[datenformate] Bericht ALA Midwinter 2018
Heuvelmann, Reinhold
R.Heuvelmann at dnb.de
Di Feb 13 23:06:40 CET 2018
[Mehrfachempfang bitte ich zu entschuldigen -- Weiterleiten ist gerne gesehen]
Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
hier mein Bericht von der Winter-Konferenz der American Library Association (ALA), die dieses Jahr in Denver (Colorado) stattgefunden hat, ungewöhnlich spät, und beeinflusst davon, dass viele der Kolleginnen und Kollegen der Library of Congress wegen der Haushalts-Blockade in den USA nicht anwesend sein konnten.
Überschattet wurde die letzte Woche für mich durch die traurige Nachricht, dass Christine Frodl-Gottschalk am letzten Mittwoch, den 7. Februar 2018, nach langer und schwerer Krankheit im Alter von nur 53 Jahren gestorben ist. Ich durfte in Sachen Standardisierung und Internationalisierung sowohl ihre Aufbauarbeit verfolgen, als auch mit ihr zusammen Vieles in den benachbarten Standards RDA und MARC 21 vorantreiben, besonders bei einigen Konferenzen der ALA zwischen 2009 und 2012. Sie wird mir fehlen, und sie wird uns fehlen.
MARC Advisory Committee
http://www.loc.gov/marc/mac/mw2018_age.html
Mit sieben Papieren war die Tagesordnung dieses Mal recht überschaubar. Codierungen für digitale Karten und Globen im Feld 007 sind von kanadischer Seite beantragt worden, ebenso Ergänzungen bei Sprachencodes im Feld 041 zu Zugangsarten für Nutzungsgruppen mit Beeinträchtigungen. Das Program for Cooperative Cataloging (PCC) hat ein Diskussionspapier eingebracht, das die Abbildung von thematischen Beziehungen nach RDA Anhang M in den Feldern 6XX mit einem neuen Unterfeld $i unterstützen möchte; die Reaktionen waren recht zurückhaltend. Beschleunigt verabschiedet wurde ein Papier der Music Library Association (MLA), das die Gruppierung von Feldern innerhalb eines Datensatzes mit Hilfe von Unterfeld $3 zum Inhalt hatte.
Von unserer Seite sind drei Diskussionspapiere eingebracht worden: 2018-DP04 beabsichtigt für die mehrschriftliche Katalogisierung in MARC 21 unter Verwendung des Unicode-Zeichensatzes, die zu Unicode synchrone Liste nach ISO 15924 „Codes for the representation of names of scripts“ als Norm für die Angabe der Schriftart im Unterfeld $6 zu erlauben (und damit eine im deutschsprachigen Raum weit verbreitete Praxis zu sanktionieren, die bei der Erfassung und teilweise automatischen Transliteration eine Rolle spielt). MARC 21 soll also noch durchgehender Unicode-fähig gemacht werden. Hier gab es bei weitgehender Zustimmung auch starke Vorbehalte, besonders von Seiten des britischen Vertreters im MARC Advisory Committee, der Risiken auf dem Hintergrund der herkömmlichen Anwendung von MARC 21 im alten Zeichensatz MARC-8 sieht, und sich formal darauf berufen kann, dass in Unicode die Angabe des Schriftcodes „irrelevant“ und daher fortzulassen ist („the script identification code should be dropped from subfield $6 when converting to Unicode from MARC-8 encoding“). Wir müssen den Sachverhalt prüfen und neu bewerten; abhängig vom Ergebnis steht dann evtl. ein weiteres Diskussionspapier an.
Das zweite Diskussionspapier 2018-DP05 strebt (in Neufassung des Papiers vom Januar 2017) die Kennzeichnung der Herkunft einzelner Schlagwörter an, entweder durch ein Unterfeld $5, oder durch das Feld 883, das dazu allerdings erst weiterzuentwickeln wäre von rein oder teilweise maschineller Erzeugung und deren Metadaten-Provenienz hin zu auch intellektueller Erfassung. Hier waren erneut die beschriebenen Anwendungsfälle (unterschiedliche Anwendungen des Regelwerks, Grundlage zu statistischen Auswertungen) nachvollziehbar. Eine Formatlösung durch das Unterfeld $5 wurde aber (auch per Abstimmung) einhellig und endgültig abgelehnt. Mir ist noch nicht klar, wie weit wir dieses Thema auf internationaler Ebene weiterverfolgen, indem wir die Lösung mit Hilfe des Feldes 883 entwickeln und erneut vorstellen. Eventuell ist eine lokale Lösung in der MARC-21-Anwenderebene vorzuziehen.
