[rak-list] Gedenktag
Franz2x at aol.com
Franz2x at aol.com
Wed Feb 6 10:02:25 CET 2002
Hallo RAK-Interessierte,
genau heute vor zwei Monaten, am 6. Dezember 2001, wurde in Frankfürt am Main
mehrheitlich der folgende, inzwischen auch im offiziellen Protokoll der
Sitzung nachlesbare Beschluß gefaßt: 'Der Standardisierungsausschuß strebt
grundsätzlich einen Umstieg von den deutschen Regelwerken auf internationale
Regelwerke und Formate (AACR und MARC) an. ... Die Weiterentwicklung der RAK
sollte in diesem Zusammenhang ... spätestens zum Jahresende 2003 eingestellt
werden.'
Ursprünglich sollte der Umstieg wohl definitiv und zu einem festen Termin
beschlossen werden. Dies ließ sich in der Sitzung aber nicht durchziehen, so
daß es zu der Kompromiß-Formulierung kam, man 'strebe grundsätzlich' einen
solchen Umstieg an. Ein wohlmeinender Kollege versuchte mich kurz danach mit
der Bemerkung zu trösten, es sei ja noch längst nicht alles definitiv, denn
was bedeute schon 'anstreben'; er strebe auch schon seit Jahren grundsätzlich
einen großen Lottogewinn an, bisher ohne Erfolg. Aber Spaß beiseite. Man
sollte sich nichts vormachen: Zusammen mit dem Beschluß, die Regelwerksarbeit
auf jeden Fall schon mal einzustellen und eine 'Studie' zu erarbeiten, die
entgegen früheren Absichten nun auch nicht mehr 'Machbarkeitsstudie' genannt
wird, sondern in der nur noch das Wie des Umstiegs geklärt werden soll, ist
der Umstieg letztlich beschlossene Sache. Es sei denn, es sei denn ... es
regt sich doch noch Widerspruch, der Widerspruch verstärkt sich, die Gegner
machen mobil, neue (oder auch alte, aber nie wiederlegte) Argumente schieben
sich in den Vordergrund usw. usw.
Aber wird dies passieren? Bisher herrscht eher Schweigen im Lande. Aus
Einsicht in das Notwendige? Aus Bereitschaft zu akzeptieren, daß 'die da
oben' es schon wissen werden ? Und weil es ja 'demokratisch' von einer
Mehrheit beschlossen worden ist? Oder aus Resignation, weil 'man' ja doch
nichts ausrichten kann? Oder aus loyaler Zurückhaltung, weil der eigene Chef
/ die Chefin für den Umstieg gestimmt hat? Man weiß es nicht, eben wegen des
Schweigens.
Die eine oder die andere Ausnahme gibt es allerdings. Nachdem der Verfasser
dieses Beitrags schon im November in dieser Liste allerlei Bedenken
vorgetragen hatte (der aber 'gut reden' hat, weil nicht mehr im Dienst) und
auch von F. Geißelmann einiges Kritisches zu lesen war, sei an dieser Stelle
besonders auf den neueren Beitrag von U. Naumann im Januarheft des
'Bibliotheksdienst' hingewiesen. Weiteres wird - hoffentlich - zu hören und
zu lesen sein. Der denkwürdigeTag ist ja schließlich 'erst' zwei Monate her.
Denkwürdig ist der Tag nicht nur wegen des Beschlusses, mit einem riesigen
Aufwand und unter Inkaufnahme von allerlei Verlusten und dauerhaften
Inkompatibilitäten bei den Altdaten - behaupte ich - von einem antiquierten
Regelwerk auf ein noch antiquierteres umzusteigen; denkwürdig ist er auch
wegen des seinerzeit von mir schon beschriebenen Umstandes, daß die
Protagonisten des Umstiegs, das durch das wegfallende DBI, das weggefallene
Steuerungsgremium für Normdateien und andere Lücken entstandene Vakuum
geschickt nutzend, sich das neue Gremium 'Standardisierungsauschuß' selber
offenbar vornehmlich zu dem Zweck geschmiedet haben, endlich jede
eigenständige Standardisierung im deutschen Bibliothekswesen unterbinden zu
können. Fast möchte man sagen: Ein gelungener bibliothekspolitischer Coup,
alle Achtung; so etwas gibt es selten!
Übrigens: Es würde mich einmal interessieren, was unsere österreichischen
Freunde eigentlich davon halten; nachdem sie so lange und zuletzt bei der
Schaffung ihres nationalen Verbundsystems vertrauensvoll auf die
RAK/MAB-Karte gesetzt haben.
Mit freundlichem Gruß
G. Franzmeier
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