[Dini-ag-kim-titeldaten] Bericht von den Sitzungen des MARC Advisory Committee

Heuvelmann, Reinhold R.Heuvelmann at dnb.de
Fr Feb 5 19:44:03 CET 2021


Liebe Kolleg*innen,

[Mehrfachempfang bitte ich zu entschuldigen - Weiterleiten ist gerne gesehen.]

hier mein Bericht zu den Treffen des MARC Advisory Committee (MAC), die Ende Januar 2021 in virtueller Form und weitgehend unabhängig von dem Midwinter Virtual Event [1] der American Library Association (ALA) stattgefunden haben.

Insgesamt standen 16 Anträge und Diskussionspapiere auf der Tagesordnung des MARC Advisory Committee [2]. Drei davon waren durch die MARC/RDA Working Group [3] vorbereitet und eingereicht worden: Der Antrag zur "Mode of Issuance" ("multiple unit" oder "single unit") wurde angenommen, dafür wird das neue Feld 334 eingerichtet. Beim Antrag zum "Type of Binding" (neues Unterfeld $l "Type of binding" im Feld 340 "Physical Medium") gibt es eine Verzögerung: Während bisherige Ansätze den Schwerpunkt eher auf die Form und den Zustand des Einbands legen, haben die RDA dieses Element und das dazugehörige Vokabular mit dem Akzent auf dem Vorgang des Einbindens definiert. Um diesen Unterschied zu prüfen und dann in MARC abzubilden, wurde der Antrag zur Klärung an die MARC/RDA Working Group zurückgegeben, er wird voraussichtlich im Sommer 2021 erneut beraten werden.

Intensiv besprochen wurde das Diskussionspapier [4], das sich mit der Abbildung von "Data Provenance" nach RDA, oder "Metametadata", befasst. Hier standen sehr unterschiedliche Optionen zur Wahl, um die umfangreichen Anforderungen aus RDA abzudecken. Bei aller Komplexität wurden nur wenige grundsätzliche Bedenken geäußert. Die Anforderungen könnten sich insofern vereinfachen, als es für nicht notwendig erachtet wurde, jede Metametadaten-Angabe jeweils getrennt in den vier nach RDA vorgesehenen "Recording Methods" unterzubringen. Die RDA-Unterscheidung von "Vocabulary Encoding Scheme" (VES) und "String Encoding Scheme" (SES) wurde zunächst als wenig relevant eingestuft.

Punktuelle Ergänzungen werden eher abgelehnt, eine einheitliche Lösung über alle Teilformate hinweg wird also bevorzugt. In MARCXML gäbe es bereits jetzt Möglichkeiten, Angaben über Attribute zu machen – das erscheint aber nicht als ausreichend, weil MARC in der Version nach ISO 2709 immer noch weit verbreitet ist. Die Anlage eines neuen Teilformats für "Data Provenance" mit eigenen Spiegel-Datensätzen und Verknüpfung aus dem Primärfeld heraus wurde als nicht praktikabel angesehen. Auch die Definition von einzelnen Unterfeldbezeichnungen jenseits von Ziffern und Kleinbuchstaben, also z.B. "$A", "$!" oder "$+", fand wenig Zuspruch.

In einer Testabstimmung wurde dagegen die Bereitschaft erkennbar, das Modell des Feldes 883 "Metadata Provenance" weiterzuverfolgen, das von der Deutschen Nationalbibliothek seit einigen Jahren geliefert wird, primär für automatisch generierte Angaben. Es müssten im Feld 883 neue Unterfelder definiert werden, die die Liste der Data-Provenance-Elemente abdecken. Der große Nachteil dieses Modells ist, dass hierfür das Unterfeld $8 "Field link and sequence number" im Hauptfeld und im dazugehörigen Feld 883 verwendet werden muss, und zwar mit einer fortlaufenden Zählung, die erst die Eindeutigkeit der satzinternen Verlinkung gewährleistet. Das ist in Erfassung und Datenhaltung wie auch in Export und Import aus/in Fremdformate(n) aufwändig und fehleranfällig.

Ein kurzfristig Mitte Januar von der deutschsprachigen Seite eingebrachter Alternativvorschlag hat immerhin Interesse gefunden: Basierend auf der Idee der MARC/RDA Working Group, das Unterfeld $7 freizumachen und mit Hilfe von Deskriptionszeichen die Informationen abzubilden, könnte ein einziges neues Unterfeld definiert werden, etwa "$_" (Unterstrich). In diesem wiederholbaren Unterfeld könnten mit Hilfe von Unter-Labeln alle einzelnen Informationen angegeben werden: "$_a" stünde z.B. für "assigned by agent", "$_b" für "context of use", "$_c" für "date of usage", usw. Der Bezug zum Feld wäre gegeben; Angaben zu einem einzelnen Unterfeld oder einer Gruppe von Unterfeldern wären allerdings zunächst nicht möglich. ISO 2709 müsste hierfür nicht angepasst werden, wohl aber das Dokument "MARC 21 Formats: Background and Principles" [5]. Es ist noch unklar, gerade angesichts der denkbaren Optionen, ob zum Sommer schon ein Antrag oder erst einmal ein zweites Diskussionspapier erarbeitet und vorgelegt werden kann und soll.

