[Dini-ag-kim-titeldaten] Bericht MAC-Treffen 2021-06

Heuvelmann, Reinhold R.Heuvelmann at dnb.de
Fr Jul 9 17:34:27 CEST 2021


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Liebe Kolleg*innen,

hier mein Bericht zu den Treffen des MARC Advisory Committee (MAC) [1], die in der vergangenen Woche in virtueller Form stattgefunden haben.

Bei der Leitung des Gremiums gibt es einen Wechsel: Der bisherige „Chair“, Matthew Wise von der New York University, übergibt nach acht Jahren den Stab an die Kollegin Catherine Gerhart von der University of Washington, die für die Gruppe der „Online Audiovisual Catalogers“ (OLAC) [2] im MAC mitarbeitet.

Insgesamt standen 12 Anträge und Diskussionspapiere auf der Tagesordnung des MARC Advisory Committee [3].

Der von deutschsprachiger Seite eingebrachte Antrag 2021-12 „Designating an Introductory Statement in Field 672 of the MARC 21 Authority Format“ [4] ist positiv beschieden worden. Wir erhalten also im Format MARC Authority in Feld 672 "Title Related to the Entity" [5] ein neues wiederholbares Unterfeld $i „Relationship information“, in dem Angaben wie "Hrsg. von", "Übers. von", "Mitverf. von", "Bearb. von" oder "Mithrsg. von" untergebracht und von den eigentlichen Titelangaben getrennt und transportiert werden können.

Weil es sich um Relationen handelt, ist zusätzlich das wiederholbare Unterfeld $4 „Relationship“ definiert worden, in dem dieselben Relationen in Form eines Codes oder eines URIs angegeben werden können. Hier gilt nach wie vor der Vorbehalt, dass Codes aus der "MARC Code List for Relators" [6] nicht verwendet werden können, weil sie sich reziprok verhalten. Es gibt aber geeignete URIs aus dem RDA-Kontext, die sich dann in den Beispielen der Dokumentation finden werden.

Angenommen wurden u.a. Anträge zur Anreicherung des Feldes 490 "Series Statement" um Unterfelder für falsche oder nicht mehr gültige ISSNs; zu geografischen Koordinaten für andere als kartografische Ressourcen im Feld 034 "Coded Cartographic Mathematical Data"; und zu technischen Angaben bei Tonträgern, als Codes und (mit BIBFRAME-Hintergrund) als URIs.

Interessant war außerdem ein Diskussionspapier zum neuen Konzept der „Cluster ISSN“, die in Nachfolge und Erweiterung der ISSN-L mit einem neuen Feld „023“ transportierbar gemacht werden soll.

Von kanadischer Seite ist ein Diskussionspapier zu mehrsprachigen Wendebüchern und Wendezeitschriften eingebracht worden. Diese werden in jeweils zwei Datensätzen beschrieben, unter Verwendung der beiden Katalogisierungssprachen Englisch und Französisch, und den bevorzugten primären Angaben der jeweiligen Titelseiten. Um diese beiden Datensätze, die dieselbe Publikation aus unterschiedlichen Perspektiven beschreiben, wieder zusammenzuführen, braucht es einen neuen Typ der Verlinkung im Bereich 76X bis 78X; hier wird das neue Feld „788“ für eine „Equivalent Description“ bevorzugt.

Von der MARC/RDA Working Group [7] waren ein Antrag und drei Diskussionspapiere vorbereitet und eingereicht worden: Der Antrag zu "Type of Binding" (neues Unterfeld $l "Type of binding" im Feld 340 "Physical Medium") ist jetzt im zweiten Anlauf positiv beschieden worden, nachdem eine Formulierung gefunden wurde, die sowohl (wie bisher üblich) die Form und den Zustand des Einbands als auch (nach RDA) den Vorgang des Einbindens abdeckt.

Ein Diskussionspapier befasste sich mit der Ergänzung von Feldern, um den Maßstab für andere als kartografische Ressourcen angeben zu können; hierzu folgt im Januar 2022 ein Antrag.

Ein umfangreiches Diskussionspapier [8] hatte die Abbildung der in RDA angelegten sogenannten „representative expression“ und ihrer Attribute zum Inhalt. Nach IFLA LRM und RDA können Elemente, die eigentlich auf der Expressionsebene möglich sind, hervorgehoben werden und so eine repräsentative Expression ausmachen: das Originalwerk, die Ursprungskomposition, die typischste Ausprägung, "considered to best represent the intention of the creators of the work", und "[the creator] is considered to have exercised the most creative control".

Von insgesamt fünf möglichen Format-Optionen, die sowohl MARC Bibliographic als auch MARC Authority umfassen, wurde in mehrstufigen Abstimmungen eine Kombination aus zwei der Optionen als Präferenz ermittelt: Ein neues Feld „387“ „Representative Expressions“ soll sowohl im Titeldaten- als auch im Normdatenformat angelegt werden. In ihm wird die Mehrzahl der Attribute einer repräsentativen Expression in jeweils einem Unterfeld angelegt. Nur diejenigen Attribute, die aus Kombinationen von mehreren Unterfeldern bestehen, wie z.B. bei musikalischen Besetzungsangaben, sollen in den bereits existierenden Feldern mit neuen Indikator-Werten gekennzeichnet werden. Mit dieser Richtungsentscheidung wird es möglich sein, für Januar 2022 einen Antrag vorzubereiten und einzureichen.

