[rak-list] RDA kristallisiert sich heraus

heine at suub.uni-bremen.de heine at suub.uni-bremen.de
Wed Jan 30 19:06:18 CET 2008


Am 30 Jan 2008 um 14:57 hat Armin Stephan geschrieben:

> Am 30 Jan 2008 um 12:43 hat Bernhard Eversberg geschrieben:
> 
> 
> > Unsere Situation ist auch dadurch etwas anders als die der
> > AACR-Welt,
> > daß wir nicht die enge Verquickung mit MARC haben. Und die
> > internen
> > Verbundregularien ersetzen weitgehend und weiter zunehmend bereits
> > das gedruckte Regelwerk, und ein neues wird daran nicht viel ändern,
> > egal was draufsteht. RDA wird mehr Theorie sein als Praxis. In den
> > Katalogabteilungen wird es auf den Regalen alsbald Staub sammeln,
> > falls es noch gedruckt erscheint.
> 
> Eine sehr optimistische Einschätzung ... ;-)
> 
> > 
> > 
> > MfG B.Eversberg
> > 
> 
> 
> Mit freundlichen Gruessen
> Armin Stephan


In der Einschätzung der Bedeutung eines zukünftigen Regelwerkes 
würde ich Herrn Eversberg durchaus zustimmen. 
Hier im GBV ist es schon jetzt so, dass sehr viele 
Katalogisierer(innen) die RAK-WB gar nicht mehr (richtig) kennen 
und noch viel weniger sie beachten. Schon jetzt verstauben die 
allermeisten Exemplare in den Regalen. 
Es wird allein nach der Katalogisierungsrichtlinie des Verbundes 
gearbeitet und nur wenige Katalogisierer(innen) schauen bei dort 
nicht geklärten Fragen in die RAK-WB, ob nicht vielleicht dort etwas 
dazu steht.

Auch die Deutsche Nationalbibliothek arbeitet nach ihren Hausregeln 
und nur begrenzt nach RAK-WB; die ZDB hat sich mit ZETA 
ebenfalls ein eigenes Hausregelwerk gegeben.

Und ob es in den anderen Verbünde so viel anders läuft als im GBV, 
daran hege ich auch meine Zweifel.

Hinzu kommt, dass Katalogisierung nicht mehr als sehr wichtig 
angesehen wird. 
Zur Zeit meiner Ausbildung vor etwa 20 Jahren wurde das Fach noch 
sehr intensiv und gründlich unterrichtet. Und wie sieht das heute in 
den Lehr- und Ausbildungsplänen für die Diplombibliothekare aus? 
Die Schwerpunkte haben sich da ziemlich verlagert.

Die FAMIs bekommen RAK noch recht intensiv beigebracht, aber 
später werden durch sie nur selten schwierigere Titelaufnahmen 
erstellt. Häufig dürfen sie nur Lokalsätze an bestehende Aufnahmen 
ergänzen - wenn sie überhaupt in der Katalogisierung arbeiten 
(dürfen).

Und: Wozu ist Katalogisierung überhaupt noch wichtig? Es gibt doch 
immer irgendwelche "Meta-Daten", an die man dann (mehr oder 
weniger) unbesehen seinen Bestand anhängen kann.
Was macht es schon, wenn in der Aufnahme steht, das Buch hätte 
500 Seiten, obwohl es nur 370 sind. Sind doch alles nur "Peanuts".
Hauptsache Autor, Titel, ISBN, Verlag, Auflage  und Jahr stimmen 
einigermassen.

Alles andere: eigentlich unnötiger Ballast.

Warum macht man sich die Arbeit ein Regelwerk zu entwickeln, dass 
die komplizierten und von manchen (vielen?) als übertrieben pingelig 
angesehenen FRBR mit AACR (dem totalen Gegensatz dazu) und 
den RAK vereinen soll?
Google funktioniert ohne solche Regeln, Amazon auch und auch 
Worldcat und der KVK kommen ohne so ein kompliziertes Regelwerk 
aus.

Das einzig wirklich sinnvolle und wichtige ist meiner Ansicht nach die 
Verwirklichung von VIAF. 
Aber ob man für jeden Sachtitel jeden Autors einen Normdatensatz 
anlegen, diesen dann mit dem des Autors und die Titelaufnahme 
anschliessend mit beiden verknüpfen muss (um mal in der 
deutschen Terminologie zu bleiben), wie das die FRBR ja wohl im 
Prinzip vorsehen, darüber könnte man noch einmal überlegen.
Bei vielen einmaligen Veröffentlichungen (z.B. Dissertationen) könnte 
man erheblichen Arbeitsaufwand sparen.

Ausserdem sollte man mal die Ansetzungsregeln mal kräftig 
entschlacken. Vieles ist durch die heutigen 
Katalogisierungsprogramme und OPACs inzwischen überflüssig 
geworden.


Wenn nun aber doch RDA fertig gestellt werden sollte und in 
deutscher Übersetzung (Ende 2009??? - ich tippe mal nicht vor Mitte 
2010) erscheint, was passiert dann?
Werden dann alle Katalogisierer(innen) plötzlich zu 3-4wöchigen 
Schulungen abgestellt und ihre Arbeit ruht in der Zeit?
Wohl kaum. Wahrscheinlicher ist es doch, dass sich mehr oder 
weniger gar nichts ändern wird, denn PICA und Aleph werden immer 
noch genauso arbeiten wie vorher, die Katalogisierungsrichtlinien 
werden die gleichen sein wie vorher, denn sie orientieren sich mehr 
an EDV-technischen Gegebenheiten und weniger am Regelwerk.

Und dann wird RDA erst gar nicht richtig geschult, sondern es 
werden ein paar marginale Punkte in den Verbundrichtlinien 
verändert und schon heisst es: ab heute katalogisieren wir nach 
RDA.

Eine solche Bedeutung wie die AACR2 in den USA bzw. RAK-WB 
oder gar die Preußischen Instruktionen in Deutschland, wird RDA 
garantiert nie erlangen!


Mit freundlichen Grüßen
Markus Heine


-- 
Staats- und Universitätsbibliothek Bremen
e-Mail: heine at suub.uni-bremen.de
Tel.: ++49 (0) 421 / 218-2635



More information about the rak-list mailing list