Die MARC/RDA Working Group wird sich in ihrem nächsten Zyklus von März bis Mai 2021 mit den noch offenen Themen befassen und auch das Thema der "Representative Expression" und ihrer Attribute bearbeiten. Aktuell ist mit dem Abschluss der Arbeiten für das Frühjahr 2022 zu rechnen.


Von deutschsprachiger Seite war ein Diskussionspapier [6] eingereicht worden, das im Format MARC Authority das Feld 672 "Title Related to the Entity" um ein Unterfeld ergänzen soll, in dem Angaben wie "Hrsg. von:", "Übers. von:", "Mitverf. von:", "Bearb. von:" oder "Mithrsg. von:" von den eigentlichen Titelangaben getrennt erfasst und transportiert werden können. Diese einleitenden Wendungen sind unter Verwendung der Funktionsbezeichnungen nach RAK formuliert. Es wurde in der Diskussion darauf hingewiesen, dass es sich um Relationen handelt, allerdings um solche, die sich reziprok zu denjenigen Relationen verhalten, die in der "MARC Code List for Relators" [7] angelegt sind. Falls zusätzlich zu einem textlichen Unterfeld $i "Explanatory Text" ein Unterfeld $4 für die Darstellung der Relation in codierter Form oder in Form eines URI definiert wird, sollte sehr deutlich gemacht werden, dass dort nicht Werte aus der Liste der MARC Relator Codes oder darauf basierende URIs verwendet werden dürfen. Das Thema wird von uns im Sommer als Antrag eingereicht werden.

Weitere Themen waren u.a.:

- Ein Antrag des Dewey Editorial Team zu Datumsangaben bei der Verwendung von Printausgaben der DDC oder von WebDewey. Hier wurde die im letzten Sommer von deutschsprachiger Seite erfolgte Anregung aufgegriffen, das bereits vorhandene Unterfeld $2 mit seiner internen Struktur für Angaben zur Ausgabe, zum Stand und ggf. zur Sprache der Dewey-Version zu verwenden und in seiner Benennung und Definition zu ergänzen. Der Antrag wurde angenommen.

- Zwei Anträge der ISSN Review Group und des ISSN International Centre, Paris, nämlich zu Codierungen im Feld 008 und zu URIs im Feld 022, wurden angenommen.

- Ein Antrag, der Angaben zur Form der musikalischen Notation aus dem Fußnotenfeld 546 "Language Note" herauslöst und im dafür umbenannten Feld 348 "Notated Music Characteristics" unterbringt, wurde angenommen.

- In einem Antrag zu Jahresangaben im Feld 046 "Special Coded Dates" sollen diese differenzierbar gemacht werden nach der Werk-, Expressions- und Manifestationsebene. Konkret geht es z.B. um die Entstehungszeit eines Werkes im Gegensatz zur Entstehungszeit der Übersetzung des Werkes, oder um das Jahr einer Komposition im Gegensatz zum Arrangement dieser Komposition. Die Entitätenebene kann jetzt mit Hilfe von Indikatorwerten ausgedrückt werden. Der Antrag wurde angenommen.

- Vier Papiere (zwei Anträge und zwei Diskussionspapiere) hat die Library of Congress eingebracht. Diese hatten mit BIBFRAME-Hintergrund neue oder geänderte Elemente zur Aufnahme von URIs zum Inhalt (Kennzeichnung mit/ohne Ton; Angaben zu einer enthaltenen Bibliografie, Diskografie, etc.; technische Angaben zu Tonträgern). Die Anträge wurden angenommen, die Diskussionspapiere befürwortet, sie erscheinen im Sommer als Anträge.

- Ein neues Diskussionspapier hatte die Anreicherung des Feldes 490 "Series Statement" um Unterfelder für falsche oder nicht mehr gültige ISSNs zum Ziel. Hier folgt ein Antrag.

- Und schließlich wurde ein Diskussionspapier vorgelegt, das geografische Koordinaten im bisher primär für kartografische Ressourcen verwendeten Feld 034 "Coded Cartographic Mathematical Data" auch dann verwendbar machen möchte, wenn es sich um andere Arten von Ressourcen handelt. Die MARC-Beschreibung eines Bildes, das einen Ort (ein Gebiet, eine Sehenswürdigkeit oder auch nur eine Straßenecke) zeigt, soll jetzt dessen Koordinaten enthalten können, unter Umgehung des Normdatenformats. Auch dieses Vorhaben wird als Antrag wiederkommen.

Die nächsten Treffen des MARC Advisory Committee werden wieder in virtueller Form stattfinden, in zeitlicher Nähe zur Annual Virtual Conference der ALA [8], also voraussichtlich Ende Juni / Anfang Juli 2021.

Viele Grüße,

Reinhold Heuvelmann

[1] https://2021.alamidwinter.org/ 
[2] https://www.loc.gov/marc/mac/mw2021_age.html 
[3] http://www.loc.gov/marc/mac/MARC-RDA_Working_Group.html 
[4] https://www.loc.gov/marc/mac/2021/2021-dp06.html 
[5] https://www.loc.gov/marc/96principl.html 
[6] https://www.loc.gov/marc/mac/2021/2021-dp02.html 
[7] https://www.loc.gov/marc/relators/ 
[8] https://2021.alaannual.org/ 

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Reinhold Heuvelmann
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