Viel Raum nahmen die Diskussionen zur zweiten Version eines Diskussionspapiers [9] ein, das sich mit der Abbildung von "Data Provenance" nach RDA befasste. Es geht um Metametadaten, oder Aussagen über Aussagen. Wie kann man pro Feld (oder sogar pro Unterfeld) Informationen transportierbar machen, die sich auf den Inhalt des Feldes (Unterfeldes) beziehen? Neben dem Feld 883 „Metadata Provenance“ waren vier weitere Optionen entwickelt worden, die sich aus der Verwendung des Unterfelds $7 (oder ausweichend eines anderen Unterfelds) bzw. eines neu zu definierenden Unterfeldes „$_“ in Kombination mit „Unterlabeln“ (ein erstes Zeichen als Inhalt des Unterfeldes steuert die genauere Bedeutung des Unterfeldes) bzw. einer an die Syntax von Unterfeld $0 angelehnten Lösung mit Klammern und Code-Werten aus einer kontrollierten Liste ergeben.

Die deutschsprachige Community hatte die Vorbereitung dieses Papiers in der MARC/RDA Working Group wesentlich mitgetragen. Dies geschah im Bewusstsein, dass sich mit einer offiziellen Lösung für die Schicht der Metametadaten einige bereits existierende Anwendungsfälle erst sinnvoll und praktikabel in MARC abbilden lassen, und dass andere Anwendungsfälle in näherer Zukunft eine umfassendere Lösung erfordern: Es handelt sich etwa um die automatische Erschließung von Titeldaten und dabei entstehende zusätzliche Angaben; um die Kennzeichnung, welche Umschriftnorm bei der Transliteration von Originalschrift in die lateinische Schrift verwendet worden ist; um Angaben zu Schrift, Sprache, Herkunft und zeitlicher Gültigkeit von einzelnen Feldinhalten der GND, und allgemein um die PLUS-Markierungen, die im Zuge der Öffnung der GND eine wesentliche Rolle spielen werden, aktuell etwa der Anwendungskontext („Context of use“), der interimistisch mit einem Unterfeld „$C“ / „$9C:“ zu versorgen ist. Nur mit einer auch syntaktisch überzeugenden und anwendbaren Lösung können „lokale“ Formatelemente, wie das Unterfeld $9 mit Unterlabeln, oder das mit satzinternen Verknüpfungen (via Unterfeld $8) arbeitende Feld 883 perspektivisch neu gefasst werden.

Die internationalen Reaktionen auf das Diskussionspapier waren respektvoll, aber ganz überwiegend verhalten, auch kritisch bis skeptisch. Um den deutschsprachigen Ansatz klarer zu zeigen, wurde kurzfristig ein vierseitiges Zusatzpapier „The importance of metametadata in MARC 21 - from a German perspective“ [10] von uns erstellt und veröffentlicht, in dem sowohl in Prosa als auch anhand von konkreten Beispielen (Titel- und Normdaten, real und fingiert) der Bedarf bekräftigt und veranschaulicht werden sollte. Auch mündlich wurde dies während der Treffen noch einmal erläutert.

Im Raum standen dann Optionen zur weiteren Vorgehensweise, wie der Vorschlag, die deutschsprachige Community solle ihre lokale Lösung (Unterfeld $9) ausweiten und eine offizielle Lösung damit verzichtbar machen; oder der Vorschlag, die deutschsprachige Community solle die Verantwortung für das Thema „Data Provenance“ von der MARC/RDA Working Group übernehmen. Letztlich ist dann aber mit 22 Ja-Stimmen und 3 Nein-Stimmen (bei einer großen Anzahl von Enthaltungen) die Zustimmung ausgedrückt worden, dass die MARC/RDA Working Group als Ganze das Thema weiterbearbeiten und dann zum Januar 2022 einen Antrag vorlegen soll.

Auf der Syntax-Ebene wurde die Option 5 allgemein bevorzugt, also $7 (und ausweichend andere Unterfelder) in Kombination mit Werten (in Klammern) aus einer MARC-Codeliste zu Data Provenance, als Präfix zu den dann folgenden Angaben. Es wurde auch empfohlen, ausgehend von konkreten Anwendungsfällen eine Auswahl der Data-Provenance-Elemente nach RDA anzugehen, zu beschreiben und in MARC anzulegen, die zu einem späteren Zeitpunkt ggf. ergänzt werden kann.

Die MARC/RDA Working Group wird sich in ihrem nächsten und voraussichtlich letzten Zyklus von September bis November mit den noch offenen Themen befassen. Es ist also weiterhin mit dem Abschluss der Arbeiten für das Frühjahr 2022 zu rechnen.

Die nächsten Treffen des MARC Advisory Committee werden wieder in virtueller Form stattfinden, voraussichtlich Ende Januar 2022.

Viele Grüße,

Reinhold Heuvelmann

[1] https://www.loc.gov/marc/mac/advisory.html 
[2] http://olacinc.org/ 
[3] https://www.loc.gov/marc/mac/an2021_age.html 
[4] https://www.loc.gov/marc/mac/2021/2021-12.html 
[5] https://www.loc.gov/marc/authority/ad672.html 
[6] https://www.loc.gov/marc/relators/ 
[7] http://www.loc.gov/marc/mac/MARC-RDA_Working_Group.html 
[8] https://www.loc.gov/marc/mac/2021/2021-dp12.html 
[9] https://www.loc.gov/marc/mac/2021/2021-dp10.html 
[10] http://www.heuvelmann.de/Importance_of_Metametadata.pdf 
    (PDF, 4 Seiten, ca. 270 kB)

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Reinhold Heuvelmann
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