Das dritte Diskussionspapier 2018-DP06 soll die Angabe von Versionen in MARC 21 einbringen. Gemeint sind hier Angaben besonders zu elektronischen Artikeln, also z.B. „Preprint“, „Postprint“ und „Verlagsversion“, wie sie von der Deutschen Nationalbibliothek gesammelt und erschlossen werden. Dazu braucht es diese Differenzierung, damit nicht Versionen fehlerhafterweise miteinander vermischt werden, die zudem unter unterschiedlichen Lizenzen stehen können, so dass ein Zugang erschwert werden würde. Hier war das MARC Advisory Committee recht aufgeschlossen: Die Optionen bei der Formatgestaltung wurden diskutiert und auf eine Lösung im Feld 250 (für die Ausgabebezeichnung) mit einem neuen Unterfeld $s „Version“ hin entwickelt, oder alternativ mit einem neuen Feld „251“. Die Unterscheidung zwischen einer Auflagen- oder Ausgabebezeichnung und einer Version ist nicht immer leicht zu treffen; ein Kriterium ist, dass 250 $a ein beschreibendes Element in Freitextform ist, oft nach Vorlage, während eine Versionsangabe eher aus einem kontrollierten Vokabular stammt, das mit einem seiner Werte in den Metadaten vertreten ist. Hier ist eine Fortführung in Form eines Antrags an das MARC Advisory Committee gut vorstellbar.
Das Thema Lizenzangaben ist jetzt konkreter als noch vor einem Jahr fassbar: In einem kurzen Papier habe ich (zunächst intern für die MARC Steering Group) unsere Ideen skizziert, wie in MARC 21 die Felder 506 und 540 anzupassen sind, um Angaben zu Open Access, Creative Commons und Rights Statements unterbringen zu können. Auch zeitliche Angaben wie Embargos sind zu berücksichtigen. Schließlich könnte das bisher lokale Feld 912 „Kennzeichnungen für Nationallizenzen und digitale Sammlungen“ in den genannten Feldern einen neuen Platz finden (ein „package“ im Sinne des „Codex Metadata Model“, das aktuell im Kontext von FOLIO entwickelt wird). Die Reaktionen waren sehr positiv, sodass wir für den Sommer 2018 ein Diskussionspapier dazu vorbereiten werden.
BIBFRAME
https://www.loc.gov/bibframe/news/bibframe-update-mw2018.html
Zu BIBFRAME gab es mehrere Veranstaltungen, besonders das BIBFRAME Update Forum. Kolleginnen und Kollegen der Library of Congress (Pilot Phase 2), von Indexdata (FOLIO), von ExLibris (Alma), vom Projekt LD4P und von OCLC haben ihre jeweiligen Ansätze, Fortschritte und Pläne geschildert. Voraussichtlich im Herbst 2018 wird es eine BIBFRAME-Sandbox geben, orientiert an dem BIBFRAME-Editor der Library of Congress und aufgebaut durch eine Kooperation von LD4P und dem PCC. Vor der Konferenz war ein kurzes Papier „BIBFRAME Expectations for ILS tenders“ als Ergebnis aus dem Europäischen BIBFRAME-Workshop 2017 in Frankfurt am Main veröffentlicht worden, eine Handreichung für Bibliotheken, die gegenüber Anbietern von Bibliotheksverwaltungssystemen die Anforderung, BIBFRAME zu implementieren, näher ausführen möchten. Das Papier ist auf den Seiten zum Workshop unter
https://wiki.dnb.de/display/EBW/Documents+and+Results
erreichbar.
PCC Task Groups: ISBD and MARC ...
http://www.loc.gov/aba/pcc/documents/test-records-punctuation.html
Die ISBD and MARC Task Group war nach der Veröffentlichung ihres ergänzten Abschlussberichts 2016 nicht mehr aktiv, dennoch gibt es hier Positives zu melden: Anfang Februar 2018 sind Testdaten der Library of Congress, der National Library of Medicine und von OCLC veröffentlicht worden, die erstmals keine Abschlusspunkte am Feldende und keine Deskriptionszeichen redundant zu bestehenden Unterfeldern enthalten. Damit soll jetzt weiter experimentiert werden, auch eine Online-Umfrage ist eingerichtet worden, um Feedback zu sammeln. Ich sehe das als weiteren Schritt in die richtige Richtung auf einem Weg, den die angloamerikanische Katalogisierungscommunity gehen soll und zunehmend auch will, um diese ungute Praxis weitestgehend abzulösen.
... und URIs in MARC
http://www.loc.gov/aba/pcc/bibframe/TaskGroups/URI-TaskGroup.html
Die Task Group on URIs in MARC hat sich getroffen und weitere Schritte besprochen. Veröffentlicht wurden im Februar 2018 ausführliche FAQs, und eine Übersicht „Formulating and obtaining URIs“, die mögliche Vokabularien und andere Quellen auflistet, mit ihren jeweiligen Besonderheiten beim Bilden und Verwenden der URIs. Für die GND, die dort aufgeführt ist, stehen Klärungen an, was die Unterscheidung zwischen einem URI eines skos:Concept (MARC 21: $0) und einem URI eines Real World Object (MARC 21: $1) angeht.
---
Die nächste Konferenz der American Library Association findet vom 21. bis 26. Juni 2018 in New Orleans statt.
Ich bin gerne bereit, in nächster Zeit einzelne Punkte zu erläutern und zu vertiefen; sprechen Sie mich also an.
Viele Grüße
Reinhold Heuvelmann
--
Reinhold Heuvelmann
Deutsche Nationalbibliothek
Informationsinfrastruktur
Arbeitsstelle Datenformate
Adickesallee 1
60322 Frankfurt am Main
Telefon: +49 69 1525-1709
mailto:r.heuvelmann at dnb.de
http://www.dnb.de
*** Lesen. Hören. Wissen. Deutsche Nationalbibliothek ***
Mehr Informationen über die Mailingliste datenformate