[rak-list] Thesen zum Umstieg auf die AACR

Franz2x at aol.com Franz2x at aol.com
Fri Nov 9 23:48:03 CET 2001


Hallo RAK-Interessierte,

nachdem ich von den Ergebnissen der Göttinger Podiumsdiskussion vom 11. 
September gehört und den Beitrag von K. Franken im Oktoberheft des 
'Bibliotheksdienst' gelesen hatte,  habe ich mich am 5. November erstmals in 
dieser Liste zu der Thematik geäußert und eine erste These formuliert, die 
ich hier anschließend noch einmal, jetzt aufgesplittet in die Thesen 1 und 2, 
aufgreife. Weitere Thesen folgen, einige davon bereits hier und heute, andere 
in späteren Mails an diese Liste.

Vorweg ein Hinweis: Wenn  ich schon im Betreff und auch in den folgernden 
Thesen von den AACR spreche, geschieht dies lediglich im Interesse einer 
griffigeren Darstellung; in der Regel sind die MARC-Formate und was sonst 
noch dazugehört mit gemeint.

1. These:
Der von K. Franken vorgeschlagene möglichst baldige Stopp aller laufenden 
Arbeiten am deutschen Regelwerk würde, wenn man anschließend, wie ebenfalls 
vorgeschlagen, noch gut ein Jahr bis zur endgültigen Entscheidung wartet,  
das derzeitige deutsche Regelwerk zusätzlich in eine ungünstige 
Ausgangsposition bringen, da bis dahin keine weiteren Modernisierungs- und 
Internationalisierungs-Schritte mehr getan werden könnten. Mit anderen 
Worten: Die Konkurrenz-Situation am Ende dieser Phase wäre in gewisser Weise 
verzerrt, um nicht zu sagen: in unfairer Weise verfälscht. Andererseits:

2. These:
Wohl wissend, daß Herrn Frankens Vorschlag nicht direkt vom Göttinger Podium 
stammt, läuft er darauf hinaus, daß nach einer anstandshalber  eingeräumten 
Frist, in der die Gegner eines 'Umschwenkens' ihre Bedenken und die 
Befürworter die Vorteile erläutern dürfen, lediglich  noch die Zeitspanne 
festgelegt werden soll, "innerhalb derer die deutschen Bibliotheken die 
Standards wechseln".(Ziffer 5). Na, wenn das von vornherein klar ist, Herr 
Franken, könnte man sich eigentlich den ganzen Umstand und die Verzögerungen 
der 'Erläuterungs'-Phase sparen; etwa nach der Devise, wenn das Ergebnis der 
Wahlen schon vorher festliegt, könnten die Wahlen eigentlich entfallen!

3. These 
Auch diejenigen, die - meistens schon seit längerem - nichts von den 
bisherigen Versuchen halten, das nationale deutsche Regelwerk zu 
modernisieren und international(er) auszurichten, sondern die schon immer das 
US-'Original'  übernehmen wollten, damit man nicht dauernd diese 
unübersichtlichen Unterschiede hat, auch diese Leute werden sich bei 
genauerem Hinsehen von der Illusion verabschieden müssen, man könne das 
Original übernehmen 'wie es ist', wenn man dies nur intensiv genug wolle. Ich 
behaupte mal, daß man nach einem generellen Beschluß, die AACR voll (= 100%) 
zu übernehmen, anschließend nicht umhin kommen wird, etwa 15 % Abstriche 
(Änderungen, Kompromisse, Anpassungen) vorzunehmen;  z. B. zugunsten der nun 
einmal in Deutschland gesprochenen Sprache Deutsch, oder etwa zum Zwecke des 
Auffangens unverzichtbarer Informationen aus den massenhaft vorhandenen 
deutschen Altdaten. Als Beispiele nenne ich an dieser Stelle nur die 
Transliteration der russischen Kyrilliza, die Verwendung von 'Germany' für 
Deutschland,  die Sammel-(Fußnoten)-Felder, die man immer braucht, wenn man 
migriert und unverzichtbare Daten im Zielformat nicht korrekt unterbringen 
kann, und dergleichen mehr. (Da tröstet es m. E. wenig, wenn die AACR zum 
Teil derartige nationale Abweichungen sogar offiziell zulassen; dem 
angestrebten reibungsfreien Datentausch fördert das wohl kaum.)
Frage: Sind es diese 85 % wert, sich voll und ganz der AACR-Community 
auszuliefern und später weder die meisten eigenen Wünsche erfüllt zu bekommen 
noch die von anderen beschlossenen Änderungen beeinflussen zu können ? Müßte 
nicht zumindest die Alternative vorher näher geprüft werden, ob man nicht 
durch eine Modernisierung des deutschen Regelwerks in Richtung Angleichung an 
internationale (AACR-) Standards ebenfalls eine Deckungsgleichheit von, sagen 
wir mal 75 - 80% erreichen könnte, aber dabei wenigstens autonom bliebe? (Von 
der zusätzlichen Möglichkeit, sich in Zukunft gemeinsam mit den USA auf ganz 
neue internationale (IFLA-) Standards wie z. B. den ISST zu einigen, soll in 
einer späteren These noch die Rede sein.)

4. These
Es besteht weitgehend die Auffassung, daß bis zum Einsatz der AACR in 
Deutschland der AACR-Text in einer deutschen Fassung vorliegen muß. Daran 
wird ja wohl auch schon gearbeitet. Ich behaupte, daß noch eine ganze Reihe 
weiterer unverzichtbarer Werke dann ebenfalls in deutscher Fassung vorliegen 
(und natürlich ständig gepflegt werden) müßten, nämlich z.B. die ' 'Library 
of Congress rule interpretations', ohne die man etwa fortlaufende Sammelwerke 
gar nicht sinnvoll, und schon gar nicht wie in den USA, katalogisieren kann. 
Ähnliches gilt, wiederum zumindest bei den Serials, für  das 'CONSER 
cataloging manual' sowie, formatseitig, für den 'CONSER editing guide' . Na, 
da gibt es was zu tun!


Fortsetzung folgt.

G. Franzmeier
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