren gehen und diese Aufnahmen nicht mehr als
Nachweisinstrumente dienen, kann ich nicht nachvollziehen. Außer der
Tatsache, dass keine ausführlichen Bandbeschreibungen aus USA zu
erwarten sind, kann man pauschal sagen, das zumindest die LC oft tiefer
erschließt als eine Verbundbibliothek.

Qualität: Ich würde AACR nicht unbedingt als ein komplexeres Regelwerk
ansehen (hierzu kann sich nun auf dt. auch jeder ein Bild machen, denn
die Übersetzung ist soeben erschienen). Es hat im Bereich der HE/NE an
einigen Stellen kompliziertere Regeln, sieht vor allem mehr Verweisungen
vor, was ja nur nützlich ist und die Qualität fördert. Sämtliche
Sondermaterialen sind eingeschlossen, was ja auch von großem Vorteil ist
- und uns zur Nachahmung, ja sogar Übernahme anstiften sollte.

Die Möglichkeit der nicht-englischen Ansetzung wird in diesem
Zusammenhang zu recht betont. Dies hätte bei den Einsparungen der Kosten
im 1. Teil auch berücksichtigt werden müssen.

Umstieg oder Eigenentwicklung: es ist richtig, dass AACR2r und RAK-WB
noch sehr kartenorientiert sind. Nicht nachvollziehen kann ich, dass
nicht zu erwarten ist, dass man in Deutschland ein modernes,  online
ausgerichtetes Regelwerk schaffen kann. Wir haben mindestens die Hälfte
davon schon erarbeitet, vor allem die sehr modernen Bestimmungen für
Sucheinstiege.
Ich habe in etlichen Publikationen (RAK versus AACR, Bock u. Herchen
Verl.- soeben erschienen; Bibliotheksdienst 10) und Vorträgen (u.a. VDB
Südwest,  BSZ-Kolloquium) der letzten Wochen gezeigt, wie eine
Fertigstellung und eine stärkere Implikation von AACR-Elementen aussehen
könnte; ich glaube auch, dass man ein solches Regelwerk vergleichsweise
schnell schaffen könnte, vorausgesetzt, dass die Blockadepolitik endlich
aufhört (fast 2 Jahre haben wir bereits verloren).

Obwohl ich sehr angloamerikanophil bin, kann ich die Überlegung nicht
teilen, erst auf AACR umzusteigen, um dann an einer gemeinsamen
Entwicklung mitzuarbeiten. Wenn betont wird, dass die Zusammenarbeit mit
OCLC zeigt, dass eine Einflussnahme von deutscher Seite möglich ist, so
kann ich nur hinzufügen, dass dies seit Jahren über verschiedene
Projekte (u.a. REUSE) und vor allem über die IFLA geschieht. Vor der
IFLA in Berlin wird in Frankfurt eine Konferenz für Katalogexperten
stattfinden (Näheres hierzu im nächsten Bibliotheksdienst, e. Bericht
über die IFLA Division IV) - die Section of Cataloguing der IFLA hat
dieses Problem nun ernsthaft auf dem Programm - aber wie gesagt, man
muss nicht zu den AACR-Anwendern gehören, um hier mitreden zu können. Im
übrigen möchte ich darauf hinweisen, dass das Joint Steering Committe
for the Revision of AACR  auch Vorschläge von außerhalb des
AACR-Bereichs vorsieht: "Proposals for rule revision emanating from
outside the author countries of AACR should be submitted to the Chair of
JSC" (http://www.nlc-bnc.ca/jsc/revision.html).

Wenn der Bibliotheksausschuss als Ergebnis festhält, dass eine
internationale Öffnung bei der Formalkatalogisierung und der
Austauschformate erreicht werden muss, so kann man das nur begrüßen. Was
die Formalkatalogisierung betrifft haben wir viele Möglichkeiten, dies
zu tun, vor allem durch stärkere Angleichung der RAK2 an AACR
(Überrnahme der bibliographischen Teile der AACR, stärkere
Begriffsangleichung uvm. - vgl. hierzu u.a. meine letzen Publikationen)
und vor allem sofortige Entitätsangleichung in den Normdateien
(englische Ansetzung ist hierzu keinesfalls erforderlich), so dass ein
reibungsloser Tausch vollzogen werden kann. Eine 1:1-Übernahme wäre eine
Verschlimmbesserung und würde die Kosten gewaltig in die Höhe treiben.

Anders sieht dies mit MARC21 aus - hier sollten wir in der Tat eine
Übernahme erwägen (die viel besprochenen mehrbändigen Werke lassen sich
darstellen!). Wie ich in dem Ausschuss "LIBER Task Force for
Harmonization of AACR" lernen konnte, fahren u.a. die Engländer und
Schweden die Politik, MARC21 zu akzeptieren und danach Verbesserungen -
möglichst aus EINEM europäischen Munde - zu erzielen. Genau das sollten
wir auch tun.

Mit besten Grüßen aus Heidelberg Monika Münnich
--
Monika Muennich
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